Hello-Fiber-Rückzug sorgt für Verärgerung

Rückschlag für den Glasfaserausbau in Althütte, Rudersberg und Berglen: Das Unternehmen Liberty Networks beendet seine Aktivitäten unter der Marke „Hello Fiber“ in ganz Deutschland. Auch die Planungen in Weissach und Auenwald sind vom Rückzug des Unternehmens betroffen.

Die Resonanz der Bevölkerung auf das Angebot von Hello Fiber war erfreulich. Viele Bürger von Althütte und Sechselberg haben zum Beispiel die Infoveranstaltungen in der Festhalle oder im Bürgerhaus besucht und waren gewillt, Kunde von Hello Fiber zu werden. Foto: privat

Die Resonanz der Bevölkerung auf das Angebot von Hello Fiber war erfreulich. Viele Bürger von Althütte und Sechselberg haben zum Beispiel die Infoveranstaltungen in der Festhalle oder im Bürgerhaus besucht und waren gewillt, Kunde von Hello Fiber zu werden. Foto: privat

Von Matthias Nothstein

Althütte/Weissach im Tal. Der Glasfaserausbau im Rems-Murr-Kreis muss einen herben Dämpfer einstecken. Das Unternehmen Liberty Networks hat seine Aktivitäten unter der Marke „Hello Fiber“ bundesweit eingestellt. Im Landkreis besonders betroffen ist die Gemeinde Rudersberg, wo bereits im August des vergangenen Jahres der erste Spatenstich stattgefunden hat. Aber auch in Althütte herrscht große Ernüchterung. Dort sind die Verträge für den anvisierten Ausbau am 17. Oktober unterzeichnet worden. In Weissach im Tal und in Auenwald hatte sich das Unternehmen bereits vorgestellt, die Gemeinderäte hatten aber bislang noch keine Entscheidung getroffen.

Althüttes Bürgermeister Reinhold Sczuka ist verärgert. In einem Brief an die Gemeinderäte schreibt er, dass sich bereits einen Tag vor Weihnachten die Gerüchte über einen Ausstieg verdichtet hätten. Und nun habe sich dies leider bestätigt. Sczuka schreibt: „Die Investoren der Firma Hello Fiber haben beschlossen, die gesamte geschäftliche Tätigkeit in Deutschland einzustellen. Dies bedeutet leider auch für Althütte, dass der geplante und zugesagte eigenwirtschaftliche Ausbau durch Hello Fiber nicht erfolgen wird. Dieser Schritt kommt für uns sehr überraschend, da noch Anfang Dezember konkrete Gespräche über die Ausbauschritte stattgefunden haben und eine sehr groß angelegte Verkaufsakquise durch Hello Fiber erfolgte.“

Viele Verträge sind schon unterzeichnet, die Akquise war vielversprechend

In der Tat hatten die Mitarbeiter des Unternehmens in Althütte großes Engagement gezeigt, sie waren laut Sczuka „sehr aktiv und sichtbar“. So hatten sie im Vereinszimmer in der Festhalle einen Stand, an dem sie immer montags ansprechbar waren. Auch auf dem Hobbykünstlermarkt waren sie präsent. Zudem gab es im November zwei Infoveranstaltungen in der Festhalle und im Bürgerhaus Sechselberg. Der Erfolg blieb nicht aus, die Mitarbeiter hatten viele erfolgreiche Gespräche geführt und Verträge geschlossen, die Akquise war vielversprechend. Und nun? Sczuka: „Die Firma hat jedes Vertrauen verspielt, wir stehen vor einem Scherbenhaufen.“

Welche konkreten Auswirkungen der Rückzug von Hello Fiber vor Ort hat, kann noch nicht endgültig eingeordnet werden. Sczuka sagt nur so viel: „Es ist weder für die Einwohner noch für die Gemeinde ein Schaden entstanden. Wir gehen davon aus und erwarten dies auch von der Firma, dass dies direkt mit bereits kontaktierten Kunden aufgearbeitet wird.“

Probleme wird es vermutlich aber auf der zeitlichen Schiene geben. Die Zusage, bis Ende 2024 alle Haushalte am Netz angeschlossen zu haben, ist wohl nicht mehr zu halten. Der Fahrplan sah vor, dass die Arbeiten nach dem Baubeginn in Rudersberg zeitnah in den Nachbargemeinden Berglen und Althütte fortgeführt werden sollten.

Die Telekom würde Bürgermeister Sczuka eigentlich favorisieren

Jetzt gilt es, mit anderen Anbietern wieder die Gespräche aufzunehmen. Eine Möglichkeit wäre, mit der Telekom zusammenzuarbeiten. Diese Wahl hätte Sczuka ohnehin favorisiert, wenn es nicht ein zeitliches Problem gegeben hätte. Denn die Telekom kann aus Kapazitätsgründen nicht überall gleichzeitig bauen.

Auch der Bürgermeister von Weissach im Tal, Daniel Bogner, macht aus seiner Enttäuschung kein Geheimnis. Wie auch in Althütte hatte es der Gemeinderat sehr begrüßt, dass Hello Fiber den Ausbau eigenwirtschaftlich geplant hatte. Von der Gemeinde waren keine Zuschüsse gefordert worden.

Im Gegensatz zu Althütte war in Weissach noch keine Entscheidung gefällt worden, es wurde noch kein Vertrag abgeschlossen. Bogner vertritt die Ansicht, dass die interessierten Gemeinden für den Anbieter ein „reizvolles Cluster“ gewesen wären, aufgrund der Größe des Einzugsgebiets hätte sich Bogner Synergieeffekte für alle Beteiligten vorstellen können. Auch er spricht von einem Rückschlag auf der zeitlichen Schiene: „Es war vorgesehen, dass die Verträge im ersten Quartal 2023 unterzeichnet werden.“ Weil jedoch viele Gespräche parallel mit Mitbewerbern geführt wurden, geht Bürgermeister Bogner von keiner großen Verzögerung aus. „Wir sprechen nur von ein paar Wochen, nicht von einem halben Jahr.“

Trotz der Enttäuschung bleibt Sczuca optimistisch

Trotz des Rückschlags schaut Reinhold Sczuka optimistisch in die Zukunft. Er schreibt: „Gemeinsam mit den anderen betroffenen Kommunen Rudersberg, Berglen, Weissach im Tal und Auenwald sowie dem Zweckverband Breitband Rems-Murr sind wir in engem Austausch, um das wichtige Thema Breitbandausbau bei uns in Althütte trotz dieser enttäuschenden Entscheidung von Hello Fiber mit Nachdruck voranzubringen.“

Weiteres Ungemach deutet indes Hans-Jürgen Bahde an. Er ist der Geschäftsführer der Gigabit-Region Stuttgart und räumt einerseits ein: „Wir waren alle komplett überrascht.“ Andererseits sieht er sich in seiner generellen Einschätzung bestätigt, „dass in den nächsten Jahren eine Konsolidierung am Glasfasermarkt stattfinden wird“. Seine Prognose angesichts des Hello-Fiber-Rückzugs: „Das wird nicht der letzte Fall sein.“

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Erstellt:
5. Januar 2023, 06:00 Uhr

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