Der neue HSV: Hinten dicht und vorne Terodde

dpa/lno Hamburg. Der HSV ist nach dem 4:0 über Sandhausen erleichtert. Sein Spiel ist anders als sonst. Ist es deshalb erfolgreich? Trainer Thioune sieht die richtige Entwicklung.

Sandhausens Denis Linsmayer und Hamburgs Josha Vagnoman (l-r.) am Ball. Foto: Daniel Bockwoldt/dpa

Sandhausens Denis Linsmayer und Hamburgs Josha Vagnoman (l-r.) am Ball. Foto: Daniel Bockwoldt/dpa

Für Simon Terodde war es ein ganz normaler Arbeitstag. Anpfiff, zwei Tore, duschen. Wenn der Torjäger des Hamburger SV trifft, dann zumeist doppelt. So auch gegen den SV Sandhausen beim 4:0 am Dienstagabend. Zum sechsten Mal bescherte der 32 Jahre alte Mittelstürmer seinem Verein einen Doppelpack. Es war also wie häufig beim HSV - und doch ganz anders.

Dass der HSV künftig ein anderes Bild von sich präsentiert, so eines wie gegen Sandhausen, ist gut möglich. Wenig Angriffsfußball, viel Passivität, reichlich Abwehrkampf. „In den letzten Wochen hatten wir sehr viel Aufwand betrieben und wenig Ertrag“, analysiert Thioune die Phase von fünf sieglosen Spielen mit drei Niederlagen nacheinander. Jetzt die Wende. Ergebnis: Gegen die lange Zeit besseren Sandhäuser stand am Ende ein 4:0, obwohl seine Mannschaft „über weite Phasen das Spielgerät abgegeben“ habe, bekennt der Coach und umschreibt den Wandel mit „Willkommen in der 2. Liga.“

Vor einigen Wochen war diese Taktik noch undenkbar. Da sollte sich der HSV über Spielkultur und Technik definieren, den Gegner schwindlig spielen, ihn mit schnell wechselnden Taktiken und Formationen um den Verstand bringen. „Vielleicht muss man nicht immer den Ball haben, um erfolgreich Fußball zu spielen“, meint Thioune nun. „Dass man schöner Fußball spielen kann, weiß ich auch. Aber man kann vielleicht nicht erfolgreicher spielen.“

In diesem Paradigmenwechsel will der Coach nicht den Einzelnen herausstellen, sondern das Team als Ganzes stärken. Eben nicht nur Tormaschine Terodde, sondern auch jene, die nur schmucklose Abwehrarbeit verrichten oder zehn Minuten vor Abpfiff ins Spiel kommen. Der HSV, so Thiounes Botschaft, ist der gesamte Kader. Da geht es auch um den eingewechselten Bobby Wood, den im Spiel zuvor auf der Bank geparkten Amadou Onana oder den 20-jährigen Josha Vagnoman, der beim vierten Tor erfolgreich „seine Zöpfe reinhält“ (Thioune).

„Wir wollen uns weiterentwickeln, und das geht am besten über Siege“, sagt der 46 Jahre alte Trainer. Dass diese künftig immer auf so grausame Weise wie gegen Sandhausen errungen werden, möchte aber auch er nicht. „Wir müssen die Balance finden zwischen Verteidigen und aktiv Fußball spielen“, sagt Thioune. Letztlich aber wird nach Resultaten und Tabellenstand abgerechnet. Auch Thioune wird am Aufstieg gemessen. Vermutlich wird im Erfolgsfall niemand wissen wollen, ob die Bundesliga-Rückkehr glanzvoll erspielt oder unansehnlich erkämpft wurde. Was in der Eliteliga nötig ist, steht auf einem anderen Blatt.

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Erstellt:
15. Dezember 2020, 20:32 Uhr

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