Ian Schölzel bleibt in Weissach im Tal

Der Bürgermeister hat sich gegen den Karrieresprung und für den Verbleib in seiner „Herzensgemeinde“ entschieden.

Ian Schölzel bleibt Bürgermeister von Weissach im Tal. Foto: Gemeinde

© Janine Kyofsky

Ian Schölzel bleibt Bürgermeister von Weissach im Tal. Foto: Gemeinde

Von Melanie Maier

WEISSACH IM TAL. Am Dienstag, dem Tag, an dem eigentlich im Bietigheimer Stadtrat gewählt werden sollte, gab Ian Schölzel bekannt: Er hat sich nicht für die Wahl des Ersten Bürgermeisters in Bietigheim-Bissingen aufstellen lassen, obwohl er der einzige Kandidat war. Schölzel wird in Weissach bleiben. „Dass ich diese Möglichkeit ausschlage, kann auch als großer Liebesbeweis für meine Heimatgemeinde gesehen werden“, sagt er.

Bietigheim-Bissingen sei – neben Weissach im Tal – eine der wenigen Kommunen, in denen er sich hätte vorstellen können, kommunalpolitisch tätig zu sein, teilt Schölzel per E-Mail mit. Seitdem er die Aufstellung kommuniziert habe, sei sein Telefon nicht mehr stillgestanden, hätten die E-Mails ihn überhäuft. Alle mit derselben Bitte: Weissacher Bürgermeister zu bleiben. „Emotional ergreift mich das sehr, da für mich die hiesige Bürgermeisterstelle mehr ist als ein Job, sondern eine Berufung“, so Schölzel.

Ein weiterer Grund, der zu seiner Entscheidung beigetragen hat: die beiden Bürgermeisterwahlen in Auenwald und Allmersbach im Tal. „Hier im Weissacher Tal herrscht momentan auch sehr viel Umbruch, zwei erfahrene Kollegen gehen von Bord“, schreibt Schölzel. Er fühle sich gegenüber den interkommunalen Zweckverbänden in besonderer Verantwortung verpflichtet und als Stabilitätsanker gefragt.

„Wir haben wirklich um ihn gekämpft.“

Erleichterung herrscht derweil bei den Mitarbeitern der Gemeindeverwaltung. „Mir sind 1000 Steine vom Herzen gefallen“, so Hauptamtsleiterin Madelaine Fischer. Sie sei froh, dass ihr Chef bleibe. „Wir haben wirklich um ihn gekämpft“, berichtet sie. Dass Ian Schölzel seinen Entscheidungsfindungsprozess öffentlich machte und sich dafür vier Tage Zeit nahm, nimmt sie ihm nicht übel. „So ist er, das macht ihn aus“, erklärt sie. „Alles andere wäre nicht authentisch gewesen.“

Das sieht Luciano Longobucco ähnlich. Der Fraktionssprecher der Liste Weissacher Bürger (LWB) ist der Ansicht, es sei „zutiefst menschlich, auch einmal die Fühler auszustrecken.“ Er fand es „schön“, dass Schölzel seine Bewerbung transparent gemacht hat. „Das macht ihn ja auch aus“, sagt er. „Bei ihm weiß man, woran man ist.“ Er freue sich sehr darüber, dass Schölzel sich entschieden habe zu bleiben, so Longobucco weiter: „Wir können froh sein als Gemeinde.“ Überrascht war er von der Entscheidung weniger. „Insbesondere nachdem wir ihm im Gemeinderat so den Rücken gestärkt haben, war ich ganz guter Dinge“, sagt er und betont: „Wenn man von den Bürgern und im Gemeinderat – über alle Fraktionsgrenzen hinweg – so einen Zuspruch bekommt: Wieso soll man da weg?“

Etwas anders erging es Wilhelm König (UBL). „Ich hatte zwischendurch schon meine Zweifel“, sagt er am Telefon. Vor allem, als Schölzel sich am Montag noch nicht entschieden hatte, befürchtete er, dass sich der Rathauschef doch zum Weggang entschließen könnte. Nun sei er „freudig überrascht, dass er doch bleibt“. Vielleicht habe Schölzel nach der Wahl in Auenwald, bei der sich der bisherige Rathauschef Karl Ostfalk im ersten Wahlgang nicht die absolute Mehrheit sichern konnte, schauen wollen, ob er als Bürgermeister noch den Rückhalt habe, mutmaßt König. Die vergangenen Tage, meint er, „haben dafür gesorgt, dass man in der Gemeinde einmal neu darüber nachgedacht hat, was man an so einem Menschen eigentlich hat“. Er blicke mit Achtung auf die vergangenen 14 Jahre und optimistisch in die Zukunft.

Auch Jörg Schaal (CDU/FWV) war sich nicht sicher, für was Schölzel sich entscheiden würde. „Wenn er gegangen wäre, wäre es sowohl für die Gemeinde Weissach als auch für das Weissacher Tal ein Verlust gewesen“, sagt er. Er persönlich könne es nachvollziehen, wie sich Schölzel in den vergangenen Tagen schwergetan habe mit der Entscheidung.

Gemeinderätin Irmgard Hestler (SPD) hätte es ebenfalls verstanden, wenn Schölzel sich für Bietigheim-Bissingen entschieden hätte: „Es wäre schon ein Schritt auf der Karriereleiter gewesen.“ Sie sei immer davon ausgegangen, dass Schölzel als junger Bürgermeister nicht so lange in Weissach bleiben würde. Vielleicht sei aber auch ein Aufstieg vor Ort möglich, meint sie. Hestler würde Schölzel gerne als Oberbürgermeister einer zukünftigen Stadt Weissacher Tal sehen.

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Erstellt:
31. März 2021, 06:00 Uhr

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