Ideen für ein Weissacher Vielfaltspuzzle
Klimaschutzverein möchte mit 30000-Euro-Förderung neue Projekte aufbauen – Fäden laufen künftig bei Petra Pröger zusammen
Das Engagement des Weissacher Vereins Klimaschutz konkret für ein besseres soziales Miteinander hat einen gewaltigen Schub bekommen: Dank einer Förderung in Höhe von 30000 Euro ist es möglich, befristet auf ein Jahr eine 20-Prozent-Stelle zu schaffen. Bei Petra Pröger sollen künftig die organisatorischen Fäden zusammenlaufen, wenn an neuen Angeboten gebastelt wird.

© Jörg Fiedler
Wollen wie in einem Puzzle viele einzelne Teile zusammenfügen und mit unkonventionellen Ideen und Projekten das soziale Miteinander in der Gemeinde stärken (von links): Sabine Löchelt, Petra Pröger und Silke Müller-Zimmermann. Foto: J. Fiedler
Von Armin Fechter
WEISSACH IM TAL. Seit nunmehr fast vier Jahren setzt sich der Verein Klimaschutz konkret, der vor allem durch sein Bazärle bekannt ist, für ein besseres Klima ein. In zweifachem Sinn: Zum einen will er mit vielfältigen Aktivitäten dazu beitragen, dass der Ausstoß an klimaschädlichem CO2 zurückgeht. Er knüpft damit an das vorangegangene Klimaschutzprojekt Klik „Klimafreundlich konkret – im Alltag CO2 einsparen“ an, das den persönlichen CO2-Verbrauch und damit den ökologischen Fußabdruck des Einzelnen im Auge hatte. Zum anderen geht es auch um ein besseres Klima im sozialen Zusammenleben. So hat sich der Verein besonders in der Flüchtlingsarbeit engagiert, eine Anlaufstelle eingerichtet, Beratung organisiert und den Verkauf von Secondhandwaren betrieben.
Jüngstes Highlight in der noch jungen Vereinsgeschichte ist die Aufnahme in das Programm „Vielfalt gefällt – Orte des Miteinanders“, die mit einem Zuschuss über 30000 Euro verbunden ist. Die Weissacher Initiative ist dabei eine von nur sechs Gruppierungen aus dem Land, die zum Zug gekommen sind. Ausgeschrieben wurde die Förderung für zivilgesellschaftliche Gruppen von der Baden-Württemberg-Stiftung in Kooperation mit der Allianz für Beteiligung. Deren Ziel ist es, Bürgerbeteiligung und Zivilgesellschaft zu stärken. Politik, Verwaltung und Wirtschaft sollen ein Bewusstsein dafür entwickeln, dass gesellschaftliche Herausforderungen mit Beteiligung der Bürgerschaft besser zu meistern sind.
Die einzelnen Teile greifen ineinander und bilden ein Ganzes
Genau an diesem Punkt konnte der Bazärle-Verein andocken. Mit seinen unkonventionellen Ideen und außergewöhnlichen Aktionen will er Menschen zusammenbringen, Begegnungen ermöglichen und sich dort engagieren, wo die vorhandenen öffentlichen Systeme nicht ausreichen. Gleichzeitig geht es darum, Mitstreiter zu gewinnen, die sich mit ihrem jeweils eigenen Talent einbringen – einem Puzzle ähnlich, bei dem die einzelnen Teile mit ihren Ärmchen ineinandergreifen und zusammen ein großes Ganzes bilden. Aus diesem Bild haben die Beteiligten auch den Namen abgeleitet, den sie sich mit ihrem Programm gegeben haben: „Die Vielfaltspuzzler*innen (für ein prima Klima)“.
Viele Ideen liegen bereits auf dem Tisch, weitere können oder sollen noch entwickelt werden – je nachdem, was an Vorschlägen kommt. Parallel gilt es, die praktische Umsetzbarkeit auszuloten und alles dann in Gang zu setzen. Das erfordert Organisationstalent in Verbindung mit Erreichbarkeit und Präsenz. Ehrenamtlich lässt sich das alles nicht leisten, wie Silke Müller-Zimmermann und Sabine Löchelt, die Erste und die Zweite Vorsitzende des Klimaschutzvereins, erklären. Sie setzen deshalb auf eine gewisse Professionalisierung, die der Zuschuss ermöglicht.
Die 54-jährige Weissacherin Petra Pröger ist diejenige, bei der künftig die Fäden zusammenlaufen sollen. Sie kennt die Arbeit im Bazärle schon seit Längerem. Anfangs hat sie sporadisch mitgeholfen. Inzwischen ist sie eine wichtige Stütze geworden. Für ihre Tätigkeit im Rahmen einer 20-Prozent-Stelle soll sie nun ein eigenes Büro bekommen.
Die gelernte Hotelfachfrau, die nach der Familiengründung auch eine Zeit lang in der Kosmetikbranche selbstständig tätig war, hat mit 50 das Nähen für sich als Passion entdeckt. Ein glücklicher Zufall für das Bazärle, denn mit dem Auszug aus dem ehemaligen Schlecker-Markt in Unterweissach und dem Umzug in Räume der Christuskirche in Cottenweiler ist das zunächst florierende Secondhandgeschäft fast zum Erliegen gekommen. Dafür ist das Upcycling, das von Anfang an ebenfalls betrieben wurde, stark in den Vordergrund gerückt.
Beim Upcycling werden ausrangierte Textilien für einen neuen Verwendungszweck umgestaltet, genäht und aufgepeppt. Aus ausgedienten Krawatten wurden so schon Smartphone-Taschen, aus T-Shirts Einkaufstaschen und aus Fahnen Rucksackbeutel. Verschiedene Auftraggeber sind aufs Bazärle zugekommen. Der Musikverein Unterweissach konnte beispielsweise einmal Mäppchen als Weihnachtsgeschenke brauchen. Jüngstes Projekt sind Katheterbeutel für krebskranke Kinder, die sich einer Chemotherapie unterziehen müssen. Die Behältnisse werden auf der Brust getragen und bringen ein wenig Farbe in den grauen Alltag. 300 solche Täschchen sollen fabriziert werden.
Für ihr Weissacher Vielfaltspuzzle, das sie mit dem Zuschuss in Angriff nehmen wollen, haben die Verantwortlichen bereits etliche Projekte im Blick. So könnte unter dem Stichwort „Happy Sharing“ ein spezieller Bringservice ausprobiert und vielleicht etabliert werden. Die Idee: Am Brunnen jedes Teilorts werden einmal in der Woche Lebensmittel ressourcenschonend weitergegeben – ein Angebot für Menschen, die nicht so mobil sind und nicht schwer tragen können, aber auch für Leute, die Überschüsse an Gurken oder Zucchini aus dem heimischen Garten anbringen wollen. Zudem könnten regionale Produkte wie Eier oder Honig an den Mann gebracht werden, und schließlich ließe sich die Schiene verpackungsfreie Ware testen, etwa mit einem großen Sack Reis, aus dem jeder seine (kleine) Menge bekommt.
Ein anderes Projekt könnte unter dem Stichwort „Happy Taxi“ lanciert werden. Dabei würden Ältere, Behinderte, Einkommensschwache und Bedürftige vor Ort eingesammelt und zu Veranstaltungen in der Gemeinde befördert. Angedacht ist dabei eine Zusammenarbeit mit dem Seniorenrat, der seinerseits einen Bürgerbus installiert wissen möchte.
Auch an eine Neuauflage des Globalen Löffels ist gedacht. Das monatliche Mittagstischangebot für alle, die gerne einmal außerhalb und/oder in Gemeinschaft essen wollten, wurde Ende vergangenen Jahres eingestellt. Unter dem Motto „Happy Eating“ könnte es jetzt wieder aufleben als wöchentliches gutes Essen. Dabei soll es nicht nur um die Mahlzeit als solche gehen, sondern auch um die Begegnung zwischen Jung und Alt – auch als Antwort darauf, dass sich viele Senioren ihr Essen ins Haus holen und dann allein speisen und dass in vielen Familien das Treffen am Mittagstisch aus vielerlei Gründen immer weniger stattfindet.
Offen für Vorschläge
aus der Bevölkerung
Dabei ist momentan noch völlig offen, was letztendlich realisiert wird. „Wir müssen nicht ein Programm abarbeiten“, unterstreichen die Vielfaltspuzzlerinnen. Sie wollen vielmehr auch Vorschläge aus der Bevölkerung für ein besseres soziales Miteinander aufgreifen. Silke Müller-Zimmermann ist zuversichtlich, dass sich dann helfende Hände finden werden. Fest steht aber auch: Es gibt nach der auf ein Jahr befristeten Zuwendung keine Anschlussförderung, sprich, die Gelder ermöglichen es zwar, Projekte anzustoßen und Vorhaben in Gang zu bringen. Später müssen sich diese Programme aber von selbst weiterentwickeln.
Kontakt: Im Bazärle in der Schillerstraße 9 in Cottenweiler zu den Öffnungszeiten (Montag 9 bis 12 Uhr, Dienstag 10 bis 13 Uhr, Mittwoch 11 bis 14 Uhr, Donnerstag 12 bis 15 Uhr und Freitag 13 bis 16 Uhr), E-Mail smuezi@gmx.de oder 0176/55529374.