Imbiss Grillhexle muss Standort verlassen

Harriet Wünsch verkauft seit 14 Jahren Thüringer auf dem Parkplatz des Toom Baumarkts in Backnang. Jetzt wurde ihr unvermittelt gekündigt. Marktleiter Stefan Zeidler sagt, er braucht den Platz. Die Grillhexle-Betreiberin hat bereits über 300 Unterstützerunterschriften gesammelt.

Sie bedienen ihre Kunden am Grillhexle-Stand auf dem Toom-Baumarkt-Gelände in der Weissacher Straße in Backnang (von links im schwarzen Oberteil): Betreiberin Harriet Wünsch, Gisela „Gisi“ von Au und Carmen Elke. Foto: Alexander Becher

© Alexander Becher

Sie bedienen ihre Kunden am Grillhexle-Stand auf dem Toom-Baumarkt-Gelände in der Weissacher Straße in Backnang (von links im schwarzen Oberteil): Betreiberin Harriet Wünsch, Gisela „Gisi“ von Au und Carmen Elke. Foto: Alexander Becher

Von Florian Muhl

Backnang. „Die Soljanka ist die Beste überhaupt! Es wäre eine Schande, wenn man die nicht mehr genießen könnte!!!“, „Wir kommen jedes Wochenende hierher, ein kleines Stück Heimat, dann ab zum Toom“, „Die Grillhexe muss bleiben, gutes Essen und freundliche Angestellte“ – solche und ähnliche Kommentare haben Kunden zuhauf in die ausliegenden Mappen geschrieben. Harriet Wünsch hat innerhalb von zwei Wochen über 300 Unterstützerunterschriften gesammelt.

Als Schlag ins Gesicht empfunden

Die Betreiberin des Grillhexle-Stands ist fassungslos. „Alles ist super gelaufen. Alle waren so zufrieden. Wir haben echt viele Stammkunden. Und dann so was.“ Mit „so was“ meint Wünsch den verbalen Schlag ins Gesicht, so habe sie es jedenfalls empfunden. Das war vor etwa drei Wochen. „Da ist der Marktleiter Herr Zeidler zu uns an den Stand gekommen, unangekündigt, und hat uns mündlich zum 1. Oktober gekündigt“, berichtet die 57-Jährige. Er habe keinen Grund genannt, habe laut Wünsch nur gesagt: Sie sind schon so lange da, es muss mal eine Veränderung geben.

„Ein Kunde hat das mitgekriegt, dass uns der Marktleiter gekündigt hat“, sagt die Grillhexle-Chefin. „Der hat mir geraten, Unterschriften zu sammeln.“ Das hat sie dann auch gemacht, hat zwei Mappen ausgelegt, die sich rasch füllten. Verständnislos schüttelt sie den Kopf: „Es gab nie ein böses Wort, mit niemandem.“ Und sie fügt selbstbewusst an: „Wir kämpfen drum, dass wir hierbleiben können.“

„Wir brauchen den Platz selber. Mehr kann ich Ihnen dazu nicht sagen“

Anfrage im Toom Baumarkt in Backnang bei Stefan Zeidler: Der Marktleiter bestätigt gegenüber unserer Zeitung telefonisch die Kündigung: „Wir brauchen den Platz selber. Es ist jetzt kein neuer Imbiss geplant im Moment. Mehr kann ich Ihnen dazu nicht sagen.“ Anfrage bei der Toom-Baumarkt-Zentrale in Köln: Daria Ezazi, Fachbereichsleiterin Unternehmenskommunikation, teilte gestern schriftlich mit: „Es ist richtig, dass der Imbissbetreiberin am Standort des Toom Backnang vertragskonform und fristgerecht bereits mündlich eine Kündigung ausgesprochen wurde, die ihr ebenfalls schriftlich innerhalb der vertraglichen Frist zugestellt wird. Bitte haben Sie Verständnis, dass wir generell keine Informationen zu vertraglichen Details an Dritte herausgeben oder diese kommentieren.“

Der Standort am Backnanger Toom-Markt wurde im August 2018 bezogen.

Harriet Wünsch kann es nicht fassen, dass jetzt alles vorbei sein soll. Zusammen mit ihrem Ehemann Rainer Wünsch hat sie am 1. August 2008 am Standort Toom Baumarkt in Backnang begonnen. „Allerdings waren wir nur an zwei Tagen hier, dort um die Ecke.“ Harriet Wünsch deutet mit ihrem Arm am Haupteingang vorbei auf einen anderen Platz. „Wir waren damals noch nicht so weit, hatten nur einen mobilen Wagen und verschiedene Standorte.“

Nach vier oder fünf Jahren sei der damalige Marktleiter auf die Grillbetreiber zugegangen und habe gefragt, ob sie denn nicht permanent am Toom-Standort sein könnten, weil die Kunden immer fragen würden, wann sie da seien. „Wir waren aber damals noch nicht so weit, wir hätten zu viel aufgeben müssen“, erinnert sich die gebürtige Thüringerin.

„Nach einem dreiviertel Jahr sind die über Nacht abgehauen“

„Dann hatten die uns ans Herz gelegt, nicht mehr zu kommen.“ Sie kamen nicht mehr. Ein anderer Imbiss ließ sich am jetzigen Standort nieder. „Aber das funktionierte nicht. Nach einem dreiviertel Jahr sind die über Nacht abgehauen“, erzählt Wünsch. Daraufhin habe der damalige Marktleiter bei den Grillhexle-Betreibern angerufen und gebettelt, ob sie nicht wieder zurückkommen könnten. „Zu diesem Zeitpunkt hatten wir in der Industriestraße, gegenüber vom Martika, einen privaten Imbiss. Dann haben wir hin- und herüberlegt – was tun wir bloß – und haben schließlich den Imbiss verkauft und sind hierher zurückgekehrt, haben unsere Kunden verwöhnt mit der original Thüringer, aus der wir auch die Currywurst machen, mit gebratenen Zwiebeln, selbst gemachten Soßen und immer frischen Pommes, in diesem Wagen hier.“ Harriet Wünsch deutet auf ihren Grillhexle-Stand, dessen Tage auf dem Toom-Parkplatz wohl gezählt sind.

Wünsch gibt nicht auf

„Ich habe ja auch Verantwortung“, fügt die Unternehmerin an. Sie erwähnt ihre beiden Beschäftigten. „Unsere Gisi hat fünf Kinder, macht einen super Job. Und unsere Carmen ist über 50, da hängen Existenzen dran.“ Aufgeben wollen sie nicht. „Wir haben hier immer voll, bei Wind und Wetter.“ Harriet Wünsch will jetzt weiterkämpfen.

Imbiss Onkel Kay bei Kaufland wehrt sich erfolgreich gegen die Kündigung

Kündigung Kayhan Kaya, der 17 Jahre lang den Imbissstand Onkel Kay auf dem Kauflandgelände in der Backnanger Industriestraße betrieben hatte, erhielt Mitte Februar 2017 die Kündigung. Die Kaufland-Pressestelle sagte damals, dass diese Entscheidung „im Rahmen einer Neukonzeptionierung von Kaufland“ getroffen worden ist.

Unterschriftenaktion Doch der Hähnchengriller ließ nicht locker. Innerhalb von zwei Monaten hatten über 2500 Standbesucher auf seiner Unterschriftenliste unterschrieben.

Angebot Zwei Monate nach der Kündigung teilte Kaufland mit: „Derzeit führen wir Gespräche hinsichtlich der weiteren Zusammenarbeit mit Herrn Kaya. Dabei werden Möglichkeiten geprüft, um für beide Seiten eine attraktive Lösung zu finden, damit Herr Kaya weiterhin seinen Imbiss am Standort betreiben kann.“ Kaya hat die Forderung erfüllt, an gleicher Stelle in gleicher Größe einen neuen Imbisspavillon aufzustellen. Er hat investiert und betreibt den Imbiss heute noch. flo

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Erstellt:
9. Juli 2022, 06:00 Uhr

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