Cancel Culture

Günther geht zu Ruhs-Buchvorstellung statt zum NDR

Nord-Ministerpräsident Günther schwänzt NDR-Festakt zum Intendantenwechsel. Er spricht von einem „extrem schlechten Signal“ und mahnt mehr Meinungsvielfalt an.

Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther mit der in Ludwigsburg geborenen Moderatorin Julia Ruhs.

© Thomas Eisenkrätzer/dpa/Thomas Eisenkrätzer

Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther mit der in Ludwigsburg geborenen Moderatorin Julia Ruhs.

Von Michael Maier/dpa

Der NDR setzt die umstrittene Moderatorin Julia Ruhs nicht mehr in dem Format „Klar“ ein - Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther kritisiert das deutlich – ebenso wie sein CDU-Kollege Manuel Hagel, der in Baden-Württemberg an die Regierungsspitze will.

Es sei „ein extrem schlechtes Signal“, nach nur drei Pilotprojekten auf sie zu verzichten, sagte Günther in Kiel. Es sei hingegen ein gutes Zeichen gewesen, Ruhs bei diesem Format einzusetzen.

Günther äußerte sich bei einer Veranstaltung der Hermann Ehlers Akademie „Debatte erwünscht? Meinungsvielfalt und Medienkultur“, wo Ruhs auch ihr neues Buch „Links-grüne Meinungsmacht - Die Spaltung unseres Landes“ vorstellte. 

Günther war eigentlich als Gast der Festveranstaltung anlässlich des NDR-Intendantenwechsels von Joachim Knuth zu Hendrik Lünenborg angekündigt, nahm jedoch an der sogenannten Staffelübergabe am Abend in Hamburg nicht teil. Zu den Gründen dafür wurde offiziell nichts bekannt. Beobachter gehen jedoch davon aus, dass Günther ein Zeichen setzen wollte.

 

Ruhs-Auftaktsendung zur Migrationskrise

Die drei Pilotfolgen von „Klar“ liefen im April, Juni und Juli in Kooperation von NDR und BR. Für 2026 sind weitere Ausgaben geplant. Die Sendung - die unregelmäßig ausgestrahlt wird - soll Streitfragen aufgreifen, die in der Mitte der Gesellschaft kontrovers diskutiert werden, und verschiedene Perspektiven dazu zeigen.

Die Sendung stieß in der Vergangenheit mehrfach auf Kritik. So äußerten sich etwa der streitlustige ZDF-Moderator Jan Böhmermann und Journalistin Anja Reschke öffentlich zu einzelnen Inhalten. Besonders die Auftaktsendung zur Migration sorgte für Aufsehen - Ruhs hatte dort unter anderem über Gewalt im Zusammenhang mit Einwanderung berichtet.

Der NDR hatte für seine Entscheidung keine Begründung abgegeben. Wer die Ausgaben des NDR präsentieren soll, stehe noch nicht fest. Ruhs bleibt dagegen Teil des Moderationsteams für die Folgen, die der Bayerische Rundfunk (BR) produziert. Das teilten NDR und BR gemeinsam mit.

Günther tritt bei Ruhs-Veranstaltung für Meinungsfreiheit ein

Günther sagte auf der Veranstaltung in seiner Grußbotschaft, er wolle auch ein Zeichen setzen - gerade als ein CDU-Ministerpräsident und als jemand, der immer wieder dafür stehe, „dass wir den politischen Diskurs, gerade unter demokratischen Parteien, positiv führen sollten, dass wir miteinander im Gespräch sind, dass man andere Meinungen akzeptieren sollte, dass man auch andere demokratische Parteien akzeptieren sollte“.

Diskurs bedeute aber auch, „dass es eine Bandbreite gibt, die eben auch dargestellt werden muss“, betonte Günther. Entsprechend wichtig sei es, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk diese Meinungsvielfalt auch wirklich darstellt und garantiert. Im Gegensatz zum NDR habe sich der Bayerische Rundfunk richtig entschieden. „Und ich finde, (...) der Norddeutsche Rundfunk, sollte sich davon lieber eine Scheibe abschneiden“, sagte Günther.

Mit seiner bisherigen Entscheidung erweise sich der NDR einen Bärendienst, weil genau das getan werde, wodurch sich Menschen bestätigt fühlten, die den demokratischen Parteien zu entgleiten drohten, sagte der CDU-Politiker. „Und deswegen wäre mein Wunsch schon, dass man mal ein bisschen guckt: Wie hat sich der Bayerische Rundfunk dazu aufgestellt? Gibt es vielleicht auch andere Möglichkeiten an der Stelle?“, sagte Günther.

Viel Zuspruch für NDR-Moderatorin Julia Ruhs

Ruhs reagierte auf die Entscheidung ebenfalls mit deutlicher Kritik. „Mein "Klar"-Team und ich persönlich haben unglaublich viel Zuspruch für unser Format bekommen, von Menschen, die eigentlich schon das Vertrauen in den öffentlich-rechtlichen Rundfunk und die dortige Meinungsvielfalt verloren haben“, sagte sie der Deutschen Presse-Agentur. „Wir haben also das geschafft, wovon die Sender immer träumen – eine verlorene Zielgruppe zurückzugewinnen.“

Trotzdem habe sich der NDR entschieden, sie von dem Format auszuschließen. „Das ist für mich und mein Team absolut unverständlich, schadet dem Ruf des ÖRR insgesamt, und ich glaube, die Verantwortlichen im NDR werden in einiger Zeit merken, was für ein großer Fehler das war.“

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Erstellt:
18. September 2025, 13:56 Uhr
Aktualisiert:
19. September 2025, 09:00 Uhr

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