Hass im Netz: Gefahren richtig erkennen

Schüler des Beruflichen Schulzentrums Backnang haben sich in Workshops mit Extremismus, Mobbing und Rassismus befasst

Extremisten erkennen, für das Thema Mobbing sensibilisieren und Rassismus ernst nehmen: Diese Kompetenzen sollen die Schüler des Beruflichen Schulzentrums bei dem dreitägigen Workshop „Extrem im Netz – Gefahren erkennen und abwehren“ lernen.

Achmad, Lucia, Maria und Julia planen Beiträge und Storys für ihren Instagramauftritt zum Thema Hass und Rassismus im Internet. Foto: A. Becher

© Alexander Becher

Achmad, Lucia, Maria und Julia planen Beiträge und Storys für ihren Instagramauftritt zum Thema Hass und Rassismus im Internet. Foto: A. Becher

Von Kristin Doberer

BACKNANG. „Ich habe auch schon Cybermobbing erlebt“, erzählt eine Schülerin in einer Videobotschaft. „Auf Instagram habe ich beleidigende Kommentare und Privatnachrichten bekommen, in denen ich zum Beispiel ‚Schlampe‘ genannt wurde.“ Sie erzählt, dass sie zunächst nicht wusste, was sie machen soll. Doch die Nachrichten seien so schlimm geworden sind, dass sie sich schließlich an die Polizei gewandt hat. Solche Nachrichten sind keine Ausnahme mehr. Kinder und Jugendliche bewegen sich mehrere Stunden täglich im Internet, „deshalb ist es so wichtig, ihnen Medienkompetenzen zu vermitteln“, sagt Chantal Grede von der Konrad-Adenauer-Stiftung. Zusammen mit Kollegen ist sie für die „Digital Akademie“ nach Backnang gekommen. Drei Tage lang haben sie den Schülern über Vorträge und praktische Projekte vermittelt, wie man Mobbing, Rassismus und Extremismus im Netz erkennen kann und wie damit umzugehen ist.

Videos und Social-Media-Posts gegen Cybermobbing und Hass

In sechs Workshops haben die Schüler sich praktisch an die Themen gewagt. Sie haben eigene Videos gedreht, Instagramaccounts mit ihrer Botschaft bespielt, einen Podcast produziert und ganze Social-Media-Kampagnen geplant. Die Themen für ihre praktischen Projekte konnten sich die Schüler selbst aussuchen. Manche wählten Themen, die nahe an ihrem Beruf liegen, wie einem Anleitungsvideo zum Reifenwechseln, ein Video über den Beruf des Malers und Lackierers oder über das Coronavirus. Vor allem drehten sich die Projekte aber um Mobbing – online und im realen Leben – um Rassismus im Alltag, zum Beispiel bei der Bewerbung oder um Hasskommentare im Internet. Manche Schüler haben sich dabei eigene kleine Drehbücher ausgedacht, andere haben Experteninterviews und Befragungen durchgeführt.

Bereits vergangenes Jahr hat das Schulzentrum zum ersten Mal die Digital Akademie veranstaltet, damals hätte sich das Angebot vor allem an Schüler gerichtet, die das Abitur anstreben. „Dieses Jahr haben wir uns ganz bewusst eher auf die Schüler konzentriert, die Haupt- Mittel- und Berufsschulabschluss machen“, erklärt Christiane Engelmann-Pink, die Leiterin der Bibliothek des Schulzentrums und Mitorganisatorin der Aktion. Jede Schule hat zwei Klassen für die Teilnahme ausgewählt, insgesamt haben mehr als 120 Schüler an den sechs Workshops teilgenommen. Die Schüler wären erst skeptisch gewesen, ob sie dem Thema überhaupt gewachsen seien. „Auch weil viele einen Migrationshintergrund haben“, so Engelmann-Pink.

„Es ist sehr wichtig, dass wir bei dem Thema auf alle Schulformen zugehen“, sagt Chantal Grede. Pro Jahr veranstaltet sie mit ihren Kollegen an etwa 30 Schulen die Digital Akademie, an ausnahmslos allen Schulen sei Mobbing und Rassismus ein sehr großes Thema. „Wir müssen die Schüler dafür sensibilisieren und ihre Medienkompetenz stärken“, erklärt sie. Um das zu erreichen beschäftigen sie sich in ihren Workshops mit verschiedenen Fragen: Was ist der Unterschied zwischen Journalisten und Influencern? Welchen Informationen kann ich vertrauen, bei welchen sollte ich skeptisch sein? Wie erkenne ich Manipulation im Netz? Was ist noch Meinung und was schon Beleidigung? „Manchen Schülern ist einfach nicht bewusst, wenn sie eine rassistische oder beleidigende Botschaft verbreiten“, erzählt Grede. „Sie leiten Bildchen weiter, die sie lustig finden – denken aber gar nicht darüber nach, ob sie andere damit verletzen oder ob die Bilder überhaupt legal sind.“ Deshalb gab es am ersten Tag der „Digital Akademie“ mehrere Vorträge zu den Themen Gesetze und Regeln im Netz, Fake News erkennen und Gefahren abwehren.

Zum Abschluss der „Digital Akademie“ haben die Gruppen ihre Ergebnisse in der Aula präsentiert, die Hauptbotschaft aller Projekte: Mobbing und Hass nicht unterstützen. Grede war beeindruckt von den Schülern. Sie seien die drei Tage über sehr konzentriert und engagiert gewesen. „Es war vor allem sehr mutig, dass manche auch von ihren persönlichen Erfahrungen erzählt haben“, sagt Grede. Sie hofft, dass einige nun anders mit Gefahren im Netz umgehen werden. „Alle können wir natürlich gar nicht erreichen. Aber einige setzten sich mit den Inhalten online nun sicher kritischer auseinander.“

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Erstellt:
14. Februar 2020, 16:00 Uhr

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