Grünen-Politikerin Christmann besucht Desk in Backnang

Die Koordinatorin der Bundesregierung für Luft- und Raumfahrt Anna Christmann will sich für weitere europäische Weltraumprojekte einsetzen. Das verspricht die Grünen-Politikerin beim Besuch des Deutschen Zentrums für Satelliten-Kommunikation in Backnang.

Am Modell lässt sich die Grünen-Abgeordnete Anna Christmann von Reinhard Schnabel im Backnanger Desk-Showroom die Satellitentechnik erklären. Tesat-Chef Thomas Reinartz (rechts im Hintergrund) schaut interessiert zu.Foto: Alexander Becher

© Alexander Becher

Am Modell lässt sich die Grünen-Abgeordnete Anna Christmann von Reinhard Schnabel im Backnanger Desk-Showroom die Satellitentechnik erklären. Tesat-Chef Thomas Reinartz (rechts im Hintergrund) schaut interessiert zu.Foto: Alexander Becher

Von Kornelius Fritz

Backnang. Satellitenkommunikation ist kein Thema, das sich jedem auf Anhieb erschließt. „Es ist nicht so sexy wie Astronauten ins All zu schießen, aber ohne uns wäre das nicht möglich“, sagt Dilara Betz. Das Deutsche Zentrum für Satelliten-Kommunikation (Desk), das sie als Geschäftsführerin leitet, hat es sich zur Aufgabe gemacht, das komplexe Thema auch für Laien verständlich zu vermitteln. In der Backnanger Schillerstraße hat das Desk dafür einen Showroom eingerichtet, in dem anhand von Modellen gezeigt wird, wie Daten über Zehntausende Kilometer hinweg durchs All verschickt und empfangen werden können. Mehr als 3000 Besucher haben diesen Showroom bereits besichtigt.

Gestern war dort nun eine Frau zu Gast, die von Berufs wegen mit der Thematik befasst ist. Die Stuttgarter Bundestagsabgeordnete Anna Christmann (Bündnis 90/Die Grünen) ist nämlich Koordinatorin der Bundesregierung für Luft- und Raumfahrt. Für das Desk-Netzwerk, in dem sich 45 Unternehmen, Universitäten und Institute aus ganz Deutschland zusammengeschlossen haben, eine willkommene Gelegenheit, um die Wünsche und Erwartungen der Branche an die Politik zu formulieren. Neben Tesat-Geschäftsführer Thomas Reinartz waren dazu auch die Chefs einiger anderer Firmen aus der Region nach Backnang gekommen. Zuvor hatten Oberbürgermeister Maximilian Friedrich und der städtische Wirtschaftsbeauftragte Reiner Gauger die Politikerin bereits im Rathaus empfangen.

Ein Thema der Gespräche waren zum Beispiel die Pläne der Europäischen Union für ein neues Satellitennetzwerk, das ähnlich wie das von US-Milliardär Elon Musk gegründete Starlink-Programm für eine flächendeckende Versorgung mit Internetdiensten sorgen soll. Bislang wurden diese Pläne vor allem von Frankreich forciert, Deutschland habe eher eine Beobachterrolle eingenommen, kritisierte der Desk-Vorstandsvorsitzende Hans-Peter Petry. Die Branche befürchtet nun, dass dadurch auch die Aufträge vor allem an französische Firmen gehen könnten.

„Es ist wichtig, dass wir hier auch Technologie aus Deutschland haben“

Anna Christmann versprach, sich künftig noch stärker für die deutschen Interessen einzusetzen. „Wir wollen bei diesem Projekt als Gestalter agieren. Das ist mein Anspruch“, sagte die Grünen-Politikerin. Auch bei der Dokumentation des Klimawandels kommt der Satellitentechnik in ihren Augen eine entscheidende Rolle zu. „Es ist wichtig, dass wir hier auch Technologie aus Deutschland haben, um mit den USA auf Augenhöhe kooperieren zu können.“

Die Bundesregierung werde deshalb die Forschung in diesem Bereich auch finanziell weiter unterstützen. Erst kürzlich habe man ein Förderpaket in Höhe von zehn Millionen Euro für Universitäten bewilligt. Denn die Erfahrung habe gezeigt, dass aus Forschungsprojekten an Hochschulen häufig Start-up-Unternehmen entstehen.

Jens Freymuth vom Institut für Luft- und Raumfahrt an der Technischen Universität Berlin kann das bestätigen. Er berichtete von der „Berlin Nanospace Alliance“, einem Zusammenschluss von Ausgründungen und Kleinunternehmen, die versuchen, auf Grundlage der TU-Forschung marktfähige Projekte zu entwickeln.

Der Fachkräftemangel ist auch in der Satellitenbranche spürbar

Ein Problem, das auch die Satellitenbranche betrifft, ist der Fachkräftemangel. Dilara Betz berichtete über die vielfältigen Aktivitäten, mit denen man versuche, den Nachwuchs für die Branche zu begeistern. Unter anderem organisiert das Desk regelmäßig Wochenendsymposien für Jugendliche und kooperiert mit Schulen. Wie hoch der Mädchenanteil bei solchen Aktionen sei, wollte Anna Christmann wissen. Das sei unterschiedlich, erklärte Betz: Es habe schon Veranstaltungen gegeben, bei denen das Geschlechterverhältnis fast ausgeglichen gewesen sei, meist seien die Jungs aber noch in der Überzahl. Um den Frauenanteil in der Branche insgesamt zu steigern, plant das Desk, der Landesinitiative „Frauen in MINT-Berufen“ beizutreten. Die Abkürzung MINT steht für die Bereiche Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik, in denen Frauen nach wie vor unterdurchschnittlich vertreten sind.

Für die Zukunft hofft die Satellitenbranche auf weitere Unterstützung von der Politik. Das gilt auch für das Desk selbst, das sich laut Dilara Betz immer wieder mit zeitlich befristeten Projektmitteln finanzieren muss. „Etwas mehr Planbarkeit wäre schön“, so die Geschäftsführerin.

Geld hatte die Bundestagsabgeordnete bei ihrem Besuch in Backnang zwar nicht im Gepäck, dafür versprach sie den Branchenvertretern aber ein offenes Ohr für weitere Gespräche. „Mir ist bewusst, dass wir hier in Backnang einen Verbund von internationaler Bedeutung haben“, sagte Anna Christmann. Hans-Peter Petry gab die Komplimente zurück: „Seit Sie im Amt sind, haben wir den Eindruck, dass der Austausch wesentlich besser funktioniert.“

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Erstellt:
2. September 2022, 11:30 Uhr

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