IHK-Umfrage: Was bewegt die Unternehmen im Rems-Murr-Kreis?

Eine Umfrage der IHK-Bezirkskammer Rems-Murr beleuchtet den Kreis als Standort für Unternehmen. Diese bemängeln nicht nur die digitale Infrastruktur, sondern auch die Bürokratie und die hohen Immobilien- und Energiepreise. Positiv tun sich Kundennähe und -treue hervor.

In vielen Unternehmen wird Gas nicht nur zum Heizen, sondern auch in der Produktion benötigt. Dadurch sind die aktuellen Gas- und Energiepreise mit zu einem Hauptproblem der Unternehmen im Kreis geworden. Symbolfoto: Unsplash/Bakhrom Tursunov

© Bakhrom Tursunov on Unsplash

In vielen Unternehmen wird Gas nicht nur zum Heizen, sondern auch in der Produktion benötigt. Dadurch sind die aktuellen Gas- und Energiepreise mit zu einem Hauptproblem der Unternehmen im Kreis geworden. Symbolfoto: Unsplash/Bakhrom Tursunov

Von Kristin Doberer

Rems-Murr. Fachkräftemangel, Lieferkettenprobleme, immer weiter steigende Strom- und Energiepreise, Krieg am Rande Europas – aktuell prasseln gleich mehrere Krisen auf die Unternehmerinnen und Unternehmer im Rems-Murr-Kreis ein. „Trotz und gerade wegen der Krisen wollen wir erfahren, ob es Trends oder neue Entwicklungen gibt“, sagt Claus Paal, Präsident der IHK-Bezirkskammer Rems-Murr, bei der Vorstellung einer Umfrage unter den regionalen Unternehmen. Ziel war es, herauszufinden, wie zufrieden die Unternehmen mit dem Standort Rems-Murr-Kreis sind und wo die Stärken und Schwächen des Kreises als Unternehmensstandort liegen. Durchgeführt hat die IHK die Umfrage zwischen dem 27. Juni und dem 15. Juli.

Von den rund 1500 angeschrieben Unternehmen haben sich letztlich 310 an der Umfrage beteiligt. „Eine 20-prozentige Beteiligung ist sehr gut“, freut sich Paal. Das zeige, dass die in der Umfrage angesprochenen Themen die Unternehmen tatsächlich gerade bewegen. Beteiligt haben sich Unternehmen aus verschiedensten Branchen. Knapp ein Viertel der Betriebe gehört zur Industriebranche, etwa 17 Prozent zum Handel, etwa zehn Prozent zum Handwerk. Zuletzt wurden die Unternehmen zum Standort Rems-Murr-Kreis im Jahr 2016 befragt. Bei den zwei wichtigsten Faktoren für den Unternehmensstandort hat sich seitdem nichts geändert, die Breitbandanbindung und ein gutes Mobilfunknetz stehen auch jetzt wieder ganz oben. Auf Platz drei gab es allerdings eine Neuheit: Wo 2016 noch die Arbeitskosten den drittwichtigsten Faktor ausmachten, ist es nun die Versorgungssicherheit mit Energie.

Mit der digitalen Infrastruktur sind die Unternehmen noch unzufrieden

Bei diesen wichtigsten Faktoren hält sich die Zufriedenheit der befragten Unternehmen allerdings in Grenzen. So sind beim Thema Breitband nur knapp über 43 Prozent zufrieden oder eher zufrieden, bei der Qualität des Mobilfunknetzes sind es noch weniger (siehe Grafik). „Wir sind froh, dass der Landkreis daran schon arbeitet, aber die digitale Autobahn ist auf jeden Fall noch ausbaufähig“, sagt Paal. Und obwohl von den Unternehmen auch die Verkehrsinfrastruktur noch als mangelhaft eingestuft wird – schließlich gebe es bis heute keine Pläne für eine gute Autobahnanbindung – sei die digitale Infrastruktur mittlerweile deutlich wichtiger geworden.

Die Energiekrise hat sich im Juli schon angedeutet

Dagegen sieht die Zufriedenheit mit der Energieversorgung sogar noch recht gut aus (13 Prozent sind sehr zufrieden, 43 Prozent eher zufrieden), allerdings gilt zu beachten, dass die Umfrage bereits im Juli gemacht wurde. „Die Energiekrise hat sich da schon angedeutet, auch da war der Gasspeicherstand schon täglich im Gespräch“, meint Paal zwar. Trotzdem vermutet er, dass die Unternehmen bei der sich zuspitzenden Lage bei diesem Faktor jetzt etwas negativer gestimmt wären. „Die Situation ist extrem ernst, viele Unternehmer haben Existenzängste“, berichtet Paal. Die IHK selbst sei schon vorbereitet, um Unternehmen in Sachen Energie und Gas zu beraten, sobald in Berlin endlich eine Entscheidung zur eventuellen Gaspreisbremse getroffen wird und Hilfen für Unternehmen in die Wege geleitet werden. „Wir fordern endlich Klarheit. Der Herbst ist schon da und in Berlin wird immer noch gestritten. Die Unternehmen brauchen Planungssicherheit“, meint Paal.

Die Zufriedenheit der Unternehmen mit den wichtigsten Standortfaktoren (vom wichtigsten Faktor absteigend). Die Umfrage endete im Juli. Grafik: BKZ

Die Zufriedenheit der Unternehmen mit den wichtigsten Standortfaktoren (vom wichtigsten Faktor absteigend). Die Umfrage endete im Juli. Grafik: BKZ

Als große Hinderungsfaktoren für die Entwicklung werden besonders zwei Punkte genannt: zum einen die hohen Immobilienpreise. Laut der Umfrage seien nicht nur die Gewerbeflächen sehr teuer, auch Verfügbarkeit und Mietpreis von Wohnraum für die Angestellten seien ein großes Risiko für den Standort. Zum anderen wurde aber auch die Bürokratie stark kritisiert. Genehmigungsverfahren und behördliche Entscheidungen müssten deutlich schneller werden. „Wir fordern seit Jahren, dass Verfahren unbürokratischer werden“, sagt Paal. Das liege nicht immer nur an Bundes- und Landesvorgaben, auch in den Kommunen und im Landratsamt müssten bürokratische Hürden abgebaut werden. Als Beispiel nennt er ein Unternehmen, das auf Heizöl umsteigen wollte, um Gas zu sparen. Auf die dafür benötigte Genehmigung habe der Betrieb monatelang warten müssen. Aber auch das schon lange brodelnde Problem der fehlenden Fachkräfte sei mittlerweile in quasi allen Branchen angekommen und werden dementsprechend ebenfalls als Entwicklungsproblem wahrgenommen.

Kundentreue und Netzwerke im Kreis werden sehr geschätzt

Während die Unternehmen bei der Umfrage 2016 die Versorgungssicherheit der Energieversorgung sogar mit „sehr zufrieden“ bewerteten, hat sich das nun natürlich verändert. Besonders schätzen sie nun die Nähe zu ihren Kunden, die Kundentreue und auch die Nähe zu Zulieferern und Partnern. „Es sticht heraus, wie sehr die Unternehmen die Kundennähe schätzen, die Kundentreue wird außergewöhnlich gut bewertet“, sagt Markus Beier, Leitender Geschäftsführer der IHK-Bezirkskammer Rems-Murr. Außerdem schätzen die Befragten laut Beier besonders das Netzwerk mit anderen regionalen Firmen und deren Problemlösungskompetenz. Das sei ein Merkmal, das den Rems-Murr-Kreis gegenüber anderen Regionen positiv hervorhebe. „Netzwerke wollen wir deshalb weiterhin besonders unterstützen“, bekräftigt Paal. Auch weitere Handlungsfelder hat die Kammer aus der Umfrage abgeleitet. So wolle man bei größeren Entwicklungsvorhaben von Unternehmen frühzeitige Bürgerbeteiligungsformate einsetzen, das Klima bei Politik und Bürgern haben die Unternehmen nämlich als nicht innovationsfreudig bezeichnet. „Hier müssen wir die Bürger mehr mitnehmen“, sagt Paal. Außerdem will die IHK vermehrt über mögliche Zusammenarbeiten mit Hochschulen und Forschungseinrichtungen informieren. Dieser Aspekt wurde von den Unternehmen als nicht sehr wichtig eingeschätzt. Dabei könne das laut Paal ein Erfolgsfaktor für Unternehmen sein und entsprechende Möglichkeiten gebe es.

Insgesamt habe der Kreis als Wirtschaftsstandort ein gutes Image, stellen die IHK-Vertreter abschließend fest. So planen knapp 30 Prozent der Befragten eine Erweiterung an ihrem aktuellen Standort in den kommenden fünf Jahren. Lediglich acht Prozent planen eine Verlagerung des Standorts und nur sieben Prozent planen die Geschäftsaufgabe. Die restlichen 50 Prozent planen keine Veränderungen in den nächsten Jahren. Für einen Großteil spiele die Standortqualität bei diesen Entscheidungen eine wichtige Rolle. „Wir haben im Kreis eine hohe Standorttreue“, so Paal. Darauf ausruhen könne man sich aber nicht. „Sobald die positiven Faktoren die negativen nicht mehr kompensieren, bekommen wir ein Problem.“

Zum Artikel

Erstellt:
6. Oktober 2022, 06:00 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen

Lesen Sie jetzt!
Die neue Halle scheint im August planmäßig fertig zu werden und könnte nach einer maximal dreimonatigen Probephase noch im November der Stadt übergeben werden. Geht alles glatt, steht bis dahin die Entscheidung über den künftigen Namen fest. Foto: Alexander Becher
Top

Stadt & Kreis

Welchen Namen bekommt die einstige Karl-Euerle-Halle?

Die Backnanger Stadträte einigen sich mit großer Mehrheit auf ein Verfahren zur Vergabe der Namenrechte der einstigen Karl-Euerle-Halle. VierFirmen haben bereits Interesse angemeldet. Die Möglichkeit neuer Einnahmequellen ist für die Stadtverwaltung ein starkes Argument.

Stadt & Kreis

Wochenmarkt mit Schlagern und Hip-Hop in Backnang

Die Lebenshilfe Rems-Murr und Via Backnang laden am 4. Mai zum Schlagermarkt am Obstmarkt ein. Bei dem Fest treten das Duo Neonlicht und die inklusive Band The Cool Chickpeas auf, außerdem gibt es einen Hip-Hop-Auftritt der Dance Intense Factory.

Stadt & Kreis

Maibäume sind aufgestellt worden

In Däfern, aber auch vielen anderen Gemeinden der Umgebung, sind im Vorfeld des Maifeiertags Maibäume aufgestellt worden.