IBA 2027: Jetzt haben die Bürger das Wort

Stadt startet „Dialogherbst“ mit vier Workshops zur Zukunft des Quartiers West – Erste Gebäude sollen schon 2023 fertig sein

Im Backnanger Rathaus rechnet man sich gute Chancen aus, mit dem Quartier West zu einem Vorzeigeprojekt bei der Internationalen Bauausstellung (IBA) 2027 zu werden. Bei der Frage, was auf dem 15 Hektar großen Gelände passieren soll, dürfen auch die Bürger mitreden. Deshalb lädt die Stadt zu einem „Dialogherbst“ mit vier Workshops ein.

Eine Führung durch das Quartier West stieß im Juli auf große Resonanz. Sie führte unter anderem in die ehemalige Maschinenhalle der Lederwerke Backnang, in der heute die Schleuderbrettgruppe „Die Rondos“ trainiert. Foto: J. Fiedler

© Jörg Fiedler

Eine Führung durch das Quartier West stieß im Juli auf große Resonanz. Sie führte unter anderem in die ehemalige Maschinenhalle der Lederwerke Backnang, in der heute die Schleuderbrettgruppe „Die Rondos“ trainiert. Foto: J. Fiedler

Von Kornelius Fritz

BACKNANG. Die Entscheidung, ob das Gebiet im Westen der Stadt in acht Jahren zu den zentralen Quartieren bei der Internationalen Bauausstellung in der Region Stuttgart gehört, fällt das IBA-Kuratorium zwar erst in einigen Monaten, doch so lange will man im Backnanger Rathaus nicht warten. „Wir gehen davon aus, dass wir es schaffen können“, gibt sich Baudezernent Stefan Setzer optimistisch. Die Signale aus Stuttgart seien positiv. Deshalb bereitet die Stadt schon jetzt ein sogenanntes Masterplan-Verfahren vor: In einem internationalen Wettbewerb sollen nächstes Jahr Stadtplaner aus aller Welt Konzepte für das
15 Hektar große Gelände zwischen Friedrichstraße und Murrtalviadukt entwickeln. Selbst wenn die IBA-Träume noch platzen sollten, wäre diese Arbeit aber nicht für die Katz, erklärt Tobias Großmann, Leiter des Stadtplanungsamts: „Einen Masterplan brauchen wir für dieses Gebiet auf jeden Fall.“

Bevor sich die Stadtplaner an die Arbeit machen, haben jetzt aber erst mal die Bürger das Wort. Im sogenannten „Dialogherbst“ sollen sie ihre Ideen und Wünsche für das neue Quartier einbringen. Transparenz ist der Stadtverwaltung wichtig: „Es soll nicht der Eindruck entstehen, dass wir irgendwas im stillen Kämmerlein machen“, erklärt Stefan Setzer. Im Juli fand bereits ein öffentlicher Rundgang statt: Rund 100 Interessierte nutzten damals die Chance, um sich über das einstige Industriegelände führen zu lassen, zu dem neben dem Kaelble-Areal auch die ehemaligen Lederfabriken der Familien Räuchle und Kaess gehören. Nun folgen vier Workshops mit unterschiedlichen Themenschwerpunkten (siehe Infobox). Parallel zum Bürgerdialog beschäftigen sich auch Fachleute in Expertenworkshops mit denselben Fragen. Die Ergebnisse aus beiden Formaten sollen in die Ausschreibung für den städtebaulichen Wettbewerb einfließen: „Die Büros müssen ja wissen, was sie planen sollen“, erklärt Setzer.

Diskussion über neue Wohnkonzepte

Auch wenn die Themen der Workshops zum Teil etwas akademisch klingen, soll es dort um ganz konkrete Fragestellungen gehen. Zum Auftakt etwa darum, wie dicht in Backnang gebaut werden soll oder was die Bürger von einem Hochhaus halten. Bei den weiteren Treffen geht es auch um ganz neue und innovative Ideen und Konzepte. Setzer denkt etwa an das sogenannte Cluster-Wohnen, also Wohnungen, bei denen sich mehrere Bewohner bestimmte Räume, etwa die Küche oder das Esszimmer, teilen – „sozusagen die Weiterführung des Studentenwohnheims“. Solche Modelle, die etwa in der Schweiz bereits praktiziert werden, machen Wohnen nicht nur günstiger, sondern wirken auch der Anonymität und Vereinsamung in den Städten entgegen. Wäre das auch was für Backnang?

Kontroverse Diskussionen seien ausdrücklich erwünscht, erklärt Stefan Setzer. Professionelle Moderatoren werden dafür sorgen, dass alles in geordneten Bahnen verläuft. Die Organisatoren rechnen mit etwa 20 bis 50 Teilnehmern pro Workshop. „Gerne hätten wir auch jüngere Leute dabei“, erklärt Tobias Großmann. Schließlich geht es um die Zukunft ihrer Stadt: Die Gebäude, die jetzt geplant werden, werden das Stadtbild über Jahrzehnte mit prägen.

Zwar sind die Ergebnisse aus dem Bürgerdialog nicht unbedingt repräsentativ für die Backnanger Gesamtbevölkerung, „aber man spürt schon Stimmungsbilder und Tendenzen“, sagt Setzer. Das mache auch den Stadträten die Entscheidung leichter. Denn die haben wie immer das letzte Wort. Und am Ende müssen natürlich auch die Grundstückseigentümer mitspielen, denen der größte Teil des Geländes gehört. Einer davon ist bekanntlich Riva-Chef Hermann Püttmer, der in der Vergangenheit eher auf Konfrontation als auf Kooperation gesetzt hat. Setzer und Großmann glauben aber, dass auch er inzwischen die Chancen der Internationalen Bauausstellung erkannt hat. „Eine IBA hat eine enorme Strahlkraft“, sagt der Baudezernent. So könne man Stadtplaner und Architekten mit internationalem Renommee nach Backnang locken, die sich sonst kaum für die Stadt interessiert hätten. Und durch die zeitlichen Vorgaben sei auch eine rasche Umsetzung garantiert. Schon 2023 ist ein erstes IBA-Festival geplant: „Bis dahin“, so Setzer, „wollen wir schon etwas zeigen können.“

Info
Vier Workshops für die Bürger

Im Rahmen des Bürgerdialogs sind vier Workshops geplant. Der erste findet am Mittwoch, 25. September, statt und beschäftigt sich mit der Frage, welche Nutzungen sich die Bürger in dem neuen Quartier wünschen, welche Mischung angestrebt wird und wie dicht dort gebaut werden soll.

Um neue Wohnformen und Nachbarschaftsmodelle geht es im zweiten Workshop, der am Dienstag, 15. Oktober, stattfindet.

Die Frage, wie der öffentliche Raum in dem neuen Stadtviertel gestaltet wird und welche Rolle die Murr dort künftig spielen soll, steht im Mittelpunkt des dritten Workshops am Dienstag, 12. November. Außerdem geht es an diesem Abend um das künftige Mobilitätskonzept.

Innovative Bautechniken und nachhaltige Energiekonzepte sind das Thema des vierten Workshops, der am Dienstag, 3. Dezember, stattfindet.

Die Workshops finden im Technikforum Backnang, Wilhelmstraße 32, statt und dauern jeweils von 17 bis 21 Uhr. Alle Bürger sind dazu eingeladen. Um besser planen zu können, bittet die Stadtverwaltung um Anmeldung unter www.backnang.de oder telefonisch unter 07191/894-263. Interessenten haben die Wahl, ob sie sich nur bei einem, bei mehreren oder sogar bei allen vier Workshops beteiligen.

Die Ergebnisse der Bürgerbeteiligung werden bei einer Abschlussveranstaltung am Dienstag, 14. Januar 2020, im Technikforum präsentiert.

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Erstellt:
11. September 2019, 06:00 Uhr

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