Schreck am Morgen
Inkasso-Post im Briefkasten? So reagieren Sie richtig
Wenn ein Schreiben von einer Inkassofirma im Briefkasten liegt, geraten Empfänger oft in Panik. Doch Vorsicht: Längst nicht jede Zahlungsaufforderung ist berechtigt. Worauf Sie achten sollten.

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Ein solcher Anblick ist für den Postzusteller wahrscheinlich ein schlimmerer Anblick als für den Verbraucher der Inkassobrief.
Von Sabine Meuter (dpa)/Markus Brauer
Eine Rechnung nicht bezahlt, Mahnungen ignoriert: Das kann Post von einer Inkassofirma nach sich ziehen. Einen solchen Dienstleister schalten Händler ein, wenn sie das Eintreiben der schuldigen Geldsumme nicht selbst übernehmen wollen.
Allerdings stammt längst nicht jede Zahlungsaufforderung, die Verbraucher erhalten, von einer seriösen Inkassofirma. Noch dazu ist nicht jedes Schreiben von einem solchen Unternehmen berechtigt. Das sollten Betroffene tun:
Schritt 1: Ruhe bewahren
„Das A&O ist, bei Post von einer Inkassofirma Ruhe zu bewahren“, sagt Stefanie Kahnert von der Verbraucherzentrale Brandenburg. Betroffene sollten das Schreiben natürlich nicht einfach beiseitelegen, sondern die gemachten Angaben genau prüfen.
Wer schreibt mich an, ist mir die Forderung bekannt? Die Inkassofirma muss in dem Brief auch Angaben zum Gläubiger machen, also preisgeben, wer sie beauftragt hat.
Um die Inkassoforderung zu überprüfen, haben Betroffene die Möglichkeit, den kostenlosen Inkasso-Check der Verbraucherzentralen zu nutzen. Auch der Bundesverband Inkasso Unternehmen (BDIU) bietet ein Online-Tool „Mahnung checken“.
Schritt 2: Inkassofirma auf Seriosität checken
Das wichtigste Merkmal: Das Unternehmen ist im Rechtsdienstleistungsregister gelistet. Dort muss jeder Inkassodienstleister eingetragen sein. „Das ist dieser nur, wenn er das notwendige juristische Fachwissen nachgewiesen hat und strafrechtlich unbescholten ist“, erklärt BDIU-Sprecher Jens Kellersmann.
„Mitunter steckt hinter dem Schreiben auch eine Rechtsanwaltskanzlei“, erläutert Kahnert. Dann sollte man prüfen, ob die jeweilige Kanzlei im bundesweiten Anwaltsverzeichnis registriert ist.
„Stellt sich bei der Recherche heraus, dass die Inkassofirma nicht existiert und die Forderung unberechtigt ist, liegt ein klarer Fall von Betrug vor“, stellt Kahnert fest. Dann sollten Betroffene auf das Schreiben erst gar nicht antworten.
Schritt 3: Forderung prüfen
Angenommen, ein Paar soll bei einem Onlinehändler Wein im Wert von 450 Euro bestellt und geliefert bekommen, aber die Rechnung nicht gezahlt haben. Eine seriöse Inkassofirma schickt dem Paar nun ein Schreiben mit einer Zahlungsaufforderung. Aber das Paar bestreitet, den Wein je geordert geschweige denn erhalten zu haben.
„Eine solche oder ähnliche Fallkonstellation muss der Inkassofirma unbedingt schriftlich mitgeteilt werden“, betont Kellersmann. Das helfe, einen Eintrag bei der Schufa zu vermeiden. Denn immer wieder komme es zu Identitätsverwechslungen oder sogar Identitätsdiebstahl.
Schritt 4: Aufgelistete Kostenfaktoren kontrollieren
Verbraucherschützerin Kahnert rät, bei einer berechtigten Forderung jede Position auf der Rechnung der Inkassofirma zu hinterfragen. Unzulässig und damit nicht zu zahlen sind ihr zufolge Kontoführungsgebühren und allgemeine Telefonkosten. Gleiches gilt für Bearbeitungsgebühren ohne jeden Bezug.
„Die Kontrolle der Forderung und der Eingang der Zahlung sind mit der allgemeinen Inkassogebühr und der Auslagenpauschale abgedeckt“, so Kahnert.
Alle, die einer unberechtigten Forderung schriftlich widersprochen haben, müssen keine Inkassogebühr zahlen. Zinsforderungen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszins sind zulässig. „Die Berechnung der Verzugszinsen beginnt frühestens am Tag nach Zugang der ersten Mahnung“, konstatiert Kellersmann.
Die Inkassofirma darf indes tatsächlich angefallene Kosten in Rechnung stellen. Etwa für eine Meldeamtsauskunft, in der Regel kostet sie laut Kellersmann vier bis acht Euro. „Solche Adressermittlungskosten sind berechtigt, wenn eine Adressrecherche wegen Umzugs des säumigen Zahlers erforderlich war“, unterstreicht der BDIU-Experte.
Schritt 5: Bei berechtigter Forderung schnell zahlen
Ist die Forderung des Inkassodienstleisters berechtigt, gilt: unbedingt schnell mit diesem Kontakt aufnehmen. „BDIU-Mitgliedsunternehmen sind darauf eingestellt, gemeinsam mit den Schuldnern faire Lösungen zu finden, falls diese nicht zahlen können“, rät Kellersmann.
Oft seien etwa Ratenzahlungen möglich oder es könne über ein Aussetzen der Zahlungen gesprochen werden, wenn eine akute Notlage vorliegt und Aussicht besteht, dass sich die Situation bessert - etwa durch eine neue Arbeitsstelle.
Schritt 6: Bei problematischer Kommunikation mit Inkassofirma Hilfe holen
Ergeben sich bei der Kommunikation mit dem Inkassounternehmen Probleme, können sich Verbraucherinnen und Verbraucher auch an die Ombudsfrau des BDIU wenden, die in solchen Fällen schlichtet.
„Tatsächlich sind solche Beschwerden aber eher selten“, sagt Kellersmann. Nach der BDIU-Beschwerdebilanz 2024 gab es weniger als zwei berechtigte Beschwerden auf eine Million Inkassoverfahren.
Wichtig zu wissen: „Seriöse Inkassounternehmen setzen keinen unter Druck und bedrohen auch niemanden“, erklärt Kahnert. Unzulässig sind etwa auch nächtliche Anrufe oder plötzliche Hausbesuche. Soll mit dem Inkassounternehmen eine gesonderte Vereinbarung geschlossen werden, lohnt sich vorab eine unabhängige Beratung – beispielsweise bei einer Verbraucherberatung vor Ort.
Schritt 7: Betrügerische Mahnungen bei der Polizei anzeigen
„Bei einem Identitätsdiebstahl sollten Betroffene sofort Strafanzeige stellen“, rät Kahnert. Haben also Dritte unbefugt auf Ihren Namen eingekauft und nicht bezahlt, kann man Sie in der Regel nicht dafür haftbar machen.
Strafanzeige sollten Sie auch stellen, wenn Sie eine betrügerische Inkassoforderung erhalten haben. „Das ist wichtig, damit die Polizei ermitteln und weitere Betrugsfälle verhindern kann“, sagt Kahnert.