„Ich übernehme gerne Verantwortung“

Stefanie Böhm, neue Leiterin des Sozialdezernats beim Landkreis, besticht durch ihre unschlagbar positive Lebenseinstellung

Geht nicht gibt’s nicht. Stefanie Böhm ist der beste Beweis dafür. Die 38-Jährige hat zunächst „nur“ mittlere Reife gemacht und „nur“ die Ausbildung zum mittleren Dienst absolviert. Heute ist sie Sozialdezernentin im Landratsamt und verantwortlich für den größten Teilhaushalt im Kreisetat. Ihren Weg verdankt sie nicht zuletzt ihrer unschlagbar positiven Lebenseinstellung: „Wenn man die Sachen, die man tut, gern macht, fällt es einem auch leicht.“

In Kirchberg aufgewachsen und in Waiblingen groß geworden: Stefanie Böhm, neue Leiterin des Sozialdezernats im Landratsamt. Foto: A. Becher

© Pressefotografie Alexander Beche

In Kirchberg aufgewachsen und in Waiblingen groß geworden: Stefanie Böhm, neue Leiterin des Sozialdezernats im Landratsamt. Foto: A. Becher

Von Armin Fechter

WAIBLINGEN. Trotz ihrer geradezu atemberaubenden Karriere ist Stefanie Böhm bodenständig geblieben: „Ich lauf nicht mit Krönchen rum, nur weil ich Dezernentin bin“, sagt sie mit einem Schmunzeln. In ihrer täglichen Arbeit und im Umgang mit Kollegen und Mitarbeitern war sie stets, wie sie selbst es formuliert, ein Teamplayer – umgänglich, ansprechbar, aufmerksam. Und das schätzen die Leute in ihrer Umgebung.

In der Verwaltung gelandet ist Stefanie Böhm eher zufällig: Wer weiß schon mit 15, 16 Jahren, was der richtige Beruf fürs Leben ist, gibt sie zu bedenken. Die heutige Beamtin ist in Marbach am Neckar geboren und in Kirchberg an der Murr aufgewachsen. Ihr Vater war Kfz-Mechaniker und hatte einen eigenen Betrieb, ihre Mutter war Verwaltungsangestellte. Die kleine Stefanie war das vierte und jüngste Kind der Familie, das vierte Mädchen.

Erste große Etappe im Werdegang der Diplom-Verwaltungswirtin war die mittlere Reife 1987 an der Max-Eyth-Realschule in Backnang. Daran schloss sich ein Berufskolleg an der kaufmännischen Berufsschule an, das zur Fachhochschulreife führte. Weiter ging es mit der Ausbildung für den mittleren Dienst bei der Stadt Backnang. In dieser Zeit fand Böhm Gefallen an Verwaltungsarbeit.

Die Praktikantin formuliert den Weihnachtsbrief für den OB

Schon da war für die junge Frau aber auch klar, dass sie es nicht bei einer Tätigkeit im mittleren Dienst belassen, sondern den gehobenen Dienst ansteuern wollte. Dazu trat sie ein Studium an der Fachhochschule für Verwaltung in Ludwigsburg an, das insgesamt vier Jahre umfasste und bei dem Praktika und Unterrichtszeiten abwechselten. Im dritten Jahr kam sie als Praktikantin für drei Monate zur Stadt Backnang, wo sie als persönliche Referentin für Oberbürgermeister Frank Nopper einspringen musste und unter anderem damit betraut wurde, den Weihnachtsbrief an die Auslandsbacknanger zu formulieren.

Während der verschiedenen Einsätze, unter anderem im Kreisjugendamt und bei der Stadt Fellbach, kristallisierte sich immer mehr heraus, dass Böhms Interesse besonders den sozialen Themen galt. Das schlug sich auch in ihrer Diplomarbeit nieder, die sich mit ordnungsrechtlichen Maßnahmen und Hilfen für Menschen in Messie-Verhältnissen befasste.

Als das Studium im September 2004 zu Ende ging, waren geeignete Stellen rar – anders als heute in Zeiten des Fachkräftemangels, der auch die öffentlichen Verwaltungen erfasst hat. Böhm hatte Glück: Sie ergatterte eine Stelle im Jobcenter in Pforzheim. Zwei Tage bevor sie die Tätigkeit antreten sollte, kam ein Anruf vom damaligen Leiter des Kreissozialamts Harald Deiß. Er bot ihr eine Stelle im Landratsamt an. Dort herrschte Land unter, nachdem die Großen Kreisstädte die Aufgabe der Sozialhilfe an den Landkreis zurückgegeben hatten: Aktenberge stapelten sich im Kreishaus am Alten Postplatz, möglichst rasch sollte alles gesichtet und aufgearbeitet werden.

Von dort weg kam Böhm wenig später zur Sachbearbeitung, erhielt eine Beamtenstelle und wurde in der Folgezeit immer wieder für Sonderthemen geholt. Ihre erste Führungsaufgabe übernahm sie 2010, als im Sozialamt eine Leitung für die Stabsstelle Finanzen/Haushalt/EDV gesucht wurde. Anfangs hatte sie zwar noch gezögert. Aber während sie hospitierte, wuchs die Lust, Verantwortung in dem zehnköpfigen Team zu übernehmen. Im Rückblick sagt Böhm, dieser Schritt sei genau der richtige für sie gewesen.

Fünf Jahre später stand mit den Folgen der Flüchtlingskrise eine neue große Herausforderung für die Kreisverwaltung ins Haus. Böhm – „ich übernehme gerne Verantwortung“ – fackelte nicht lang. Sie stellte sich den zusätzlichen Aufgaben, wurde Leiterin des Fachbereichs Flüchtlinge mit 70 Mitarbeitern und bewies Engagement, Leistungsvermögen und Führungsqualitäten. „Diese Zeit hat mich sehr geprägt, wir haben im Krisenmodus gearbeitet“, sagte sie später einmal im Kreistag. Die Kreisräte wählten sie dann auch zur Leiterin des Sozialamts ab dem 1. Mai 2016.

Derweil bahnte sich bereits eine neue Herausforderung an. Sozialdezernentin Petra Bittinger kehrte dem Landkreis im Herbst 2017 den Rücken. Die Neubesetzung der Stelle scheiterte, als die bereits gewählte Nachfolgerin einen Rückzieher machte. „Ich hatte mich nicht beworben, mir war’s nicht langweilig“, erinnert sich Böhm an die Situation, in der guter Rat teuer schien. Eine Übergangslösung wurde gefunden, indem der Landrat selbst, der Erste Landesbeamte und die Amtsleiter sich die Aufgaben der Dezernatsleitung teilten. Wenig später bekam Stefanie Böhm peu à peu zusätzliche Funktionen übertragen, bis sie im Mai 2018 kommissarisch mit der Dezernatsleitung betraut wurde. Ein Jahr später, im Mai dieses Jahres, folgte die Bestätigung durch die Wahl im Kreistag.

Personalentwicklung im eigenen Haus gewinnt an Bedeutung

Stefanie Böhm steht damit auch exemplarisch für die Personalentwicklung im eigenen Haus, die Landrat Richard Sigel forciert hat und die auch eine Qualitätsinitiative Führung umfasst. Die Förderung eigener Kräfte habe große Bedeutung gewonnen, ist sich Böhm sicher – und auch im Kreistag setze man darauf.

Als Dezernentin hat die mit ihrem Ehemann in Bittenfeld lebende Böhm einen Sack voll Aufgaben zu bewältigen. Das reicht von strategischen Überlegungen für den Landkreis und Themen, die gemeinsam mit dem Landrat, den Amtsleitern und dem Kreistag auf den Weg gebracht werden, bis hin zur Unterstützung für die einzelnen Amtsleiter im Dezernat. Dieses umfasst die Bereiche Soziales, Jugend und Bildung. Zudem ist sie derzeit nach wie vor Sozialamtsleiterin: „Ich habe zwei Hüte auf“, lacht Böhm. Die Stelle soll aber im Sommer ausgeschrieben werden, damit sich Böhm auf die Dezernatsleitung konzentrieren kann. Mit gutem Grund, denn die kommenden Jahre bringen viele Aufgaben: Da sind beispielsweise die gesetzlichen Neuerungen, die auf Landkreisebene umgesetzt werden müssen, etwa das Bundesteilhabegesetz oder Reformen im Sozialgesetzbuch. Auch die Digitalisierung gilt es zu bewältigen, da geht es etwa um die Frage, wie mit alten Akten verfahren werden soll. Und schließlich laufen auch die Planungen für den Neubau eines Verwaltungstrakts über dem Parkhaus, in den der Bereich Soziales einziehen soll. Da geht es unter anderem um Konzepte für die künftigen Büros.

Eine Dezernentin hat aber auch Vorbildfunktion, weiß Böhm. Sie hat sich deshalb entschlossen, im Interesse des Klimaschutzes mit gutem Beispiel voranzugehen und künftig mit dem Bus zur Arbeit zu kommen. Das Auto darf daheim stehen bleiben. Sollten dienstliche Fahrten notwendig werden, die sie bisher mit ihrem Privat-Pkw erledigt hat, will sie auf den kreiseigenen Fuhrpark zurückgreifen – und der soll ja klimafreundlich ausgebaut werden.

Neben dem Beruf betreibt Stefanie Böhm aktiv Volleyball: „Ich liebe den Mannschaftssport.“ Seit 2004 spielt sie als Kapitänin in der ersten Frauenmannschaft der SVG Kirchberg/Murr und leitet seit 2011 zudem die Volleyballabteilung. „Die Vereinsarbeit ist wichtig für unsere Gesellschaft, und es ist wichtig, dass die Kommunen solche Angebote haben“, sagt sie auch mit Blick darauf, dass im Verein ganz unterschiedliche Personen zusammenkommen und an einem gemeinsamen Ziel arbeiten. Stefanie Böhm – auch im Sport ein Teamplayer.

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Erstellt:
17. Juni 2019, 16:00 Uhr

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