Herumdoktern am kaputten System

Die Bundesregierung will die Mietpreisbremse verlängern. Langfristig braucht es bessere Lösungen.

Von Tobias Heimbach

Berlin - Angewohnheiten wird man nur schwer wieder los, das gilt auch in der Politik. Denn viele vorübergehende Maßnahmen erweisen sich als ziemlich langlebig. Dazu gehört nicht nur die 1905 eingeführte Schaumweinsteuer, die einmal den Aufbau der kaiserlichen Marine finanzieren sollte, oder der Solidaritätszuschlag. Ein aktuelles Beispiel dafür ist die Mietpreisbremse. Die große Koalition hatte sie 2015 auf den Weg gebracht. Sie sei ein „kurzfristig wirksames Instrument“, hieß es damals. Doch das Provisorium soll nun um vier weitere Jahre verlängert werden, das hat sich die neue Bundesregierung aus Union und SPD vorgenommen.

Dabei ist die aktuelle Verlängerung der Mietpreisbremse richtig. Sie verhindert, dass sich eine vielerorts schwierige Lage weiter verschärft. Das Ende der Mietpreisbremse würde eine rasant beschleunigte Steigerung der Preise zur Folge haben. Und zwar genau dort, wo die Lage heute schon angespannt ist: in Großstädten, deren Umland und in vielen Universitätsstädten. Doch eine dauerhafte Lösung ist die Mietpreisbremse nicht. Sie ist nur ein Anzeichen dafür, dass die Politik an einem kaputten System herumdoktert. Dabei braucht es grundsätzlichere Lösungen.

Einen Wohnungsmarkt zu schaffen, der für alle funktioniert, ist nicht einfach. Denn die Wünsche sind so unterschiedlich wie ihre Bewohner. Es braucht eine Mischung aus Eigentumswohnungen, Mietwohnungen, solche für Familien, für Singles und für Senioren; auch Luxuswohnungen gehören dazu. Hinzu kommen Häuser im Grünen.

Doch in vielen Gegenden ist das Wohnen zur Belastung geworden. Familien wohnen beengt, getrennte Paare wohnen weiter zusammen, weil ein Partner keine neue Bleibe findet. Selbst mit zwei Akademikergehältern kann die Suche nach einer Wohnung je nach Stadt ein Jahr und länger dauern. Es gibt zu wenig Wohnraum. Und insbesondere zu wenig günstigen Wohnraum.

Doch günstiger Wohnraum entsteht nur dann, wenn günstig gebaut wird. Vorschriften müssen vereinfacht werden, der gesamte Prozess digitaler werden. Hier gibt es im Koalitionsvertrag gute Ansätze.

Vieles spricht zudem dafür, das Wohnen nicht dem Spiel des freien Marktes zu überlassen. Ein Mietendeckel oder Enteignungsfantasien, wie es sie in manchen Parteien gibt, führen allerdings nicht weiter. Stattdessen sollte man die Akteure fördern, die seit Jahrzehnten beweisen, dass sie günstigen Wohnraum anbieten und ihn in einem guten Zustand halten. Dazu zählen etwa die Genossenschaften. Auch deren Förderung hat sich die Koalition richtigerweise vorgenommen. Sinnvoll ist auch, dass Union und SPD die Wohngemeinnützigkeit stärken wollen. Wer dauerhaft preisgünstigen Wohnraum anbietet, wird nicht nur steuerlich bevorzugt, sondern erhält zusätzlich Investitionszuschüsse.

Schlussendlich braucht es auch maßvolle Regulierung. Wenn Vermieter die Mietpreisbremse umgehen, indem sie einen Tisch und zwei Stühle in die Wohnung stellen und diese auf diese Weise „möbliert“ für 25 Euro pro Quadratmeter anbieten, muss das ein Ende haben. Doch es ist eben viel zu wenig, allein auf solche Regulierungsmaßnahmen zu setzen.

Nun also wird die Mietpreisbremse noch mal verlängert. Doch was wird in vier Jahren sein? Es ist keine allzu gewagte Prognose, dass es dann Rufe nach einer weiteren Verlängerung geben wird. Schließlich wartet man derzeit mehrere Monate auf eine Baugenehmigung, hinzu kommen ein bis zwei Jahre Bauzeit. Schnell wird man die Krise am Wohnungsmarkt durch Neubau nicht lösen können. Umso wichtiger ist es, bald mit dem Kurswechsel anzufangen.

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Erstellt:
18. Mai 2025, 22:04 Uhr
Aktualisiert:
19. Mai 2025, 22:06 Uhr

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