Hilfe für Pferdehöfe in den Flutgebieten

Durch das Hochwasser im Juli sind einige Reiterhöfe im Westen von Deutschland zerstört worden. Die meisten Höfe konnten außer ihren Pferden nichts mehr retten. Um den Betroffenen zu helfen, sammelten zwei Reiterhöfe aus der Region Geld- und Sachspenden.

Susi Korf sitzt mit ihrem Hund Lani inmitten der vielen Sachspenden im Reitstall Islandpferde Obertorhof. Foto: privat

Susi Korf sitzt mit ihrem Hund Lani inmitten der vielen Sachspenden im Reitstall Islandpferde Obertorhof. Foto: privat

Von Annika Angele

Kirchberg an der Murr/Backnang. Im Juli hatten viele Regionen in Deutschland mit Hochwasser zu kämpfen. Besonders schlimm waren die Bundesländer Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz betroffen, in denen es an nur einem Tag so viel regnete wie sonst im ganzen Monat nicht. Neben Wohnhäusern und Geschäften beschädigten die Wassermassen auch viele Reiterhöfe. Um nicht tatenlos zuzusehen, rief die Besitzerin vom Islandpferde-Obertorhof in Kirchberg an der Murr, Susi Korf, über Facebook zu einer Spendenaktion auf. Eigentlich hatte die 44-Jährige nur vor, eine große Kiste im Reiterstüble zu befüllen. Doch dabei blieb es nicht: Der ganze Reitstall war vollgestellt. „Es sah aus wie auf einem Flohmarkt“, erinnert sich die Hofleiterin. Sogar Menschen aus Bayern hätten den weiten Weg auf sich genommen.

Eine Woche lang sammelte sie Spenden ein und sortierte sie mit ihren Stallmädels bis in die Nacht hinein. Vor allem spendeten die Menschen Sättel, Halfter, Fliegendecken und -masken. Auch die Pferdedentalpraxis Niehues aus Steinheim habe Medikamente gespendet. Außerdem beteiligten sich der Reitverein Großbottwar und sehr viele Privatpersonen. Die Sachspenden für Pferde und Reiter konnten direkt am Hof abgegeben werden und wurden auf drei Reiterhöfe in den Krisengebieten verteilt: nach Euskirchen, Hürtgenwald und Ahrweiler. Durch das Internet habe sie die Höfe rausgesucht, bei denen die Not am größten war. Die Mitarbeiterin eines Hofes habe sie sogar direkt kontaktiert. Susi Korf mietete einen Bus und verteilte die Spenden selbst an die Bedürftigen vor Ort.

Der Zusammenhalt unter den freiwilligen Helfern ist sehr groß

Auch Elke Vetter, erster Vorstand des Reit-und Fahrvereins Gerberlohe Backnang, hatte ein Herz für die Tiere. Aus den Nachrichten habe sie von der Katastrophe erfahren. „Als ich das gesehen habe, dachte ich mir, es muss doch etwas geben, was wir machen können“, erinnert sich die 51-Jährige. Ganz nach dem Motto „Einfach mal machen, könnte ja gut werden“ bat sie gemeinsam mit ihrer Tochter Lara die Menschen auf Facebook zu spenden. Die Zusammenarbeit des Vereins mit dem Ponyklub in Steinbach, der Vetters Familie gehört, machte die Spendenaktion überhaupt erst möglich. Der Hof hatte dieses Jahr eine gute Heuernte. Deshalb konnten sie selbst zehn Heuballen beisteuern. Auch umliegende Geschäfte wie Reitsport Rölig, Fressnapf Backnang und Futtermittel Häußermann beteiligten sich an der Aktion mit Futter und Zubehör für Pferde, Hunde und Katzen. Außerdem förderten auch umliegende Reiterhöfe und viele Privatpersonen das Projekt. Dabei kamen sowohl einige Sach- als auch Geldspenden zusammen. Viele freiwillige Helfer sortierten die Spenden, verpackten sie in Kartons und beschrifteten sie. Über die WhatsApp-Gruppe „Reise nach Hoffsümmern“ blieb Vetter mit dem Lastkraftfahrer und der Studentin Sarah vom Reiterhof vor Ort in Kontakt.

Fleißige Helfer beladen den Lastkraftwagen mit Heuballen und Futterspenden. Foto: privat

Fleißige Helfer beladen den Lastkraftwagen mit Heuballen und Futterspenden. Foto: privat

Am 31. Juli war es dann so weit: Ein Fahrer fuhr einen mit 30 Rundballen Heu beladenen Lastkraftwagen zum Pferdehof Hoffsümmer in Erftstadt-Ahrem. Auch dieser Hof war von dem Hochwasser betroffen: Der Stall stand 1,40 Meter unter Wasser, weshalb die Hofbesitzer ihre 120 Pferde evakuieren mussten. Da der Hof selbst das Hochwasser aber ganz gut überstanden hatte, richteten sie einen Raum für die Spenden ein. Über Social Media informierten sie die Menschen darüber, dass jeder vorbeikommen könne, der Hilfe benötige. Den Reit- und Fahrverein Geberlohe haben zahlreiche Dankschreiben erreicht, die für „Gänsehautfeeling pur“ sorgten, so die Kassierin Isabella Schreiber.

Weitere Transporte sind in Planung

Am 21. August fuhr Elke Vetter mit Futtermittelhändler Waldemar Graf einen mit Futter und Koppelzaunmaterial beladenen Sprinter an dieselbe Adresse. Der Händler hatte selbst eine Futterpalette beigesteuert. Weil die Garage auf dem Ponyklub in Steinbach immer noch voll stehe, sei bereits ein dritter Transport in Planung. Auch eine vierte und fünfte Ladung mit Futter, die von Freunden aus Karlsruhe beigesteuert werden, sollen den Hof noch erreichen.

Dem Verein sei es sehr wichtig gewesen, die Spenden selbst zu verteilen, denn so wissen sie, dass die Lieferung auch wirklich vor Ort ankäme. „Der Zusammenhalt unter uns ist sehr groß. Wir halten zusammen, wenn es anderen schlecht geht“, sagt Schreiber. Der Ponyhof und der Verein werden an der Sache dranbleiben und sich dafür starkmachen, denn die Not der Pferdehöfe solle nicht in Vergessenheit geraten. „Auch wenn die Katastrophe schon etwas länger her ist, gibt es immer noch genug zu tun“, ruft die 51-Jährige zu weiteren Geld- und Sachspenden auf.

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Erstellt:
27. August 2021, 06:00 Uhr

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