Diskussion über Rentenpaket
Rentendebatte spitzt sich zu - Union plant Probeabstimmung
Geht es nach Kanzler Merz, wird im Bundestag am Freitag über das umstrittene Rentenpaket abgestimmt. Die Rebellen in der Union bleiben hart, halten sich und der Koalition aber eine Hintertür offen.
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JU-Chef Johannes Winkel will bei der Abstimmung über das umstrittene Rentenpaket der Koalition mit Nein stimmen. Doch in einer Erklärung halten sich die jungen "Renten-Rebellen" in der Union eine Hintertür offen.
Von Von den dpa-Korrespondenten
Berlin - In der schwarz-roten Koalition spitzt sich die Debatte über das geplante Rentenpaket zu. Trotz Appellen der CDU-Führung, dem Vorhaben der Bundesregierung zuzustimmen, hält eine Gruppe von 18 jungen Unionsabgeordneten das Paket weiterhin für "nicht zustimmungsfähig". Die Junge Gruppe in der Unionsfraktion lässt sich aber eine Hintertür offen: Jedes Mitglied werde selbst entscheiden, wie es im Bundestag abstimmt, heißt es in einer Erklärung. SPD-Chefin Bärbel Bas knüpfte das Fortbestehen der Koalition mit der Union an eine erfolgreiche Abstimmung über das Renten-Vorhaben.
Bundeskanzler Friedrich Merz erwartet, dass der Bundestag an diesem Freitag endgültig über die geplante Rentenreform abstimmt. Am Rande von deutsch-polnischen Regierungskonsultationen in Berlin sagte der CDU-Vorsitzende, die Unionsfraktion werde an diesem Dienstag über das Thema in ihrer regulären Sitzung beraten und "die entsprechenden Schlussfolgerungen" besprechen. Das Rentenpaket bestehe ja nicht nur aus der gesetzlichen Rentenversicherung, sondern auch aus der sogenannten Aktivrente und weiteren Inhalten, "die schon zum 1. Januar 2026 auch in Kraft treten sollen", wie Merz sagte.
JU-Chef Winkel will bei Nein zu Rentenpaket bleiben
Der Vorsitzende des Unions-Nachwuchses von der Jungen Union, Johannes Winkel, kündigte laut CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann in einer intensiven Debatte im Parteivorstand an, er werde bei seiner Ablehnung bleiben. Aus der CDU hieß es aber auch, es habe eine breite Zustimmung dafür gegeben, das Rentenpaket in der aktuellen Form zu beschließen.
Die 18 Abgeordneten der Jungen Gruppe in der Unionsfraktion stemmen sich gegen das Paket, weil ein Rentenniveau von 48 Prozent über 2031 hinaus ihrer Meinung nach zu hohe Kosten verursachen würde. Ein Teil ihrer Stimmen wird benötigt, um eine eigene Koalitionsmehrheit zu sichern. Die Koalitionsspitzen haben ausgeschlossen, den Gesetzentwurf noch einmal zu verändern. Am Dienstag soll es in der CDU/CSU-Fraktion eine Probeabstimmung geben.
Bas knüpft Fortbestand der Koalition an Rentenpaket
Bundesarbeits- und Sozialministerin Bas sagte in Brüssel, sie sei optimistisch, dass es in dieser Woche gelinge, das Rentenpaket zu beschließen. "Das ist wichtig, insbesondere natürlich für den Fortbestand der Koalition, weil ansonsten die Gefahr besteht, dass wir kaum noch andere Gesetzgebungen, wenn das jetzt scheitert, durchs Parlament bringen."
Papier der Jungen Gruppe mit Hintertür
In dem Papier der Jungen Gruppe innerhalb der Unionsfraktion heißt es: "Allen frei gewählten Abgeordneten kommt eine eigene staatspolitische Verantwortung zu." Diese umfasse Rücksicht auf den Koalitionsfrieden und die weitere Regierungsarbeit, aber auch, "die finanzielle Stabilität und die sich daraus ergebende Handlungsfähigkeit unseres Landes in den 2030er-Jahren nicht außer Acht zu lassen".
Anschließend heißt es ganz am Ende des Schreibens: "Vor diesem Hintergrund wird jedes Mitglied der Jungen Gruppe die Argumente abwägen und eine Entscheidung treffen." Diese Formulierung lässt es offen, ob die Mitglieder der Gruppe das Paket ablehnen, ihm zustimmen oder sich enthalten.
Scharfe Kritik äußert die Gruppe am Koalitionspartner. "Leider war die SPD nicht kompromissfähig. Dass die SPD nicht zu Verhandlungen in der Sache bereit war, zu denen sie parlamentarisch verpflichtet gewesen wäre, ist nicht nachvollziehbar."
Linnemann warnt Renten-Rebellen vor Auswirkung auf Koalition
CDU-Generalsekretär Linnemann warnte die Renten-Rebellen in den eigenen Reihen vor Schaden für die Koalitionsregierung. Es gehe am Ende auch um eine Abwägungsfrage, sagte er nach Gremiensitzungen. Sollte das Paket im Bundestag scheitern, werde es schwierig mit der Zusammenarbeit in der Koalition. Es gebe sogar schon Diskussionen bis hin zu einer Minderheitsregierung. Deutschland werde so nicht vorankommen.
"In der Abwägung finde ich es richtig, dass wir dieses Paket jetzt auf den Weg bringen" und man im nächsten Jahr in einer Rentenkommission die Strukturreformen angehe, sagte Linnemann. Auf die Frage, ob eine solche Rentendebatte den Wahlkämpfern in den 2026 anstehenden Landtagswahlen schade, antwortete er: "Wir haben nächstes Jahr fünf Landtagswahlen. Wir können aber jetzt nicht Rücksicht nehmen, nur weil bestimmte Wahlen sind, dass wir hier keine Reformen machen. Und deshalb müssen wir sie angehen."
Bei der Frage, wie viele Abweichler es insgesamt geben könnte, verwies Linnemann auf die Sitzung der Bundestagsfraktion am Dienstag. Dort werde "einmal abgestimmt und dann geschaut". Er setze auf eine ehrliche Debatte.
Spahn: Folge einer Ablehnung wird Stillstand sein
Auch Unionsfraktionschef Jens Spahn warnte in der ARD-Talkshow "Caren Miosga", im Fall einer Ablehnung des Rentenpakets könne in der Koalition nicht weitergemacht werden, als wäre nichts gewesen. "Die Folge wird ja sein, dass erst mal alles zum Stillstand kommt: Bürgergeld, Migration, Energiepolitik." Spahn gab sich zugleich zuversichtlich, die notwendigen Ja-Stimmen zu erreichen. "Die Mehrheit ist im Werden", sagte er.
Für die SPD sei das Thema Rente so wichtig für den Weg in die Koalition gewesen wie für die CDU die Beschränkung illegaler, irregulärer Migration, mehr innere Sicherheit und Wirtschaftswachstum, sagte Spahn. In der Koalition müsse man auch schwere Kompromisse mittragen. Der Fraktionschef verwies darauf, dass die Wirtschaft schrumpfe und Europa und Deutschland in keiner insgesamt stabilen Lage seien. "Da hat jede Abstimmung Folgen über die Sachfrage hinaus, und dieses Ringen findet gerade statt", sagte Spahn.
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SPD-Chefin und Arbeitsministerin Bärbel Bas machte in Brüssel deutlich, dass die Koalition auch ans Rentenpaket geknüpft sei.
