Anstieg der Fallzahlen scheint abzuflachen

dpa Berlin. Die Corona-Infektionszahlen gehen weiter nach oben. Aber nun gibt es erste Anzeichen, dass möglicherweise eine Trendumkehr bevorstehen könnte. Die Politik will weitere Krisenmaßnahmen auf den Weg bringen.

Bundeswehrsoldaten bei der Kontaktnachverfolgung im Gesundheitsamt in Karlsruhe. Foto: Marijan Murat/dpa

Bundeswehrsoldaten bei der Kontaktnachverfolgung im Gesundheitsamt in Karlsruhe. Foto: Marijan Murat/dpa

Kurz vor Ende der ersten Woche des Teil-Lockdowns im Kampf gegen das Coronavirus bleibt die Lage angespannt. Die Zahl der gemeldeten Neuinfektionen innerhalb eines Tages stieg auf den neuen Höchstwert von 19.990, wie das Robert Koch-Institut (RKI) am Donnerstag mitteilte.

Der Anstieg der Fallzahlen scheint sich aber etwas zu verlangsamen. Beim Auswerten der massenhaft ausgeweiteten Corona-Tests kommen Labore immer öfter nicht mehr hinterher - helfen soll auch eine stärkere Test-Konzentration. Bundestag und Bundesrat wollen an diesem Freitag über weitere Krisen-Regelungen beraten.

Den bislang höchsten Wert der neuen Infektionszahlen seit Beginn der Pandemie hatte das RKI am vergangenen Samstag mit 19.059 Fällen gemeldet. Ende September hatte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) in einem Rechenszenario erläutert, wie es zu Weihnachten 19.200 Neuinfektionen geben könnte. Nun ist dieser Wert sieben Wochen früher übertroffen. Es war der fünfte gemeldete Höchststand an einem Donnerstag in Folge. Am Donnerstag vor einer Woche betrug die Zahl 16.774, vor drei Wochen (15.10.) 6638 - was jeweils Höchststände für Deutschland waren. Vor vier Wochen (8.10.) hatte die Zahl der Neuinfektionen mit 4058 einen Höchstwert seit April, also für die zweite Infektionswelle, erreicht.

Um den rasanten Anstieg der Infektionen zu stoppen, greifen seit dieser Woche für den gesamten November erneut Schließungen etlicher Einrichtungen - Schulen, Kitas und Einzelhandel bleiben aber offen. Bis sich Effekte des Teil-Lockdowns im Infektionsgeschehen zeigen, dauert es wegen der Zeit von der Ansteckung bis zu Symptomen über Tests und Erfassung nach RKI-Angaben zwei bis drei Wochen.

Die RKI-Daten zeigen aber schon andere Entwicklungen - mit Anzeichen dafür, dass möglicherweise eine Trendumkehr bevorstehen könnte. Die Reproduktionszahl (R-Wert) lag in Deutschland laut RKI-Lagebericht vom Donnerstagabend bei 0,79 (Vortag: 0,81). Das heißt, dass zehn Infizierte im Mittel etwa acht weitere Menschen anstecken. Liegt der Wert für längere Zeit unter 1, flaut das Infektionsgeschehen ab. Der R-Wert bildet jeweils das Infektionsgeschehen etwa eineinhalb Wochen zuvor ab. Um in eine kontrollierbare Lage zu kommen, müsse die Reproduktionszahl längere Zeit deutlich unter 1 liegen, bei 0,7 oder noch niedriger.

Das RKI gibt auch ein sogenanntes Sieben-Tage-R an, der das Geschehen von vor 8 bis 16 Tagen zeigt. Dieser Wert bezieht sich auf einen längeren Zeitraum und unterliegt daher weniger tagesaktuellen Schwankungen. Nach RKI-Schätzungen von Donnerstag liegt er bei 0,93, also ebenfalls leicht unter 1.

Die Zahl erfasster Neuinfektionen je 100.000 Einwohner über sieben Tage lässt weiter auf ein zunehmendes Infektionsgeschehen schließen. Allerdings fiel der Anstieg verglichen mit dem Wert vom Vortag geringer aus als über die vergangenen zwei Wochen hinweg. Am Donnerstag waren es laut RKI 126,8 (Stand 5.11., 0.00 Uhr) und damit nur wenig mehr als am Vortag (125,8). Merkel hat als Ziel ausgegeben, wieder in eine Region von 50 Infektionen zu kommen. Dann könnten Gesundheitsämter Kontakte infizierter Menschen nachverfolgen.

Bei Tests gibt es inzwischen wachsende Probleme beim Auswerten. So meldeten laut RKI in der vergangenen Woche 69 Labore einen Rückstau von insgesamt 98.931 abzuarbeitenden Proben. Zwei Wochen zuvor waren es noch 52 Labore mit 20.799 Proben gewesen. Zuletzt machten 191 Labore rund 1,6 Millionen Untersuchungen pro Woche - ein Rekordwert.

Bundesrat und Bundestag beraten am Freitag parallel über weitere Corona-Gesetzespläne. Für Verdienstausfälle sollen teils neue Regeln kommen. So sollen Entschädigungsansprüche für Eltern bis März 2021 verlängert werden. Das Bundesgesundheitsministerium soll regeln können, dass auch Nichtversicherte Anspruch auf Schutzimpfungen und Testungen haben. Der Einsatz neuer Schnelltests soll erleichtert werden. Bei Bedarf sollen auch Kapazitäten tiermedizinischer Labore genutzt werden können. An die Gesetzespläne angefügt werden soll zudem eine genauere gesetzliche Grundlage für Corona-Beschränkungen, wie sie zuletzt von Bund und Ländern beschlossen worden waren.

© dpa-infocom, dpa:201105-99-216674/11

Zum Artikel

Erstellt:
5. November 2020, 07:04 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen