Energiepolitik
Grüner Boom – trotz Trump
US-Präsident Trump hat der Wind- und Solarenergie den Kampf angesagt. Das Erstaunliche: Experten erwarten, dass das Wachstum der Erneuerbaren in den USA weitergeht.

© Jacquelyn Martin/AP/dpa
US-Präsident Donald Trump ist ein erklärter Gegner von Wind- und Solarenergie.
Von Tobias Heimbach
Wer ein Blick auf die Zukunft der grünen Energie in den USA werfen will, muss zunächst in einen weißen Schutzanzug schlüpfen. Es folgen Handschuhe, Mundschutz und Schuhüberzieher. Dann geht es durch eine Luftdusche und eine Luftschleuse in den Reinraum der Batteriefabrik des Herstellers AESC. Möglichst jedes Staubkorn soll draußen bleiben. Drinnen drehen sich lange Rollen von schwarzen Karbonbändern, die gepresst und geschnitten werden. Am Ende des Prozesses entsteht eine Batteriezelle in einem Metallgehäuse, etwas kleiner als eine Cornflakespackung und rund 3,5 Kilo schwer. 13 000 dieser Zellen produziert AESC in seinem Werk in Smyrna im US-Bundestaat Tennessee jeden Tag. Diese liefert das Unternehmen an andere Firmen, die daraus große Batteriespeicher fertigen.
Die Fabrik in Smyrna war die erste in den USA für Lithium-Eisenphosphat-Batterien (LFP). Diese sind zwar weniger leistungsfähig als andere Lithium-Batterien – dafür aber deutlich günstiger. Hier in Smyrna blickt man jedenfalls zuversichtlich in die Zukunft. „Das Wachstum in diesem Markt ist extrem hoch, bis zu 30 Prozent pro Jahr. Die Nachfrage für diese Batterien in den USA schießt nach oben“, sagt Jeff Deaton, Vizepräsident des Unternehmens. Daher will das Unternehmen den Standort ausbauen, eine weitere Fabrik im Nachbarstaat Kentucky ist bereits im Bau.
So viel Optimismus im Bereich der grünen Energien mag überraschen. Schließlich hat US-Präsident Donald Trump der Branche den Kampf angesagt. Erst vergangene Woche verfügte er, dass ein fast fertiggestellter Windpark an der Ostküste nicht weitergebaut werden darf. Zudem bezeichnete er die Solar- und Windenergie als „Betrug des Jahrhunderts“. Dennoch zeigen sich Energieexperten überzeugt, dass nicht nur Batteriefabriken gute Aussichten haben. Auch der Ausbau von Solar- und Windenergie werde weitergehen – trotz Trump und auch in republikanischen Staaten. Wie passt das zusammen?
In den USA ist ein wahrer Energieboom ausgebrochen. Dieser wird unter anderem vom Hype um Künstliche Intelligenz befeuert. Überall im Land entstehen Rechenzentren mit enormem Energiehunger.
Die Folge: Es wird mehr Energie gebraucht. Laut staatlicher Prognosen werden Wind, Sonne und Batteriespeicher am stärksten wachsen. „Ich gehe davon aus, dass wir in einem Jahr mehr Wind- und Solaranlagen sehen. Und im Jahr darauf auch. Das Wachstum mag sich verlangsamen, aber der Trend zu sauberen und günstigen Formen der Energie wird weitergehen“, sagt Michael Webber im Gespräch mit dieser Redaktion. Der Ingenieur war lange selbst in der Energiewirtschaft tätig und lehrt heute an der Universität von Texas.
Besonders im republikanisch geprägten Texas haben Wind, Sonne und Batteriespeicher einen echten Boom erlebt. Der Staat ist heute größter Erzeuger von Windenergie in den USA. Jetzt scheinen auch Republikaner nicht auf Trumps Kurs einschwenken zu wollen. „Im texanischen Parlament gab es einige Gesetzesvorschläge, mit denen versucht wurde, der Wind- und Solarbranche zu schaden.“ Doch diese Vorhaben scheiterten trotz republikanischer Mehrheit in beiden Kammern. „Republikaner aus ländlichen Regionen haben gemeinsame Sache mit den Demokraten gemacht“, sagt Webber. Für viele sind die Erneuerbaren ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Damit stellen sich die Republikaner gegen ihre eigenen Präsidenten. Bislang ist unklar, wie dies ausgehen wird.
Klar ist auch: Manche Sektoren bei den Erneuerbaren dürften größere Probleme bekommen als andere. Überall wo Washington Mitspracherechte hat, dürfte es schwerer werden. Das betrifft besonders Offshore-Windanlagen. Auch an Batteriehersteller AESC geht der Politikwechsel nicht spurlos vorbei: Pläne für eine weitere Fabrik in South Carolina, die Batterien für Elektroautos herstellen sollte, sind derzeit pausiert. Trump ließ die Förderung für die E-Autos streichen.
Doch zumindest in Smyrna in Tennessee macht man sich keine Sorgen. Die Belegschaft soll von 550 auf bald 850 Mitarbeiter wachsen. Die größte Herausforderung für das Unternehmen? Manager Deaton sagt: „Dass wir nicht genug produzieren können, um die Nachfrage zu bedienen.“