Irrläufe eines Smartphones

43-jährige Backnangerin wegen Hehlerei zu 600 Euro Geldstrafe verurteilt

Von Hans-Christoph Werner

BACKNANG. Wenn man die weite Reise auf sich nimmt, Tausende von Kilometern zurücklegt, dann gehört es sich, beim Besuch der Verwandtschaft in Westafrika etwas mitzubringen. Zumal, wenn man aus dem begüterten Deutschland kommt. Und was wäre hier sinnvoller wie dies, dass man die Großfamilie an den technischen Errungenschaften der Moderne Anteil haben lässt. Wenn schon, denn schon. Das iPhone6 von Apple schien das angemessene Begrüßungsgeschenk gewesen zu sein. Glücklich fügte es sich, dass dieses vielseitige Gerät einer 43-jährigen Backnangerin für schlappe 100 Euro von einem ihr nur flüchtig Bekannten angeboten wurde. 100 Euro für ein Gerät, das vor knapp einem Jahr im Handel noch 450 Euro kostete, ist ein Schnäppchen. Da sollte man zugreifen. Hier Fragen zu stellen, wie denn dieses Sonderangebot zustande kommt, stört nur und bringt Unruhe. Auch im eigenen Gewissen.

Just zu dieser Zeit aber war es passiert, dass einem S-Bahn-Gast, weil er kurz eingenickt war, sein iPhone6 abhandenkam. Er ging zur Polizei. Und die ermittelte. Weil der Dieb das iPhone anschaltete, dazu eine SIM-Karte einlegte, konnte die Polizei eine Adresse in Backnang ermitteln. Ein Durchsuchungsbeschluss wurde erwirkt. Die Polizisten überraschten den Ehemann der 43-Jährigen in der gemeinsamen Wohnung. Aber das iPhone fand sich nicht. Kunststück, es war bereits auf dem Weg nach Ghana. Der Ehemann informierte telefonisch die Ehefrau. Diese musste ihre Verwandtschaft schwer enttäuschen, brachte das iPhone zurück und übergab es der Polizei. Ein Verfahren kam in Gang, das in einen Strafbefehl mündete.

Allein diesem Strafbefehl wollte die Backnangerin nicht entsprechen und hatte infolgedessen vor dem Amtsgericht in Backnang zu erscheinen. Da, o Wunder, war die Sache plötzlich ganz anders. Besagtes iPhone wurde, weil man von ihrer bevorstehenden Reise ins Heimatland wusste, ihr überbracht. Mit der herzlichen Bitte, es an die Schwester des Überbingers in dem afrikanischen Land zu übergeben. Wer kann sich schon so einer liebevoll vorgetragenen Bitte entziehen?

Angeklagte bezichtigte Polizeibeamten der Lüge

Einigermaßen dubios hörte es sich an, wie die Backnangerin mit dem Überbringer in Kontakt gekommen war. Da kannte dieser jenen, und jener diesen. Und immer nur den Vornamen. Merkwürdig auch, dass die 43-Jährige an dem ihr anvertrauten Geschenk so großes Interesse zeigte, dass sie ihre eigene SIM-Karte einsetzte und damit wohl testen wollte, ob das iPhone funktioniere.

Richter wie Staatsanwalt waren natürlich gleichermaßen erstaunt, als sie zunächst die Einlassungen der Angeklagten hörten. Der dann als Zeuge geladene ermittelnde Polizeibeamte schilderte die erste Version. Wobei die Angeklagte den Polizeibeamten stante pede der Lüge bezichtigte. Der nahm es gelassen. Der Richter ließ nichts unversucht und wies die Angeklagte eindringlich darauf hin, ob sie denn nicht ihren Einspruch gegen den Strafbefehl zurücknehmen wolle. Denn erfahrungsgemäß wird es, wenn sich die Vorwürfe als richtig erweisen, durch das Gerichtsverfahren teurer. Die Angeklagte überhörte geflissentlich diesen Hinweis und schäumte vor Wut gegenüber dem Polizeibeamten.

Und so kam es, wie es kommen musste. Der Staatsanwalt, irritiert durch den Versuch, das anvertraute Smartphone durch das Einsetzen der eigenen SIM-Karte zu testen, glaubte dem Polizeibeamten mehr. Es sei außerdem zu einem Kaufpreis erworben worden, der die Angeklagte hätte stutzig machen müssen. Die Anklage wegen Hehlerei hatte sich bestätigt. Er forderte 500 Euro Geldstrafe. Der Richter sah die Sache genauso. Und ging etwas über die Forderung der Staatsanwaltschaft hinaus: 600 Euro Geldstrafe. Staatsanwalt wie Richter würden sich zunächst einmal anhand der Akten ein Bild machen. Das, was die Angeklagte dann in der Verhandlung vorgetragen hatte, erschien dem Richter nicht glaubhaft. Die Dame hatte sich der Hehlerei schuldig gemacht und war deswegen zu bestrafen.

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Erstellt:
22. Juni 2018, 06:00 Uhr

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