Jesidin doch nicht Peiniger begegnet

dpa/lsw Bagdad/Schwäbisch Gmünd. Als Flüchtling kam eine Jesidin nach Deutschland. Später gibt sie an, in Schwäbisch Gmünd ihrem IS-Peiniger begegnet zu sein - jetzt jedoch räumt sie ein, dass es ganz anders war.

Aschwak Hadschi Hamid Talo, eine junge Jesidin, spricht in einem YouTube-Video. Foto: Sardar sattar/YouTube/dpa/Archivbild

Aschwak Hadschi Hamid Talo, eine junge Jesidin, spricht in einem YouTube-Video. Foto: Sardar sattar/YouTube/dpa/Archivbild

Der Fall sorgte vor rund einem Jahr für Schlagzeilen: Eine traumatisierte Jesidin berichtete, dass sie ihren früheren IS-Peiniger in ihrer neuen Heimat in Schwäbisch Gmünd getroffen haben will. Jetzt nimmt die Geschichte eine neue Wendung. Die Frau hat eingeräumt, dass sie diesem Mann doch nicht im Südwesten begegnet ist. In einem am Freitag ausgestrahlten Interview mit Iraks Staatsfernsehen sagte sie, es habe sich herausgestellt, dass der Mann, den sie gesehen habe, ein anderer gewesen sei. Dieser habe ihrem Peiniger geähnelt.

Aschwak Hadschi Hamid Talo war 2015 als Flüchtling nach Baden-Württemberg gekommen und lebte mit ihrer Mutter und ihren Brüdern in Schwäbisch Gmünd. Sie verließ Deutschland 2018, nachdem sie ihren Peiniger nach eigenen Angaben auf der Straße gesehen hatte, kehrte aber wieder zurück. Den Ermittlungsbehörden warf sie damals vor, ihren Fall nicht ernst genug zu nehmen.

Das baden-württembergische Innenministerium sieht sich in dem Fall nun bestätigt. „Wir haben immer auf das laufende Ermittlungsverfahren verwiesen und vor vorschnellen Schlüssen gewarnt“, teilte ein Sprecher am Sonntag auf Anfrage mit. „Insofern überrascht uns diese Entwicklung nicht wirklich. Sie zeigt deutlich, dass voreilige Urteile und Bewertungen riskant sind.“ Schon vergangenes Jahr hatte sich Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) vor die Sicherheitsbehörden im Land gestellt und keine Versäumnisse gesehen.

Aus Behördenkreisen war am Wochenende zu hören, dass die Ermittlungen damals keinen Verdacht gegen den Mann ergeben hatten, den die Frau als ihren Peiniger erkannt haben wollte. Das Verfahren sei deshalb eingestellt worden. Die „Südwest Presse“ hatte im November 2018 gemeldet, Behörden hegten Zweifel an der Geschichte. Es gebe den Verdacht, der Vater habe seine Tochter instrumentalisiert, damit Deutschland andere Angehörige aufnehme.

Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) hatte im Sommer 2014 große Regionen im Norden des Iraks überrannt. Dazu gehörten auch Gebiete der Jesiden, einer religiösen Minderheit, die von den Dschihadisten verfolgt wird. Tausende jesidische Frauen wurden von den Extremisten verschleppt und über Jahre misshandelt und missbraucht. Auch Aschwak Hadschi Hamid Talo wurde von einem IS-Kämpfer gekauft.

Die religiöse Minderheit der Jesiden stammt aus dem Irak, aus Syrien, der Türkei und dem Iran. Die monotheistischen Jesiden sind Kurden und leben vor allem in der Gegend um die irakische Stadt Mossul und im nahe gelegenen Sindschar-Gebirge. Viele sind wegen ihrer Verfolgung ins Ausland geflohen.

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Erstellt:
1. Dezember 2019, 15:22 Uhr

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