Jeder Kitaplatz kostet die Stadt 7000 Euro

Der Backnanger Sozialhaushalt klettert auf 24,9 Millionen Euro. Die Schere zwischen den Einnahmen und den Ausgaben geht immer weiter auseinander. Dominiert wird der Teilhaushalt von den Aufwendungen für die Kindertageseinrichtungen.

Das Wohl der Kinder liegt den Backnanger Stadträten sehr am Herzen. Investitionen wie etwa in den Garten der Kita Heimgarten im vergangenen Jahr machen die Räte aus voller Überzeugung, auch wenn der Abmangel von Jahr zu Jahr kräftig steigt. Foto: A. Becher

© Alexander Becher

Das Wohl der Kinder liegt den Backnanger Stadträten sehr am Herzen. Investitionen wie etwa in den Garten der Kita Heimgarten im vergangenen Jahr machen die Räte aus voller Überzeugung, auch wenn der Abmangel von Jahr zu Jahr kräftig steigt. Foto: A. Becher

Von Matthias Nothstein

Backnang. Knapp 20 Prozent des Backnanger Haushalts entfallen auf den Jugend- und Sozialbereich, laut dem Haushaltsplanentwurf entspricht dies 2022 bei den Aufwendungen etwa 21,36 Millionen Euro, bei den Erträgen ungefähr 8,89 Millionen Euro. Und in diesen Summen sind die internen Leistungsverrechnungen noch nicht berücksichtigt. Die Kosten also, die beispielsweise anfallen, wenn der Bauhof im Kindergarten die Wiesen mäht oder das Hochbauamt für Um- oder Neubauten Planungen übernimmt.

Kämmerer Alexander Zipf präsentierte in der jüngsten Sitzung des Jugend- und Sozialausschusses die Entwicklung der Gesamtkosten für die Jahre 2018 bis 2022 sehr eindrucksvoll anhand eines Schaubilds. Danach kletterten die Aufwendungen jedes Jahr um zwei Millionen Euro, von 16,1 Millionen Euro auf 24,9 Millionen Euro im nächsten Jahr. Gleichzeitig hinken die Erträge gewaltig hinterher. Von 5,5 Millionen Euro im Jahr 2018 auf 9,2 Millionen Euro im nächsten Jahr. Zipf: „Das Delta wird von Jahr zu Jahr größer.“ Die Personalaufwendungen für diesen Bereich belaufen sich auf 11,31 Millionen Euro, was 31 Prozent der gesamten städtischen Personalkosten entspricht.

Dominiert wird der Sozialhaushalt ganz klar von den Kindertageseinrichtungen, sie sind für über 90 Prozent der Aufwendungen verantwortlich. Und so geht der Anstieg der Aufwendungen ganz eindeutig auf die gestiegenen Anstrengungen auf dem Gebiet der Kinderbetreuung zurück.

Kostensteigerung beträgt überelf Prozent jährlich

Kämmerer Zipf erläuterte den Ausschussmitgliedern im Bürgerhaus das umfangreiche Zahlenwerk. So verwies er darauf, dass die Nettokosten pro Kitaplatz stetig steigen. Konkret von 4495 Euro pro Platz im Jahr 2014 auf nun 7010 Euro im Jahr 2022. Und in der Summe: von 5 Millionen Euro im Jahr 2013 auf knapp 14 Millionen Euro 2022. Das ist ein beachtliches Wachstum von über elf Prozent jährlich. Im nächsten Jahr belaufen sich die Aufwendungen auf 22,2 Millionen Euro, wogegen nur 8,6 Millionen Euro eingenommen werden.

Erster Bürgermeister Siegfried Janocha fasste die Darstellung knapp zusammen: „Der Sozialhaushalt ist sehr dynamisch. Der Abmangel steigt stetig, und die Schere zwischen den Einnahmen und den Ausgaben geht immer weiter auseinander. Der Abmangel hat sich in den vergangenen zehn Jahren verdreifacht. Der Sozialetat kostet uns richtig viel Geld.“

Die Ausschussmitglieder betonten die Bedeutung der Investitionen in diesem Sektor. So sagte etwa Sabine Kutteroff (CDU): „Uns sind die Kinder dieses wert. Deutschland ist ein starker Sozialstaat und Backnang ist eine kinder- und familienfreundliche Stadt.“ Die Tatsache, dass sich die Stadt einen Kitaplatz 7000 Euro kosten lässt, und das Jahr für Jahr, kommentierte sie so: „Wir investieren 7000 Euro in die Qualität unserer Kinderbetreuung.“ Die einzig kritische Stimme stammte von Lutz-Dietrich Schweizer. Der CIB-Stadtrat wird nicht müde, seine Überzeugung zum Ausdruck zu bringen, wonach Kleinstkinder nicht in einer städtischen Einrichtung betreut werden sollten, sondern zu Hause. Und so kommentierte er wie jedes Jahr: „Dieser Haushalt ist, was den Bereich U-3-Betreuung angeht, nicht gerecht und auch nicht nachhaltig.“

Auf einen ganz anderen Aspekt kam Jörg Bauer (BfB) zu sprechen. Er wollte wissen, wie die Stadt reagiert, wenn die Bundesregierung wie angedeutet die Kitagebühren abzuschaffen plant. Doch EBM Janocha ging auf die Frage insofern nicht weiter ein, dass er erklärte, für dieses Thema sei die Bundesregierung überhaupt nicht zuständig, sondern die Länder. Janocha: „Wenn so etwas je kommen sollte, dann muss der Bund für eine Kompensation sorgen.“ Und die Verwaltung schob nach, was dies für Backnang konkret bedeuten würde. Danach handelt es sich bei den Elternbeiträgen jährlich immerhin um eine Summe von 1,46 Millionen Euro. Willy Härtner (Grüne) bezeichnete es als „eine tolle Sache“, wenn die Abschaffung der Kitagebühren kommen würde. Er lenkte das Augenmerk des Weiteren auf die Sportkita, die im Sommer fertig werden soll. Für dieses Mammutprojekt hatte Zipf zwar eine Baukostensteigerung auf nunmehr 9,71 Millionen Euro einräumen müssen, kalkuliert war zuletzt mit 9,3 Millionen Euro. Doch jetzt lobte Härtner die künftige Vorzeigekita und die Weitsicht der Verwaltung und des Gremiums: „Am Beispiel der Sportkita zeigt es sich, dass es gut ist, wenn man als Kommune vorausblickt. Die Kita ist im Sommer fertig. Angesichts der steigenden Betreuungszahlen kann man sich nur fragen, was hätten wir gemacht, wenn wir diese Kita dann nicht hätten?“

Nach kurzer Diskussion stimmten die Ausschussmitglieder einstimmig dafür, den Sozialetat dem Gemeinderat zur Beschlussfassung zu empfehlen.

Investitionen summieren sich auf 1,7 Millionen Euro

Investitionen Die Stadt Backnang investiert 2022 insgesamt 26,5 Millionen Euro, davon entfallen auf den Jugend- und Sozialhaushalt 1,7 Millionen Euro.

Der größte Posten sind 1,3 Millionen Euro, die noch für den Neubau der sechsgruppigen Sportkita mit Mensa in der Plaisir fällig werden.

Mit 97000 Euro ebenfalls ein großer Posten sind Investitionszuschüsse an andere Träger.

Von den Einzelmaßnahmen sticht die Kita Maubach II (Imster Straße) hervor. Dort werden 53000 Euro in eine Fotovoltaikanlage investiert.

Beträge zwischen 8000 und 20000 Euro gibt es für die Kitas Heininger Weg, Lindenstraße, Maubach I, Ob der Ekertsklinge, Sommerrain, In der Talschule, Steinbach und Etzwiesen.

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Erstellt:
27. November 2021, 06:00 Uhr

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