Jörg Bauers Rückzug vom Rückzug

Nach seinem deutlichen Erfolg im ersten Wahlgang will Maximilian Friedrich noch einmal zwei Wochen Gas geben. Konkurrent Jörg Bauer erklärte gestern zunächst seinen Verzicht, um seine Entscheidung wenig später zu revidieren.

Die Feier muss noch warten: Maximilian Friedrich am Wahlabend mit Ehefrau Kerstin im Backnanger Bürgerhaus. Foto: A. Becher

© Alexander Becher

Die Feier muss noch warten: Maximilian Friedrich am Wahlabend mit Ehefrau Kerstin im Backnanger Bürgerhaus. Foto: A. Becher

Von Kornelius Fritz

BACKNANG. Die Situation ist etwas eigenartig nach diesem ersten Wahlgang: Gefühlt ist die Entscheidung über den künftigen Backnanger Oberbürgermeister bereits gefallen, tatsächlich geht der Wahlkampf aber noch einmal in eine zweiwöchige Verlängerung. Genau 137 Stimmen haben Maximilian Friedrich am Sonntag gefehlt, um die Wahl bereits im ersten Durchgang für sich zu entscheiden. Der Berglener Bürgermeister, der heute seinen 34. Geburtstag feiert, kennt diese Situation aber schon: „Bei meiner ersten Wahl in Berglen haben mir im ersten Wahlgang zwölf Stimmen gefehlt.“

So wurde die Feier noch einmal vertagt: Nach der Rückkehr aus dem Backnanger Bürgerhaus sei er mit seiner Frau und den Schwiegereltern noch ein bisschen zusammengesessen, erzählt Friedrich. Anschließend habe er noch bis gegen 2 Uhr die zahlreichen Glückwünsche beantwortet, die ihn erreicht hatten. Nach einer kurzen Nacht saß er gestern Morgen dann schon wieder an seinem Schreibtisch im Berglener Rathaus.

Dass er seine sieben Mitbewerber schon im ersten Wahlgang so deutlich abhängen konnte, damit hatte Friedrich selbst nicht gerechnet: „Ich hatte ein gutes Gefühl, aber die Stimmung war schwierig einzuschätzen.“ Nachdem der Zweitplatzierte Stefan Neumann bereits am Wahlabend seinen Rückzug erklärt hatte, scheint Friedrich in zwei Wochen freie Bahn zu haben, aber der Favorit ist sichtlich bemüht, nicht zu siegessicher zu wirken. „Das ist ein super Ergebnis und ein großer Vertrauensvorschuss, aber ich werde meinen Wahlkampf in den nächsten beiden Wochen genauso weiterführen wie bisher“, kündigt er an. Unter anderem plant er weitere Infostände in der Stadt sowie Bürgersprechstunden per Telefon und WhatsApp. Wie viele Konkurrenten der klare Favorit am 28. März noch haben wird, entscheidet sich bis Mittwoch (siehe Infobox).

Konkurrenten geben sich angriffslustig.

Für eine Posse am Rande sorgte gestern Jörg Bauer, der am Sonntag mit 11,23 Prozent der Stimmen den dritten Platz belegt hatte. Nachdem er sich am Wahlabend noch kämpferisch gegeben hatte, kündigte der Unternehmer und Stadtrat am Nachmittag in einer Pressemitteilung überraschend seinen Rückzug an. Bauer begründete dies damit, dass ihm die CDU die Unterstützung, auf die er nach Neumanns Rückzug gehofft hatte, verweigert habe. „Ohne eine breite Unterstützung der CDU und deren Protagonisten fehlt der Rückhalt und die Chancen auf einen Erfolg“, hieß es in der Erklärung. Wenig später meldete sich Bauer dann jedoch telefonisch in der Redaktion und revidierte seine Entscheidung. Offenbar hatten Dritte in der Zwischenzeit auf ihn eingewirkt, an seiner Kandidatur festzuhalten: „Ich kämpfe noch mal“, kündigte Bauer daraufhin an und startete auch gleich eine Attacke gegen den führenden Maximilian Friedrich. Der trete zwar als unabhängiger Kandidat auf, werde aber von den Grünen und namhaften Mitgliedern der SPD unterstützt. „Das gibt Aufschluss darüber, wohin sich Backnang in den kommenden acht Jahren entwickeln soll“, so Bauer, der nun als „Galionsfigur des einst so starken bürgerlich-liberalen Lagers“ in den zweiten Wahlgang ziehen will.

Auch Stefan Braun, der mit 5,65 Prozent der Stimmen weit hinter den eigenen Erwartungen zurückgeblieben war, gab sich angriffslustig: Friedrich sei einer, „der jedem alles verspricht“, erklärte der 56-Jährige. Wichtige Themen wie Integration, Altersarmut oder seniorengerechte Stadt habe dieser im Wahlkampf aber überhaupt nicht erwähnt. „Ich finde es befremdlich, mit welchen Themen manche punkten können“, sagte Braun und äußerte sich auch kritisch über Friedrichs hohes Wahlkampfbudget und die „Materialschlacht“, die dieser gestartet habe. Wie bereits am Wahlabend angekündigt, will Braun weiter kämpfen und am 28. März erneut kandidieren.

Maximilian Friedrich reagierte auf die Attacken gelassen: „Ich konzentriere mich nicht auf andere, sondern will weiterhin mit meiner Person überzeugen“, erklärte der Führende auf Nachfrage. Seinen Wahlkampf finanziere er komplett aus der eigenen Tasche, betonte Friedrich. Im Übrigen liege sein Budget dabei unter dem bei Bürgermeisterwahlen üblichen Richtwert von einem Euro pro Einwohner.

Stefan Neumann kehrte gestern bereits wieder an seinen Arbeitsplatz im Künzelsauer Rathaus zurück. In einer Videobotschaft dankte er noch einmal seinen Wählern und Unterstützern in Backnang und erklärte, er freue ich nun auf seine weitere Arbeit für Künzelsau.

Jörg Bauers Rückzug vom Rückzug
Bewerbungsfrist endet am Mittwoch

Die Bewerbungsfrist für den zweiten Wahlgang endet am kommenden Mittwoch,
17. März, um 18 Uhr. Am selben Abend um
19 Uhr entscheidet der Gemeindewahlausschuss in einer öffentlichen Sitzung im Bürgerhaus über die Zulassung der eingegangenen Bewerbungen.

Die Bewerber des ersten Wahlgangs sind automatisch wieder mit dabei, sofern sie bis Mittwoch nicht schriftlich ihren Rückzug erklären. Bis gestern hat dies nur der von der CDU unterstützte Künzelsauer Bürgermeister Stefan Neumann getan.

Darüber hinaus können auch noch neue Kandidaten ins Rennen einsteigen. Wie beim ersten Wahlgang müssen diese allerdings 50 Unterstützerunterschriften von wahlberechtigten Backnangern vorlegen.

Briefwahlunterlagen können ab sofort bis Freitag, 26. März, 18 Uhr beantragt werden. Die Stimmzettel werden laut Hauptamtsleiter Timo Mäule am Donnerstag gedruckt und am Freitag verschickt. Das Briefwahlbüro in der Stadtinformation ist voraussichtlich ab Freitag, 19. März, geöffnet. Hier kann auch persönlich vor Ort gewählt werden.

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Erstellt:
16. März 2021, 06:00 Uhr

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