Südwest-Handwerk kritisiert Corona-Modus der Behörden

dpa/lsw Stuttgart. Für viele Handwerksbetriebe geht es derzeit ums Überleben. Umso schlimmer, dass etliche Aufträge nicht vorankommen, weil die Behörden noch im Corona-Modus verharren, wie der Handwerkstag kritisiert.

Präsident des Handwerkstages, Rainer Reichhold. Foto: picture alliance / dpa/Archivbild

Präsident des Handwerkstages, Rainer Reichhold. Foto: picture alliance / dpa/Archivbild

Der Sachbearbeiter vom Amt sitzt wegen der Corona-Pandemie im Homeoffice, hat von dort aus aber keinen Zugriff auf die Bauunterlagen - das erleben Handwerker im Südwesten nach Angaben des Baden-Württembergischen Handwerkstags (BWHT) immer wieder. Die Folge: Bauabnahmen und Ausschreibungen kommen nicht voran. „Kommunale Behörden müssen wieder auf Normalbetrieb hochfahren“, fordert deshalb BWHT-Präsident Rainer Reichhold. Es sei nicht akzeptabel, dass manche Baubehörde wochenlang abtauche - schließlich setze das Handwerk nicht nur auf private, sondern auch auf öffentliche Aufträge.

Das Handwerk habe gearbeitet, Geschäfte seien wieder offen - das müsse auch für Ämter gelten, forderte Reichhold. Er und der Geschäftsführer des Handwerkstags, Oskar Vogel, sagten, dass der Grund für die Problematik unter anderem massive Defizite bei der Digitalisierung seien. Oft könnten Behördenmitarbeiter gerade einmal E-Mails senden und empfangen, hätten aber keinen Zugriff auf die Akten. Für das Handwerk sei dieser Zustand besorgniserregend. Wenn es keine Baugenehmigungen gebe, gebe es auch weniger Aufträge, und es sei damit für das Handwerk im Land umso schwerer, die Corona-Krise zu überstehen, sagte Vogel.

Insgesamt hat sich die Stimmung im Handwerk laut Umfrage des BWHT wegen Corona verschlechtert. „Nur noch 43 Prozent der Betriebe beurteilen die Lage als gut, jeder dritte empfindet sie als schlecht“, sagte Reichhold zur Situation im zweiten Quartal 2020. Im Vorjahr hatten demnach noch drei von vier Betrieben die Lage als gut bewertet.

Auch die Zahlen passten zum trüben Stimmungsbild, so Reichhold: „Die Auftragseingänge und Umsätze sind bei rund jedem zweiten Betrieb gesunken, und jeder vierte Betrieb ist nur maximal zur Hälfte ausgelastet.“ Allerdings gebe es große Unterschiede zwischen den Handwerksgruppen: „Im Bauhaupt- und im Ausbaugewerbe bewertet eine überwiegende Mehrheit ihre Lage noch als gut.“ Im Kfz-Gewerbe und im Nahrungsmittelhandwerk sehe es schon deutlich schlechter aus - hier beklagten drei von fünf Betrieben gesunkene Umsätze.“

Mit Blick auf das laufende dritte Quartal kehre jedoch etwas Zuversicht zurück. Hier erwarte ein Drittel der Betriebe eine Verbesserung der wirtschaftlichen Lage sowie Steigerungen bei Aufträgen und Umsätzen.

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Erstellt:
13. Juli 2020, 12:25 Uhr

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