Baden-Württemberg
Hakenkreuz auf Stimmzettel geschmiert - Entsetzen im Landtag
Bei einer Abstimmung im Landtag von Baden-Württemberg taucht auf einem Stimmzettel ein Hakenkreuz auf. Hitzig wird nach dem Verantwortlichen gesucht.

© Bernd Weißbrod/dpa
Skandal um Stimmzettel im Landtag. (Symbolbild)
Von red/dpa/lsw
Skandal im Plenarsaal: Im Landtag von Baden-Württemberg ist bei einer geheimen Abstimmung ein Stimmzettel mit einem Hakenkreuz beschmiert worden. Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) bestätigte den Vorgang im Plenarsaal in der letzten Sitzung vor der Sommerpause und drückte ihre Empörung aus. Die AfD-Fraktion wies zurück, etwas damit zu tun zu haben.
„Es widert mich nur an“, sagte Aras im Plenum. Die Verwendung verfassungsfeindlicher Zeichen sei eine Straftat. Es sei bedauerlicherweise nicht möglich, die Tat einer Person zuzuordnen. „Das ist unterirdisch“, sagte Aras. Und: „Das ist eine Schande für dieses Parlament.“
AfD wollte in den Oberrheinrat
Die AfD wollte zuvor bei der geheimen Wahl, zu der der Stimmzettel gehörte, Vertreter in den sogenannten Oberrheinrat wählen lassen - scheiterte aber ein weiteres Mal. Das deutsch-französisch-schweizerische Gremium setzt sich zusammen aus Vertretern der Teilregionen Elsass, Nord- und Südbaden, Südpfalz und Nordwestschweiz.
Für die geheime Abstimmung waren zwei Urnen an zwei Ausgängen des Plenarsaals platziert worden - am einen Ende sitzen die Abgeordneten von AfD, CDU und FDP und am anderen Ende die der Grünen und der SPD. Die Parlamentarier gehen dann für gewöhnlich zur Abstimmung in ihre jeweilige Ecke. Sie werden dort bei Abgabe des Stimmzettels namentlich von Schriftführern registriert.
Nach dpa-Informationen soll der Stimmzettel mit dem Hakenkreuz auf der Seite von SPD und Grünen abgegeben worden sein. Die Landtagsverwaltung betonte, dass sie keine Angaben machen könne, in welcher Urne der Stimmzettel lag. Das sei Gegenstand von Ermittlungen.
Es sei schwierig, den Stimmzettel zuzuordnen. Man werde alle Fakten prüfen. Dass der Stimmzettel von einem Unbeteiligten, also nicht von einem Abgeordneten, eingeworfen worden sei, sei aber unwahrscheinlich. Nur Abgeordnete würden abstimmen, sagte die Landtagssprecherin.
AfD-Abgeordneter stellt Strafanzeige
Das Hakenkreuz war das offizielle Staatssymbol des Dritten Reiches. Das Verwenden und Zeigen des Hakenkreuzes ist strafbar. Das Strafgesetzbuch sieht eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe vor.
Den Stimmzettel mit dem verfassungsfeindlichen Symbol wollte die Landtagsverwaltung nicht der Öffentlichkeit zeigen. Er sei bereits den Behörden übergeben worden, hieß es aus der Landtagsverwaltung am Abend.
Wie die Deutsche Presse-Agentur erfuhr, soll das Hakenkreuz in das Ja-Kästchen neben dem Namen des AfD-Kandidaten Bernhard Eisenhut eingetragen worden sein, der für den Oberrheinrat kandidierte. Eisenhut hat laut AfD-Fraktion Strafanzeige gegen Unbekannt erstattet wegen der Verwendung verfassungsfeindlicher Symbole, Beleidigung, Nötigung, übler Nachrede und Einschüchterung von Mandatsträgern.
„Symbol des Hasses“
Die Fraktionen im Landtag reagierten nach dem Vorfall entsetzt. „Dies ist ein widerlicher Vorgang, der die Werte unseres Parlaments mit Füßen tritt“, sagte CDU-Fraktionschef Manuel Hagel. Das Hakenkreuz sei ein Symbol des Hasses, der Gewalt und der Menschenverachtung. Der Landtag dagegen stehe für Demokratie, Rechtsstaat und die Verpflichtung, die Würde jedes einzelnen Menschen zu achten und zu schützen.
Der parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion forderte den Rückzug der verantwortlichen Person. „Wer so etwas macht, ist dieses Parlaments nicht würdig und sollte umgehend sein Mandat zurückgeben“, sagte Sascha Binder einer Mitteilung zufolge. „Das ist absolut widerwärtig“.
„Es erfüllt mich mit Abscheu, dass so etwas in unserem Landtag passiert“, teilte Grünen-Fraktionschef Andreas Schwarzer am Abend mit. „Wer ein solches Symbol der menschenverachtenden Ideologie im Parlament nutzt, tritt alle Werte, für die meine Grüne Fraktion jeden Tag einsteht, mit Füßen. Diese Person hat in unserem Parlament nichts verloren!“ FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke forderte, dass nachgeforscht werde, wer dafür infrage kommt, den Zettel eingeworfen zu haben.
Alle Fraktionen erschüttert
Auch AfD-Fraktionschef Anton Baron zeigte sich erschüttert. „Es ist unfassbar, dass gewählte Abgeordnete inzwischen schon innerhalb des Hohen Hauses politisch motivierte Straftaten begehen“, sagte der Fraktionschef einer Mitteilung zufolge. Die AfD-Fraktion verurteile den Vorgang zutiefst.
Zuvor war die AfD im Landtag mit dem 14. Versuch gescheitert, Vertreter ins Kuratorium der baden-württembergischen Landeszentrale für politische Bildung wählen zu lassen. Der AfD-Abgeordnete Miguel Klauß forderte nach der Pleite eine Wiederholung der Wahl, die Landtagsvizepräsident Wolfgang Reinhart (CDU) allerdings ablehnte. Die AfD sei gewählt vom Volk, trotzdem würden den Abgeordneten der Partei Sitze verweigert, Ämter aberkannt, sie würden gezielt aus Gremien ausgeschlossen, kritisierte Klauß. Die anderen Fraktionen wollten die Stimmen von Millionen Bürger zum Schweigen bringen.
Ewiges Gezänk um Gremien
Die Wahlen beider Gremien sind Dauerstreitigkeiten im Landtag. Immer wieder stellt die AfD Kandidaten auf, immer wieder lehnen die anderen Fraktionen sie ab. Die Wahl zum Kuratorium fand am Donnerstag als offene Abstimmung statt. Die Wahl zum Oberrheinrat lief dann auf Antrag der AfD geheim ab.
Der AfD-Abgeordnete Klauß sagte nach der Abstimmung und der Bekanntgabe des Hakenkreuz-Skandals, man weise entschieden zurück, dass die AfD etwas mit dem Wahlzettel zu tun habe. Aras habe in Richtung der AfD gesprochen und damit offenbar zeigen wollen, dass der Stimmzettel von der AfD gekommen sei, sagte Klauß.
Nach der Sitzung, der letzten vor der Sommerpause, findet nun das interne Sommerfest des Landtags statt.
Politische Bildung und Rheinrat
Die Landeszentrale für politische Bildung ist eine Anstalt öffentlichen Rechts und beim Landtag angesiedelt. Im Kuratorium soll ihre Überparteilichkeit sichergestellt werden. Das Gremium tagt mehrfach im Jahr und besteht aus zwei Dutzend Mitgliedern, mehrheitlich aus dem Landtag. Die Fraktionen sind entsprechend ihrer Stärke im Kuratorium vertreten. Demnach stünden der AfD-Fraktion zwei Sitze zu. Die AfD-Fraktion hatte bereits vor dem Verfassungsgerichtshof des Landes gegen die wiederholte Ablehnung ihrer Kandidaten geklagt - allerdings ohne Erfolg.
Der Oberrheinrat ist nach eigenen Angaben ein trinationales Parlament für die Oberrheinregion. In dem Gremium sitzen Vertreter aus Deutschland, Frankreich und der Schweiz. Der Rat tagt zweimal pro Jahr und erarbeitet Resolutionen zu grenzüberschreitenden Themen.