Abgrenzung gegen Rechts
In Brüssel ist die Brandmauer eingestürzt
Die Europäische Volkspartei bricht ein Tabu: Sie organisiert sich eine Gesetzesmehrheit mit Rechtsaußen-Parteien. Ein Kommentar von Rainer Pörtner.
© Philipp von Ditfurth/dpa
Der CSU-Politiker Manfred Weber ist Partei-und Fraktionschef der Europäischen Volkspartei (EVP).
Von Rainer Pörtner
Er sei „wild entschlossen“, die Bürokratie in der EU „mit der Brechstange“ abzubauen. Das hat Manfred Weber, Chef der Europäischen Volkspartei (EVP), vor wenigen Tagen versichert – und nun auch so gehandelt. Mit Unterstützung von Rechtsaußen-Parteien schwächen die Konservativen im Europa-Parlament eine Richtlinie zu den Lieferketten deutlich ab.
In der Sache ist das vernünftig. Das Lieferkettengesetz soll Unternehmen in die Pflicht nehmen, wenn sie selbst oder ihre Zulieferer Menschenrechte missachten oder die Umwelt verschmutzen. Die bisher gefundene Regelung erschuf jedoch ein bürokratisches Monster – und wäre damit eine schwere Belastung vor allem für kleine und mittelgroße Firmen. Nun sollen die Vorgaben der Richtlinie stark gelockert werden. Es gibt gute Aussichten, dass auch die EU-Regierungen diesen neuen Regeln zustimmen.
Informelle Koalition mit Sozialdemokraten und Liberalen
Manfred Weber nimmt dafür allerdings einen schweren politischen Kollateralschaden in Kauf. Zum ersten Mal hat die EVP, die eigentlich eine informelle Koalition mit Sozialdemokraten und Liberalen unterhält, wissentlich auf die Stimmen der extremen Rechten gesetzt, um eine Gesetzesmehrheit zu bilden. Das war bisher tabu. Im EU-Parlament ist damit die Brandmauer gegen rechtsextreme Kräften eingestürzt, deren Erhalt ja auch CDU-Chef Friedrich Merz immer wieder fordert. Das kann politische Kettenreaktionen auslösen, die weit schlimmer sind als ein missratenes Lieferkettengesetz.
