Historischer Opferstock ist gefunden

Das 2016 gestohlene Behältnis ist in einem Waldstück gefunden worden – Das Holz ist teilweise verrottet, das Schloss fehlt

Die Nachricht dürfte den einen oder anderen erstaunt haben: Der im Juni 2016 aus der Walterichskirche gestohlene Opferstock ist am Dienstag vergangener Woche wiedergefunden worden. Stark beschädigt zwar und ohne das historische Schloss ist er inzwischen wieder im Besitz der Kirchengemeinde.

Das historische Behältnis lag längere Zeit in einem Murrhardter Waldstück und ist nun dementsprechend beschädigt.

Das historische Behältnis lag längere Zeit in einem Murrhardter Waldstück und ist nun dementsprechend beschädigt.

Von Lorena Greppo

MURRHARDT. Die Tat hatte im Juni 2016 für Empörung gesorgt: Der Opferstock der Murrhardter Walterichskirche war am helllichten Tage aus dem Boden gerissen und gestohlen worden. Da dieser Kraftakt von einer Person allein kaum zu bewältigen gewesen wäre, ging die Polizei von mehreren Tätern aus und bat die Bevölkerung um Hinweise. „Die Beamten vermuten, dass es mehrere Täter waren, die sich zwischen 17 und 20.40 Uhr in die Walterichskirche begaben“, hieß es damals in der Murrhardter Zeitung. Die Kirche sei zu dieser Zeit für Besucher und Touristen geöffnet gewesen. Im Innern wuchteten die Täter demnach den am Boden fest verschraubten Opferstock aus der Verankerung und trugen ihn ins Freie. „Den Spuren zufolge hoben die Diebe den Opferstock an der Nordwest-Seite über eine Mauer und ließen ihn den Hang hinunterrollen. An dem Weg zum Stadtgarten trugen sie ihn vermutlich auf die andere Seite des Weges und ließen ihn erneut durchs Gras bis zum Spielplatz nach unten rollen. Dort wurde er dann wohl mit einem Fahrzeug abtransportiert.“ Sowohl von den Tätern als auch vom Diebesgut fehlte bislang jede Spur.

Kirchengemeinderat entscheidet nun, wie es weitergeht

Nun also ist der Opferstock wieder aufgetaucht – damit hatte man auch bei der Polizei nicht gerechnet. Dass Diebesgut wieder auftaucht, sei nicht die Regel, heißt es aus Polizeikreisen. Das komme höchstens vor, wenn etwas – wie beispielsweise ein Smartphone – mit einer Seriennummer versehenen ist. Man sei eher davon ausgegangen, dass das schwere Behältnis – wenn überhaupt – bei einer Putzaktion im Feuersee wieder auftauchen könnte. Ein Passant hat den historischen Opferstock, welcher verschiedenen Angaben zufolge einmal auf 1340, ein anderes Mal auf 1859 beziffert wird, am Waldrand liegen gesehen und wiedererkannt. „Aufgrund der Auffindesituation wird davon ausgegangen, dass dieser schon länger im Wald lag“, hieß es vonseiten der Polizei. Das bedeutet aber auch, dass Regen, Reif, Trockenheit dem Behältnis ordentlich zugesetzt haben. Die Hoffnung auf verwertbare Spuren dürfte damit zunichte gewesen sein. „Er sieht sehr mitgenommen aus“, teilt auch das evangelische Pfarramt Klosterhof mit. „Das Schloss fehlt und konnte auch in der näheren Umgebung mit einem Metalldetektor nicht gefunden werden.“ Nachdem die Beweisaufnahme von der Polizei abgeschlossen war, wurde der Opferstock dann wieder der Kirchengemeinde übergeben. Über die Restaurierung und anschließende Weiterverwendung entscheidet dann zu gegebener Zeit der Kirchengemeinderat. Pfarrer Achim Bellmann weist noch einmal darauf hin: „Der Opferstock ist in einem Zustand, in dem man ihn nicht wieder aufstellen kann.“ Da es auch noch keine Sitzung des Kirchengemeinderates gegeben hat, ruhe die Sache bis dahin. Auch müsse man noch mit der Versicherung Rücksprache halten. Bellmann spricht von Glück, dass der Holzbehälter in Metall eingefasst ist, „sonst wäre noch viel mehr verrottet gewesen“. Auch hätte man das achtlos in den Wald geworfene historische Stück sonst womöglich gar nicht mehr finden können. Der Wert des historischen Opferstocks konnte schon beim Zeitpunkt seines Diebstahls nicht beziffert werden. Zumindest der ideelle Wert dürfte aber sicherlich im krassen Missverhältnis zu dem wenigen Bargeld stehen, das sich im Innern befand.

Einsteckschnabel wurde gesondert aufgefunden

Andrea Schreiber von der evangelischen Kirchengemeinde Murrhardt unterstrich 2016 den kulturhistorischen Wert des gestohlenen Stücks. Die Kirchenpflegerin erinnerte daran, dass schon öfters versucht worden war, den Behälter aufzubrechen. Im Jahr zuvor war deshalb auch das Schloss repariert worden. Als sie damals mit der Polizei vor Ort war, wurde Schreiber bewusst, mit welcher Brachialgewalt der Opferstock aus dem Boden gehebelt wurde. Die Verankerung im Boden sei dabei zerstört worden, berichtet auch Bellmann. Schreiber hatte damals ihre Verwunderung darüber geäußert, dass niemand etwas gehört oder wahrgenommen hat. Man habe sich umgehend beim Friedhofspersonal erkundigt, was aber keine Hinweise ergab. Auch das Gelände rund um die Kirche sowie die angrenzenden Flächen im Stadtgarten habe man in der Hoffnung abgesucht, den Opferstock möglicherweise irgendwo im Gebüsch zu finden. Doch dies war nicht der Fall. Einige Zeit später, berichtet Bellmann, sei der Einsteckschnabel des Opferstocks gesondert aufgefunden worden. Nur das Vorhängeschloss – der älteste Teil – ist noch nicht gefunden worden.

So sah der Opferstock mit dem zugehörigen Vorhängeschloss aus, bevor Diebe ihn gewaltsam aus der Verankerung brachen. Fotos: privat

© Picasa

So sah der Opferstock mit dem zugehörigen Vorhängeschloss aus, bevor Diebe ihn gewaltsam aus der Verankerung brachen. Fotos: privat

Zum Artikel

Erstellt:
17. April 2020, 06:00 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen

Lesen Sie jetzt!
Thomas Klingseis (links) und Hendrik Turni (rechts) nehmen das Artenspektrum im Waldgebiet Hörnle ein Jahr lang genau unter die Lupe. Philip Gohl (Mitte) ist Projektleiter beim Unternehmen Uhl Windkraft, das hier drei Windkraftanlagen plant. Fotos: Alexander Becher
Top

Stadt & Kreis

Artenschutzkartierung für Windkraftvorhaben im Gebiet Hörnle

Auf der Suche nach Wespenbussard und Co.: Das Unternehmen Uhl Windkraft und das Haus Württemberg planen gemeinsam mit den Kommunen Backnang und Winnenden bis zu drei Windkraftanlagen im Waldgebiet Hörnle südwestlich von Allmersbach im Tal. Aktuell führen Gutachter eine Artenschutzkartierung durch.

Stadt & Kreis

Zustimmung zum Standort: Maximal 40 Flüchtlinge in Mittelbrüden

Der Auenwalder Gemeinderat stimmt dem zuletzt vorgeschlagenen Standort für Wohncontainer mit großer Mehrheit zu. Wie andernorts auch scheint das Thema die Bürgerinnen und Bürger der Gemeinde in verschiedene Lager zu spalten.