Heftige Debatte um Rems-Murr-Kliniken im Kreistag

Ein Antrag der SPD-Kreistagsfraktion stößt bei der Verwaltung und in anderen Fraktionen auf wenig Gegenliebe. Gefordert wird unter anderem, eine Zulage für das Personal zu prüfen. Die endgültige Entscheidung darüber wird am Ende vertagt.

Der Kreistag soll vollumfänglich bei der Strukturierung der neuen Geschäftsführung der Kliniken einbezogen werden, fordert die SPD-Fraktion etwa. Foto: Rems-Murr-Kliniken

© Rems-Murr-Kliniken

Der Kreistag soll vollumfänglich bei der Strukturierung der neuen Geschäftsführung der Kliniken einbezogen werden, fordert die SPD-Fraktion etwa. Foto: Rems-Murr-Kliniken

Von Lorena Greppo

Rems-Murr. Der Titel des SPD-Antrags im Verwaltungs-, Schul- und Kulturausschuss des Kreistags „Neue Prioritäten bei den Rems-Murr-Kliniken setzen, die kommunale Mitsprache stärken“ kam nicht überall gut an. „Das klingt, als würde etwas schief laufen in den Kliniken, dagegen verwehre ich mich“, so Richard Sigels Reaktion im Rahmen der Debatte, die den Landrat sichtlich verärgerte. Der Kreistag sei schließlich in alle Entscheidungen einbezogen und über Änderungen informiert worden.

Was genau forderte die SPD-Fraktion? Zum einen solle der Kreistag bei der Strukturierung der neuen Geschäftsführung der Kliniken vollumfänglich eingebunden werden. Darüber hinaus sollen Kreisverwaltung und Klinikleitung darlegen, welche Strategien sie verfolgen, um den Fachkräftemangel anzugehen. „Wir wollen in grundsätzliche Diskussionen mit einbezogen werden“, so Jürgen Hestler (SPD). Den nötigen Mehraufwand zur Personalgewinnung solle man höher priorisieren als den Schuldenabbau, so die Forderung. Zudem regte die SPD an, eine finanzielle Zulage für das Krankenhauspersonal zu prüfen und verlangte ein Bekenntnis des Kreises dahingehend, dass ein Bettenabbau wie im Stuttgarter Marienhospital keine gangbare Option sei.

Der letzte Punkt des Antrags war schnell geklärt, denn eine solche Forderung habe es überhaupt nie gegeben, führte Sigel aus. Nicht zustimmen könne er hingegen dem Vorschlag einer Zulage. „Wir haben mehrfach darüber beraten, dass wir uns an das Tarifgefüge halten. Das ist ein klarer Konsens unter den Klinikträgern der Region, von dem nur Stuttgart abweicht.“ Was die anderen beiden Punkte angeht, schlage die Verwaltung einen Verweis in die zuständigen Gremien vor. Sigel bemängelte, dass „komplexe Zusammenhänge stark vereinfacht“ dargestellt würden. Dadurch entstehe der Eindruck, man könne in der Klinik Projekte vorantreiben ohne Rücksicht auf die Kostenentwicklung. Dabei zeige der aktuelle Haushaltsentwurf deutlich, welche Last der Kreis dadurch zu tragen habe.

Mehr Diskussion gewünscht

Als Rundumschlag bezeichnete Andreas Hesky (Freie Wähler) den Antrag. Die Beantwortung sei daher nicht so einfach, weswegen er vorschlage, den Antrag als Ganzes in den Aufsichtsrat der Kliniken zu verweisen. Zwar sehe auch seine Fraktion das Patientenwohl an oberster Stelle, doch deswegen könne man den Kliniken keinen Blankoscheck ausstellen und die Schulden in die Höhe jagen. Er äußerte den Eindruck, dass der Antrag unnötig Unruhe stifte.

Jürgen Hestler hingegen zeigte sich nicht gewillt, die Angelegenheit an den Aufsichtsrat zu verweisen. Er wolle eine öffentliche, transparente Diskussion. „Weitere Stellen zu schaffen ist schön und gut, aber wo sollen wir die Leute dafür herbekommen?“, wollte er wissen. Die bisherigen Bemühungen zur Verbesserung der Rahmenbedingungen an den Kliniken lobte Hestler zwar, machte aber auch klar: „Das wird nicht ausreichen.“ Die Diskussionen in der Coronapandemie darum, dass der Applaus als Wertschätzung für Pflegekräfte nicht ausreiche, habe gezeigt, dass finanzielle Leistungen eine Rolle spielen. „Darüber müssen wir uns Gedanken machen“, so Hestler. Dass die Verwaltung es gar ablehne, eine mögliche Zulage zu prüfen, irritiere ihn. Heskys Replik darauf: Der Aufsichtsrat sei „das erste Gremium hierfür“, auch seien Vertreter aller Fraktionen Teil dessen. Die Entscheidungen seien folglich transparent.

Viele Themen stehen ohnehin auf der Agenda

Hestlers Rhetorik säe Misstrauen gegenüber diesem Gremium. „Wir arbeiten sehr gut“, befand der ehemalige Oberbürgermeister Waiblingens. Hartmut Holzwarth (CDU) befand den SPD-Antrag gar als „Psychogramm dessen, wie Sie zur Kliniklandschaft denken“. Viele Themen, welche die SPD mit ihrem Antrag angerissen hat, stünden sowieso auf der Agenda. „Im Gremium wird alles miteinander und konsensual erarbeitet, so erlebe ich das jedenfalls.“

Letzten Endes sprach sich das Gremium einstimmig – also inklusive Hestler und der SPD – dafür aus, den Antrag an den Aufsichtsrat der Kliniken zu verweisen. Dort wird die Diskussion dann wohl weitergehen.

Mehr Nachhaltigkeit angestrebt

Ebenfalls in die zuständigen Gremien verwiesen wurden zwei Anträge der Freien Wähler und der Grünen, die Nachhaltigkeit in den Rems-Murr-Kliniken anstreben.

Die Grünen regten an, ein Konzept im Sinne des „Grünen Krankenhauses“ zu erarbeiten. „Ein Krankenhaus verbraucht täglich so viel Energie wie eine Kleinstadt und produziert viel Abfall. Aber auch unter Beibehaltung der hohen Sicherheits- und Hygienestandards sollte ein ressourcenschonender Betrieb der Krankenhäuser möglich sein. In die ganzheitliche Betrachtung unseres Klimaschutzes und des Ziels eines klimaneutralen Rems-Murr-Kreises sind die Kliniken daher dringend mit einzubeziehen“, hieß es im Antrag.

Die Freien Wähler forderten ein Aufzeigen von Zertifizierungsmöglichkeiten in Bau und Betrieb der Kliniken, auch bei Logistik, Betriebsstoffen oder Essensversorgung. Das solle dazu beitragen, die Kliniken „neben dem hervorragenden medizinischen Leistungsspektrum auch auf dem Gebiet der Nachhaltigkeit zu positionieren“, heißt es im Antrag. Denn: Ein zertifiziertes „Nachhaltiges Krankenhaus“ punkte in allen Bereichen – beim Personal und beim Träger, aber auch bei der Gewinnung von Patientinnen und Patienten und bei der Personalsuche.

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Erstellt:
7. Dezember 2022, 06:00 Uhr

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