Heiß geliebte Linsen

Friedemann Zoller ist der einzige Landwirt im Rems-Murr-Kreis, der des Schwaben liebste Hülsenfrucht anbaut

Linsen mit Spätzle sind das Nationalgericht der Schwaben und lange Zeit kam keine einzige Linse aus dem Rems-Murr-Kreis in den Kochtopf. Erst vor wenigen Jahren startete Friedemann Zoller in Alfdorf einen Versuch und gibt den Menschen im Schwäbischen Wald nun „Onsre Linsa“ zurück.

Friedemann Zoller baut in Alfdorf sieben Hektar Puy-Linsen an. Eine Sorte, die ursprünglich aus Frankreich kommt. Fotos: A. Becher

© Pressefotografie Alexander Beche

Friedemann Zoller baut in Alfdorf sieben Hektar Puy-Linsen an. Eine Sorte, die ursprünglich aus Frankreich kommt. Fotos: A. Becher

Von Sarah Schwellinger

ALFDORF. „Linsen sind ein In-Produkt“, sagt Friedemann Zoller, „auch Regionalität ist wieder angesagt.“ Da haben er und seine Frau Heidrun aufs richtige Pferd gesetzt. Seit 2013 bauen die beiden auf ihrem Biolandbetrieb Zeirenhof in Alfdorf Puy-Linsen an. Angefangen haben sie mit einem Hektar, heute bauen sie die Hülsenfrucht auf über sieben Hektar an.

Auf die Idee mit den Linsen ist der Landwirt und Agraringenieur nicht selbst gekommen. Der Tourismusverein Remstal-Route war auf der Suche nach einem Bauernhof, der für Feinschmeckerrestaurants Linsen anbaut. „Die haben wohl alle abtelefoniert und haben dann einen gefunden – bei Z wie Zoller“, sagt er schmunzelnd.

Sein Mut, etwas Neues in der Landwirtschaft zu wagen, wurde schnell belohnt: Gleich im ersten Jahr waren seine Linsen ausverkauft – und das jedes Jahr bis heute aufs Neue. „Im ersten Jahr hat uns der Tourismusverein bei der Vermarktung sehr geholfen“, danach haben sich die Linsen aus Alfdorf quasi zum Selbstläufer entwickelt. „Die Hofläden kommen auf uns zu“, erzählt der Landwirt.

Linsen aus der Region sind ja eigentlich mit den Alb-Leisa von der Schwäbischen Alb oder den Räuber-Linsen aus Mainhardt gar nicht so selten. Doch warum baut im Rems-Murr-Kreis außer ihm keiner Linsen an? Sind die Bedingungen hier schwieriger als anderswo? „Nein, eigentlich nicht“, erklärt Zoller. Man vermutet, dass früher auf dem Linsenberg im Remstal die Hülsenfrüchte angebaut wurden und er deshalb seinen Namen trägt. Denn wirklich anspruchsvoll ist die Pflanze nicht, erklärt Zoller. „Das Einzige“, beginnt er, „sie kann nicht solo angebaut werden, man muss sie immer mit etwas anderem zusammen anbauen.“ Denn die Linsenpflanze braucht Unterstützung, sie braucht etwas, an dem sie sich entlanghangeln kann. Und deshalb baut Zoller zusammen mit den Linsen Gerste an.

„Die Linsen sind ein dankbares Produkt“

Warum so wenige Landwirte Interesse am Linsenanbau zeigen, kann er nur vermuten: Denn die Arbeit mit den Linsen beginnt erst so richtig nach der Ernte. Sie müssen getrocknet und von Steinchen, Strohteilchen, Gersten- und Unkrautsamen getrennt werden. „Vielleicht ist auch deshalb irgendwann der Linsenanbau aus dem Rems-Murr-Kreis verschwunden. Heute geht das ja maschinell, damals musste man das alles von Hand machen.“

Zwei Reinigungsstufen übernimmt Familie Zoller, danach übernimmt eine Firma noch drei weitere Reinigungsdurchgänge. Von dem, was geerntet wurde, bleiben dann gerade einmal zehn Prozent übrig. Trotzdem beschreibt Zoller seine Puy-Linsen als ein dankbares Produkt: „Es ist ein Trockenprodukt, ich kann es lagern und es ist lange haltbar.“

Wenn es dann im August so weit ist, dass Zoller an die Ernte der Linsen denkt, muss er eine schwere Entscheidung treffen: ernten oder nicht. Denn während die oberen Hülsen noch grün sind, sind die unteren schon überreif und platzen auf. „Es ist nicht so einfach, den idealen Zeitpunkt zu bestimmen.“ Nach nun knapp sechs Jahren hat er an Erfahrung und Wissen gewonnen, das er mitunter seinen Kollegen im Linsenanbau verdankt. Mit denen steht er in regem Kontakt: „Das ist das Schöne in der Bio-Landwirtschaft, man ist aufgeschlossen und ehrlich zueinander.“

Doch auch der Ertrag der Linsen ist am Ende genau so wenig planbar wie der von anderem Getreide und Hülsenfrüchten. „Je nachdem kann unser Ertrag pro Hektar zwischen null und einer Tonne liegen.“ Im vergangenen Jahr waren es 300 Kilogramm pro Hektar, da war die Gerste stärker, aber einen Totalausfall hatten die Zollers noch nie. „Ich sag ja immer, auf schlechtem Boden wachsen die Linsen am besten.“

In 500-Gramm-Packungen verpackt, werden die Linsen für fünf Euro verkauft – teurer als die importierte Ware, aber gleichauf mit den Linsen von der Alb und dafür in Bio-Qualität und vom heimischen Landwirt.

Das Interesse an den Alfdorfer Linsen ist nicht nur in den Läden groß, auch den Anbau wollen sich viele anschauen, Zoller wird regelmäßig gebeten, Vorträge über „Onsre Linsa“ zu halten. „Der Schwabe isst nun mal gerne Linsen und Spätzle“, meint er lachend und weiß: „Man kann viel mehr daraus machen, als das schwäbische Nationalgericht.“ Wie wäre es mal mit einer Linsensuppe, einem Linsencurry oder Linsensalat?

„Onsre Linsa“ hat Familie Zoller ihre Alfdorfer Puy-Linsen genannt.

© Pressefotografie Alexander Beche

„Onsre Linsa“ hat Familie Zoller ihre Alfdorfer Puy-Linsen genannt.

Info
Die Linsen

Die Puy-Linsen sind klein und dunkelgrün, haben einen nussigen Geschmack und sind bissfest. Sie eignen sich besonders für Linsensalate und Gemüsebeilagen.

Linsen werden im April gesät und im August geerntet. Danach müssen sie sortiert, gereinigt und getrocknet werden.

Linsen liefern besonders viel Eiweiß und außerdem die Vitamine A und B. Sie enthalten viel Kalium, Kalzium, Magnesium und Phosphor. Zudem sind Linsen gute Eisenlieferanten. Besonders hoch ist auch ihr Anteil an Zink.

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Erstellt:
7. Februar 2019, 06:00 Uhr

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