Nach Irrfahrt Richtung Stuttgart

Hermann: Wer mit der Bahn strandet, bekommt künftig einen Taxigutschein

Wer nachts den letzten Anschluss verpasst, bekommt künftig einen Taxigutschein. Das hat der Landesverkehrsminister nach der Bahnirrfahrt vom Wochenende verfügt.

Auch Verkehrsminister Winfried Hermann ist verärgert über den Vorfall auf der Frankenbahn.

© Bernd Weißbrod/dpa

Auch Verkehrsminister Winfried Hermann ist verärgert über den Vorfall auf der Frankenbahn.

Von Eberhard Wein

Die nächtliche Irrfahrt am Sonntagabend auf der Frankenbahn ruft auch den Landesverkehrsminister auf den Plan. Fehler können vorkommen, aber Fahrgäste „mitten in der Nacht im Stich zu lassen“, sei ein „inakzeptables Versagen“, sagte Winfried Hermann (Grüne) gegenüber unserer Redaktion. Bei Verpassen des letzten Anschlusses würden künftig Taxigutscheine ausgestellt, kündigte er an. Der Minister reagierte damit auf unseren Bericht über die Odyssee von mehreren Dutzend Fahrgästen auf der Frankenbahn zwischen Würzburg und Stuttgart, die in der Nacht zum Montag in Heilbronn gestrandet waren. Selbst Familien mit Kleinkindern mussten die Nacht am Bahnsteig verbringen. Der nächste Zug fuhr erst um 4.30 Uhr.

„Wer sich auf den Nahverkehr verlässt, darf nicht am Bahnhof stranden“, sagte Hermann, der den Fall intensiv aufarbeiten ließ. Demnach seien die Fahrgäste durch eine Fehleingabe ins Fahrplansystem vom Betreiber Arverio am Sonntagabend erst drei Minuten vor der Abfahrt in Würzburg darüber informiert worden, dass der Zug wegen einer Baustelle nur bis Lauda fahren würde. Dort wartete zwar ein Bus. Trotz Gedränge fanden allerdings nicht alle Fahrgäste Platz. Zudem fuhr er zu spät los. Der Anschlusszug in Neckarsulm wurde verpasst. Mit einem Zug der Deutschen Bahn gelangten die Reisenden dann nur noch bis Heilbronn, wo die Fahrt um Mitternacht endete. Informationen erhielten die Fahrgäste nicht, auch weil sich die DB für die Arverio-Reisenden offensichtlich nicht zuständig fühlte.

Minister schimpft über unklare Zuständigkeiten

Nicht nur für die Fahrgäste, auch für den Minister ist dies ein Ärgernis. „Immer wieder erlebe ich, dass unklare Zuständigkeiten und fehlerhafte Systeme als Grund angegeben werden. Das muss sich schleunigst bessern.“ Das erwarte das Land auch als Auftraggeber. Arverio und Deutsche Bahn hätten dem Ministerium inzwischen versichert, „dass das so nicht hätte passieren dürfen“. Als Konsequenz müssten die Unternehmen ihre Leitstellen enger miteinander vernetzen und personell so ausstatten, dass sie jederzeit im Sinne der Reisenden handeln könnten, sagte Hermann.

„Mir wurde zugesagt, dass einige konkrete Verbesserungen wie eine bessere Vernetzung der Leitstellen sofort umgesetzt werden.“ Beim Verpassen von Anschlüssen werden künftig Taxigutscheine verteilt, sicherte Hermann zu. „Wir werden das Thema aber auch weiterverfolgen. Mitarbeitende in Leitstellen und im Fahrbetrieb müssen beispielsweise gezielt geschult werden, um in Krisensituationen handlungsfähig zu sein. Die Reisekette der Fahrgäste muss dabei im Mittelpunkt stehen.“

Pro-Bahn: Formulare sind zu kompliziert

Auch der Fahrgastverband Pro-Bahn kritisierte, dass Fahrgäste zu häufig im Stich gelassen würden. Absicht würde er nicht unterstellen, sagte der Landeschef Joachim Bart. Aber: „Das Personal hat Feierabend und geht nach Hause. Es wird zu wenig kommuniziert, wie man sich in einem solchen Fall verhält.“ Zwar sei in den Fahrgastrechten verankert, dass Taxi- oder Hotelkosten bis zur Höhe von 120 Euro übernommen werden. Jedoch werde darüber zu wenig informiert, vielen sei des Prozedere unklar. „Es müsste an jedem Bahnhof einen Aushang geben.“

Die Antragstellung, vor allem in Papierform, sei auch zu aufwändig. „Beim Online-Formular muss man weit weniger ausfüllen.“ Zudem komme man nicht umhin, manchmal auch um die Erstattung kämpfen zu müssen, sagte Barth. Manche Unternehmen hätten die Bearbeitung von Erstattungsanträgen auch an externe Firmen ausgegliedert, „die auch nicht so recht Bescheid wissen“.

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Erstellt:
12. September 2025, 13:48 Uhr
Aktualisiert:
12. September 2025, 15:26 Uhr

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