GroKo vor dem Aus? Südwest-CDU gegen Zugeständnisse an SPD

dpa/lsw Stuttgart. Das Wackeln der Groko treibt auch den Südwesten um. Die baden-württembergische CDU sträubt sich gegen Nachverhandlungen des Koalitionsvertrags - selbst der Sozialflügel.

Susanne Eisenmann (CDU) nimmt an einer Sitzung im Stuttgarter Landtag teil. Foto: Tom Weller/dpa/Archivbild

Susanne Eisenmann (CDU) nimmt an einer Sitzung im Stuttgarter Landtag teil. Foto: Tom Weller/dpa/Archivbild

Führende Stimmen der Südwest-CDU haben sich deutlich gegen eine Neuverhandlung des schwarz-roten Koalitionsvertrages positioniert. „Der Koalitionsvertrag ist die Grundlage der GroKo für diese Legislaturperiode bis 2021“, sagte die CDU-Spitzenkandidatin für die baden-württembergische Landtagswahl, Susanne Eisenmann, am Montag der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart. „Ich halte absolut nichts davon, den Koalitionsvertrag neu zu verhandeln und der SPD weitere Zugeständnisse zu machen - nur weil der SPD-Parteivorsitz wechselt.“ Eisenmann sagte, die SPD wäre gut beraten, nun schleunigst ihr Verhältnis zur GroKo zu klären.

Nach dem überraschenden Ausgang des SPD-Entscheids über die neue Parteispitze wird über ein vorzeitiges Ende der großen Koalition spekuliert. Die GroKo-Skeptiker Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken hatten den Mitgliederentscheid um den SPD-Vorsitz gewonnen - und deutlich gemacht, dass der Koalitionsvertrag mit der Union aus ihrer Sicht nachverhandelt werden muss. Zu ihren Forderungen zählen mehr Klimaschutz, eine massive Ausweitung der Investitionen in Schulen und Straßen und mehr Soziales.

Der baden-württembergische CDU-Fraktionschef Wolfgang Reinhart warnte seine Partei vor Profilverlust. „Wenn Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans als neues Führungsduo der SPD den Koalitionsvertrag nachverhandeln möchten, müssen sie wissen, dass sie damit leichtfertig das Ende der großen Koalition bewirken könnten“, sagte Reinhart am Montag. „Die Union kann hier keine weiteren Zugeständnisse machen.“ Die CDU dürfe nicht zugunsten von Beliebigkeit ihr Profil aufs Spiel setzen. „Wenn alle Stricke reißen, bliebe als Ultima Ratio auch eine Minderheitsregierung, bevor man zu viele Grundsätze aufgibt“, sagte Reinhart. Auch die Union müsse unterscheidbar bleiben und ihr Profil wahren.

Reinhart hatte die Bundes-CDU kurz vor dem Bundesparteitag in Leipzig heftig kritisiert und als „inhaltlich insolvent“ bezeichnet.

Auch der CDU-Sozialflügel (CDA) sprach sich im Grundsatz gegen Nachverhandlungen des schwarz-roten Koalitionsvertrags aus. „Es geht nicht, dass die SPD versucht, uns was aufzuzwingen“, sagte der stellvertretende CDA-Bundesvorsitzende Christian Bäumler. „Bei aller Sympathie für deren Anliegen, so geht das nicht.“ Eine Neuverhandlung mit der Pistole auf der Brust könne nicht funktionieren, sagte Bäumler, der auch CDA-Landeschef im Südwesten ist.

Der stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende und CDU-Landeschef Thomas Strobl hatte die neue SPD-Spitze schon am Sonntag davor gewarnt, hohe Forderungen für eine weitere Beteiligung an der großen Koalition zu stellen. „Eine Nachverhandlung des Koalitionsvertrags wird es sicherlich nicht geben“, sagte Strobl „Stuttgarter Zeitung“ und „Stuttgarter Nachrichten“. Die Union sei nicht zu weiteren Zugeständnissen bereit.

Auch der Tübinger Bundestagsabgeordnete und Vorsitzende der baden-württembergischen SPD-Landesgruppe, Martin Rosemann, erklärte: „Die Forderung nach Nachverhandlungen des Koalitionsvertrags halte ich für ebenso unnötig wie gefährlich. (...) Wer durch die Forderung nach Nachverhandlungen das Ende der Koalition provoziert, trägt dann die Verantwortung dafür, dass die Grundrente und der Kohleausstieg auf der Strecke bleiben.“

Aus der SPD waren aber auch andere Töne zu hören. Die Parteilinke Hilde Mattheis zeigte sich erfreut über die Wahl des neuen Führungsduos und warb für ein GroKo-Aus. Mit der Wahl von Esken und Walter-Borjans sei ein erster Schritt zu einer neuen Positionierung der SPD gemacht, sagte die Ulmer Bundestagsabgeordnete am Montag. Die SPD müsse sich jetzt auf Inhalte konzentrieren, etwa auf Verteilungsfragen und soziale Gerechtigkeit. „Für mich sind diese Themen nur umsetzbar außerhalb der großen Koalition“, sagte Mattheis. Der SPD-Parteitag müsse das entscheiden. Union und SPD seien schon immer auf unterschiedlichen Sternen gewesen. „Und die Sterne kommen nie zusammen.“

Die SPD verliere mehr Stimmen in der GroKo als außerhalb der Bundesregierung, sagte Mattheis. Sie warb im gleichen Zug für die Option einer Minderheitsregierung, falls die GroKo platzt. Dann müsse sich die Union für Projekte Mehrheiten suchen. Das sei eine „wunderbare Chance zur Belebung des Parlamentarismus“. Die SPD würde dann sinnvolle, gute Gesetze auch unterstützen.

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Erstellt:
2. Dezember 2019, 18:09 Uhr

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