Abschiebung

Jesidische Familie abgeschoben - Eilantrag lief parallel

Als der Abschiebeflug einer jesidischen Familie in den Irak in Vorbereitung ist, trifft ein Eilantrag gegen die Abschiebeandrohung ein. Sie hat Erfolg, doch die Familie war ausreisepflichtig.

Eine jesidische Familie aus Brandenburg ist abgeschoben worden, obwohl sie erfolgreich gegen die Ablehnung des Asylbescheids geklagt hatte (Archivbild).

© Hendrik Schmidt/dpa

Eine jesidische Familie aus Brandenburg ist abgeschoben worden, obwohl sie erfolgreich gegen die Ablehnung des Asylbescheids geklagt hatte (Archivbild).

Von dpa

Potsdam - Eine jesidische Familie mit vier minderjährigen Kindern aus Brandenburg ist in den Irak abgeschoben worden - auch wenn sie am selben Tag Erfolg mit einem Eilantrag gegen die Abschiebungsandrohung hatte. Ein Sprecher des Brandenburger Innenministeriums sagte, die Familie sei am Dienstag mit einem Flug von Leipzig aus abgeschoben worden. Für das Asylverfahren ist das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) zuständig, für die Abschiebung das Land Thüringen. Das Verwaltungsgericht Potsdam hob am Dienstag eine Entscheidung auf, nach der die Familie ausreisepflichtig war. Zuvor berichtete der Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB).

Das Bundesamt erklärte, in jedem Fall werde individuell geprüft, ob ein Schutz nach dem Asylgesetz erteilt werde. "Dabei dürfen Integrationsleistungen, so löblich sie auch sind, nicht berücksichtigt werden", teilte ein Sprecher der Deutschen Presse-Agentur mit. "Bei der Zuerkennung von Schutztiteln geht es ausschließlich um die Gefahr, die Antragstellenden bei einer möglichen Rückkehr in ihr Herkunftsland droht." Integrationsleistungen könnten aber eine Rolle bei der Entscheidung über Duldung eine Rolle spielen. Dazu könne das Bundesamt aber aufgrund fehlender Informationen keine Aussagen tätigen.

Gericht lehnte zunächst Eilantrag ab

Die sechsköpfige Familie, die laut RBB seit 2022 in Lychen in der Uckermark lebte, klagte 2023 gegen die Ablehnung ihres Antrags auf internationalen Schutz und die Androhung der Abschiebung vor dem Verwaltungsgericht. Da die Ansprüche auf Flüchtlingsschutz oder subsidiären Schutz aus Sicht des Bamf offensichtlich nicht vorlagen, wurde der Asylantrag als offensichtlich unbegründet abgelehnt. Dies hatte eine Ausreisepflicht von einer Woche zur Folge. Subsidiärer Schutz greift, wenn weder Flüchtlingsschutz noch Asylberechtigung gewährt werden können und ernsthafter Schaden droht.

Die Familie wollte per Eilantrag die aufschiebende Wirkung der Klage erreichen, das wies das Verwaltungsgericht im April 2023 ab. Damit war die Familie unabhängig vom Ausgang der Klage ausreisepflichtig. Im April 2025 verhandelte das Gericht über die Klage auf Zuerkennung des internationalen Schutzes. Das Urteil dazu wurde der Familie noch nicht zugestellt.

Familie vor Gericht erfolgreich

Am Dienstag stellte die Familie beim Verwaltungsgericht einen Eilantrag, um den Eilbeschluss von April 2023 zu ändern. Doch da war die Abschiebung per Flug schon eingeleitet. Die Maschine startete nach Angaben von Flightradar um 10.52 Uhr. Das Gericht hob die frühere Entscheidung nach Angaben eines Sprechers um 15.30 Uhr auf, weil es wegen neuerer Umstände Zweifel hatte, dass die Ablehnung des Flüchtlingsschutzes durch das Bamf als offensichtlich unbegründet rechtmäßig war.

Dabei ging das Gericht davon aus, dass das Bedürfnis nach Rechtsschutz noch besteht, weil es davon ausging, dass die Abschiebung nicht vollzogen war und die Familie die Transitzone des Flughafens Bagdad noch nicht verlassen hatte. Beim Bamf ging der Antrag um 12.17 Uhr ein. Das Brandenburger Innenministerium hatte beim Bundesamt vor der Abschiebung nachgefragt, ob es Gründe dagegen gebe, was laut Ministerium verneint wurde. Zu welchem Zeitpunkt das war, war zunächst unklar.

Sicherheitslage im Irak angespannt

Der Bundestag hatte 2023 Verbrechen der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) im Jahr 2014 an den Jesidinnen und Jesiden als Völkermord anerkannt. Die Terrormiliz zielte auf die Vernichtung der vor allem in der nordirakischen Sindschar-Region lebenden Minderheit ab. Zehntausende Menschen wurden getötet, verschleppt, versklavt und misshandelt. Die Sicherheitslage im Irak ist nach Jahrzehnten der Kriege und politischer Unruhen weiterhin angespannt. Mit dem Abschiebeflug von Leipzig nach Bagdad waren am Dienstag 43 Menschen in den Irak gebracht worden.

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Erstellt:
23. Juli 2025, 18:02 Uhr

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