Arbeitsrecht
Hitze am Arbeitsplatz: Diese Regeln gelten
Was gilt bei Hitze am Arbeitsplatz? Ab welcher Temperatur müssen Arbeitgeber handeln – und welche Maßnahmen sind vorgeschrieben? Die wichtigsten Fakten zu Büro, Außeneinsatz und Arbeitsschutz im Überblick.

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Welche Regeln und Rechte gelten bei Hitze am Arbeitsplatz?
Von Katrin Jokic
Hitze im Büro: Was das Arbeitsrecht vorschreibt
Das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) verpflichtet den Arbeitgeber laut § 4 dazu, Arbeitsbedingungen so zu gestalten, dass die Gesundheit der Beschäftigten nicht gefährdet wird. Das gilt auch für hohe Temperaturen am Arbeitsplatz. Die konkrete Umsetzung regeln die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) und die Technische Regel ASR A3.5, die den Arbeitsschutz bei Hitze präzisiert.
Im Büro muss die Raumtemperatur grundsätzlich gesundheitlich zuträglich sein. Laut ASR A3.5 soll sie +26 °C nicht überschreiten. Wird dieser Wert überschritten, soll der Arbeitgeber geeignete Maßnahmen ergreifen, um die Belastung zu senken. Dazu gehören z. B. effektiver Sonnenschutz, Steuerung der Lüftung oder Gleitzeitmodelle.
Steigt die Lufttemperatur im Büro über +30 °C, ist der Arbeitgeber laut ASR verpflichtet, wirksame Maßnahmen zum Schutz der Beschäftigten umzusetzen. Technische und organisatorische Lösungen – wie Ventilatoren, Pausenregelungen oder reduzierte Arbeitszeiten – haben dabei Vorrang vor individuellen Schutzmaßnahmen.
Ab +35 °C Raumtemperatur gilt ein Arbeitsplatz ohne zusätzliche Schutzmaßnahmen nicht mehr als geeigneter Arbeitsraum. In diesem Fall sind Hitzeschutzmaßnahmen zwingend erforderlich – z. B. Luftduschen, Entwärmungsphasen oder persönliche Schutzausrüstung.
Arbeitsschutz bei Hitze: Mögliche Maßnahmen
Sobald die Raumtemperatur über +26 °C liegt, sieht die ASR A3.5 konkrete Maßnahmen vor, die der Arbeitgeber ergreifen soll, um Gesundheitsgefahren zu minimieren. Ab +30 °C besteht eine Pflicht zur Umsetzung wirksamer Schutzmaßnahmen. Dabei gilt: Technische und organisatorische Maßnahmen haben Vorrang vor individuellen Lösungen.
Technische Maßnahmen:
- Sonnenschutz an Fenstern, Oberlichtern und Glaswänden ist Pflicht, wenn direkte Sonneneinstrahlung zur Erwärmung führt. Außenliegender Schutz (z. B. Jalousien, Markisen) ist zu bevorzugen. Innenliegender Schutz soll hell und reflektierend sein.
- Lüftungseinrichtungen sollen gezielt gesteuert werden – etwa durch nächtliches Querlüften, um aufgeheizte Luft aus dem Gebäude zu leiten.
- Reduzierung interner Wärmequellen durch Abschalten nicht benötigter Elektrogeräte. Alternativ können beispielsweise Drucker & Co aus den Büroräumen in den Flur verräumt werden.
Organisatorische Maßnahmen:
- Arbeitszeitverlagerung in kühlere Stunden (z. B. Gleitzeitbeginn am frühen Morgen).
- Lockerung von Bekleidungsvorgaben, sofern keine Sicherheitskleidung vorgeschrieben ist.
- Entwärmungsphasen: zusätzliche Pausen zur Regeneration.
Personenbezogene Maßnahmen:
- Bereitstellung von Getränken ist ab +30 °C vorgeschrieben, bei über +26 °C dringend empfohlen. Trinkwasser muss der Trinkwasserverordnung entsprechen.
Wird eine Raumtemperatur von +35 °C überschritten, darf ohne technische, organisatorische oder persönliche Schutzmaßnahmen (z. B. Luftduschen, Wasserschleier, Hitzeschutzkleidung) nicht weitergearbeitet werden. Der Raum ist dann als Arbeitsstätte nicht geeignet.
Arbeiten bei Hitze im Freien: Was gilt laut Arbeitsschutz?
Wer im Sommer unter freiem Himmel arbeitet – etwa auf Baustellen, in der Landwirtschaft oder im Gartenbau – ist nicht nur hohen Temperaturen, sondern auch UV-Strahlung und Ozonbelastung ausgesetzt. Die körperliche Belastung ist deutlich höher als im Büro, entsprechend streng sind die Vorgaben zum Arbeitsschutz bei Hitze.
Ab etwa +26 °C im Schatten sollte der Arbeitgeber laut Gewerkschaft Verdi tätig werden und über die Gefahren der Hitze und Sonneneinstrahlung informiert werden.
Spätestens dann sollten geeignete Schutzmaßnahmen umgesetzt werden. Dazu gehören:
- Bereitstellung von UV-Schutzmitteln wie Sonnenschutzcreme
- Kopfbedeckungen und Sonnenbrillen zum Schutz vor direkter Strahlung
- Regelmäßige Pausen in schattigen Bereichen
- Trinkwasser oder vergleichbare Getränke in ausreichender Menge
- Arbeitszeitverlagerung in kühlere Tageszeiten, z. B. früher Arbeitsbeginn
Bei hoher körperlicher Belastung, vorgeschriebener Schutzkleidung oder besonders gefährdeten Gruppen (z. B. Ältere, Schwangere) können zusätzliche Schutzvorkehrungen erforderlich sein.
Auch wenn bei Hitze normalerweise keine separate Gefährdungsbeurteilung nötig ist – weil die Risiken bekannt und dokumentiert sind –, kann sie im Einzelfall sinnvoll sein. Grundlage ist § 5 ArbSchG: Der Arbeitgeber muss alle relevanten Gefährdungen erkennen und daraus verbindliche Maßnahmen ableiten.
Wichtig: Ausreichende Schattenplätze sollten auf Baustellen und vergleichbaren Arbeitsplätzen immer zur Verfügung stehen. Die reine Bereitstellung von Schutzausrüstung reicht nicht aus, wenn die Umgebung keine Erholungszonen bietet. Hierfür können Arbeitgeber beispielsweise Sonnensegel zur Verfügung stellen.
Besondere Schutzpflichten für gefährdete Beschäftigtengruppen
Bei hohen Temperaturen am Arbeitsplatz ist der Arbeitgeber verpflichtet, besonders schutzbedürftige Beschäftigte gesondert zu berücksichtigen. Dazu zählen laut ASR A3.5 ausdrücklich Jugendliche, Schwangere, Stillende, ältere Menschen sowie gesundheitlich vorbelastete Personen. Für sie muss im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung nach § 5 ArbSchG und ASR A3.5 Punkt 4.4 (1) geprüft werden, ob zusätzliche Maßnahmen erforderlich sind – etwa eine Arbeitszeitverlagerung, häufigere Pausen oder eine Umsetzung an kühlere Arbeitsplätze. Der Schutz dieser Gruppen hat Vorrang, wenn eine Gesundheitsgefährdung durch Hitze nicht ausgeschlossen werden kann.
Mitbestimmung und Rechte bei unzureichendem Hitzeschutz
Verweigert der Arbeitgeber angemessene Maßnahmen gegen Hitze am Arbeitsplatz, können Beschäftigte das Thema über den Betriebsrat klären lassen. Dieser hat nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG ein erzwingbares Mitbestimmungsrecht, wenn es um den betrieblichen Gesundheitsschutz geht – dazu zählt ausdrücklich auch der Umgang mit Hitze.
Fehlt ein Betriebsrat oder bleibt der Arbeitgeber trotz Beschwerden untätig, können Beschäftigte sich auf § 17 ArbSchG berufen und die Missstände der Arbeitsschutzbehörde oder dem Unfallversicherungsträger melden.
In extremen Fällen – etwa bei Temperaturen über +35 °C ohne Schutzmaßnahmen – kann unter Umständen ein Zurückbehaltungsrecht der Arbeitsleistung bestehen. Das sollte jedoch nur gut dokumentiert und nach Rücksprache mit Gewerkschaft oder Rechtsbeistand erfolgen, da die Beweislast beim Beschäftigten liegt.
Hinweis: Dieser Artikel dient der allgemeinen Information und stellt keine Rechtsberatung dar. Da sich Gesetze, Vorschriften und technische Regeln ändern können, übernehmen wir trotz sorgfältiger Recherche keine Gewähr für die Aktualität, Vollständigkeit oder rechtliche Verbindlichkeit der Angaben. Im Zweifel sollte immer eine qualifizierte Rechtsberatung eingeholt werden – etwa durch einen Fachanwalt/ eine Fachanwälting für Arbeitsrecht oder die zuständige Arbeitsschutzbehörde.