Hisbollah-Betätigungsverbot weitgehend folgenlos

dpa Berlin. Im Frühjahr 2020 hatte Innenminister Seehofer ein Betätigungsverbot für die islamistische Bewegung Hisbollah in Deutschland ausgesprochen. Gebracht hat das laut Sicherheitsbehörden allerdings wenig.

Eine Abwanderung von Hisbollah-Sympathisanten aus Deutschland oder einen Rückzug von Aktivisten aus bestimmten Vereinen konnten die Sicherheitsbehörden seit dem Betätigungsverbot nicht beobachten. Foto: Christoph Soeder/dpa

Eine Abwanderung von Hisbollah-Sympathisanten aus Deutschland oder einen Rückzug von Aktivisten aus bestimmten Vereinen konnten die Sicherheitsbehörden seit dem Betätigungsverbot nicht beobachten. Foto: Christoph Soeder/dpa

Das im Frühjahr 2020 ausgesprochene Betätigungsverbot für die schiitische Hisbollah in Deutschland hat bislang kaum Folgen gehabt. Das gilt sowohl für die Aktivitäten der libanesischen Bewegung im Inland wie für das Verhältnis zum Libanon selbst.

In einer Antwort auf eine Kleine Anfrage der FDP schreibt die Bundesregierung, nach ihrer Einschätzung habe die Anordnung „keine entwicklungs-, außen- und sicherheitspolitischen Konsequenzen für die Beziehungen zum Libanon“.

In Deutschland nahmen die Sympathiebekundungen für die islamistische Bewegung zwar seit der Entscheidung von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) wohl etwas ab. Eine Abwanderung von Hisbollah-Sympathisanten aus Deutschland oder einen Rückzug von Aktivisten aus bestimmten Vereinen haben die Sicherheitsbehörden jedoch nicht beobachtet.

Der FDP sind die bisherigen Maßnahmen zu lasch

In der Regierungsantwort, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, heißt es, Anhänger der Hisbollah pflegten nach wie vor „den organisatorischen und ideologischen Zusammenhalt“. Sie vernetzten sich nicht in einer einheitlichen, bundesweiten Struktur, sondern suchten „mutmaßlich abgeschottete regionale Treffpunkte“ auf. Es handele sich nicht um Hisbollah-Vereine, sondern um Anlaufpunkte für schiitische Muslime, zu denen Sympathisanten der Hisbollah zählten.

Seehofer hatte das Betätigungsverbot Ende April 2020 verkündet. Die Auswertung der bei Durchsuchungen gefundenen Datenträger ist wohl noch nicht abgeschlossen. Sollten Hinweise entdeckt werden, die eine Grundlage für ein Verbot des jeweiligen Vereins bilden, wären eher die Länder zuständig. Im Mai 2021 verbot Seehofer drei Vereine, die Spenden für eine Hisbollah-Stiftung gesammelt haben sollen.

Der FDP reicht das nicht aus. „Es drängt sich der Eindruck auf, dass man nicht wirklich versucht hat, die Strukturen der Organisation in Deutschland vollständig aufzuklären und zu zerschlagen“, sagte der FDP-Innenpolitiker Benjamin Strasser.

Die Hisbollah ist eine libanesische Bewegung. Sie hat eine Partei, eine Miliz, bekämpft das Nachbarland Israel und ist mit dem Iran verbündet. In Deutschland rechneten die Sicherheitsbehörden zuletzt 1050 Menschen zu ihrem „extremistischen Personenpotenzial“ - Tendenz steigend. Seit dem Betätigungsverbot kann etwa Vermögen eingezogen werden, und Hisbollah-Kennzeichen dürfen nicht mehr gezeigt werden.

© dpa-infocom, dpa:210605-99-871655/2

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Erstellt:
5. Juni 2021, 10:33 Uhr

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