Hochschulen wollen mehr Geld: Studienplätze gefährdet

dpa/lsw Stuttgart. Planungssicherheit garantiert der Vertrag der Hochschulen mit dem Land. Doch er ist finanziell knapp bemessen und läuft Ende 2020 aus. Was kommt danach? Die Hochschulen befürchten das Schlimmste.

Bernhard Eitel (r) spricht während einer Pressekonferenz und sitzt neben Bastian Kaiser. Foto: Sebastian Gollnow

Bernhard Eitel (r) spricht während einer Pressekonferenz und sitzt neben Bastian Kaiser. Foto: Sebastian Gollnow

Angesichts gestiegener Studentenzahlen fordern die baden-württembergischen Hochschulen deutlich mehr Geld vom Land. Andernfalls sehen sie Lehre und Forschung und letztlich auch Studienplätze gefährdet. Der Vorsitzende der Landesrektorenkonferenz der Universitäten, Bernhard Eitel, sagte am Dienstag in Stuttgart: „Wir appellieren an das Land Baden-Württemberg, unsere internationale Wettbewerbsfähigkeit, die hohe Qualität in Forschung und Lehre nicht zu gefährden.“ Die Zukunftsfähigkeit des Landes müsse über die Hochschulen dauerhaft bewahrt werden.

Zu wenig Geld würde Eitel zufolge bedeuten, dass die Hochschulen möglicherweise große Drittmittelprojekte zurückgeben müssten, weil sie die Kofinanzierung nicht stemmen könnten. „Das würde elementar zu Lasten des wissenschaftlichen Nachwuchs gehen und würde langfristig das Land elementar in der Innovationskraft schädigen.“ Zudem warnte Eitel vor Auswirkungen auf die Lehre, wenn es nicht dauerhaft deutlich mehr Geld vom Land gebe: „Dies bedeutet auch, dass Studienplätze in größerem Umfang zur Streichung anstehen könnten.“

Derzeit wird über einen neuen Vertrag der staatlichen Hochschulen mit dem Land verhandelt, in dem es um die Grundfinanzierung geht. Die Verhandlungen sind schwierig, weil das Land bei der Aufstellung des Landesetats für 2020/2021 sparen will. Das Programm „Perspektive 2020“ garantiert den Hochschulen seit Januar 2015 bis Ende 2020 ein festes Budget. Die derzeitige Grundfinanzierung, also die verlässliche Finanzierungsbasis der Hochschulen, liegt nach Angaben des Wissenschaftsministeriums bei drei Milliarden Euro im Jahr. An Hochschulen im Südwesten studieren rund 360 000 Studenten.

Die Hochschulen fordern, die Grundausstattung aller Hochschulen um mindestens 1000 Euro pro Student und Jahr zu erhöhen. Weitere Forderungen: Bislang temporär gewährte Mittel sollen künftig dauerhaft in die Grundhaushalte der Hochschulen einfließen. Die Grundhaushalte sollten automatisch jährlich um drei Prozent steigen, um allgemeine Kostensteigerungen - etwa beim Personal - aufzufangen. Das Land soll Mittel des Bundes möglichst ohne Abzüge an die Hochschulen weiterreichen. Unterm Strich fordern die Hochschulen im Südwesten zusätzliche Mittel von etwa 450 Millionen Euro im Jahr.

Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) teilte mit, die Forderungen der Hochschulen seien im Grundsatz berechtigt. Gleichwohl sei man in die Haushaltsdisziplin des Landes eingebunden. „Selbst wenn wir nicht alle Wünsche der Hochschulen vollumfänglich abdecken können, stehen wir dafür ein, dass ein verlässliches Wachstum der Grundfinanzierung die notwendigen Bedarfe abdeckt und Handlungsspielräume für die nächsten Jahre sichert“, sagte Bauer.

Auch die CDU-Wissenschaftsexpertin Marion Gentges meinte: „Das deutschlandweit einmalige akademische Spitzenniveau der Hochschullandschaft in Baden-Württemberg muss gesichert und darf auch in Zeiten zurückgehender Haushaltsspielräume nicht gefährdet werden.“

Die Verfasste Studierendenschaft der Uni Hohenheim beklagte in einer Mitteilung, dass es bereits heute Veranstaltungen in überfüllten Hörsälen mit einer nicht mehr zeitgemäßen Wissensvermittlung gebe. Auf eine Professorenstelle in der Hohenheimer Fakultät Wirtschafts- und Sozialwissenschaften kämen durchschnittlich 115 Studenten.

Unterstützung bekamen die Hochschulen auch von den beiden Oppositionsparteien SPD und FDP sowie von der Wirtschaft. Der Vize-Präsident des Baden-Württembergischen Industrie- und Handelskammertages, Christian Erbe, erinnerte an die Rolle der Hochschulen bei der innovativen Weiterentwicklung des Wirtschaftsstandortes Baden-Württemberg. Der Präsident der Arbeitgeber Baden-Württemberg, Rainer Dulger, sagte: „Die Schere der Unterfinanzierung darf sich nicht noch weiter öffnen.“ Sie müsse vielmehr mit einem neuen Finanzierungsvertrag geschlossen werden.

Die Haushaltskommission der grün-schwarzen Landesregierung, in der Etatentscheidungen fallen, kommt am 13. September wieder zusammen.

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Erstellt:
27. August 2019, 15:13 Uhr

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