Jurist, OB, Manager und Gatte

Backnangs früheres Stadtoberhaupt Hannes Rieckhoff wird 75 – Thekla Carola Wied spielt für ihn seit Jahren die Hauptrolle

Backnangs früherer Oberbürgermeister Hannes Rieckhoff wird morgen 75. Wie er den runden Geburtstag feiern wird, verrät er nicht. Aber seinem einstigen Wegbegleiter im Rathaus und Mit-Ruheständler Walter Schmitt hat er erst dieser Tage erzählt, dass er sich zum Bergwandern nach Südtirol aufgemacht hat.

Angeregt ins Gespräch vertieft: Hannes Rieckhoff und OB Frank Nopper. Sie begegneten sich anlässlich einer Lesung von Thekla Carola Wied in Backnang im Dezember 2016. Foto: A. Becher

© Pressefotografie Alexander Beche

Angeregt ins Gespräch vertieft: Hannes Rieckhoff und OB Frank Nopper. Sie begegneten sich anlässlich einer Lesung von Thekla Carola Wied in Backnang im Dezember 2016. Foto: A. Becher

Von Armin Fechter

BACKNANG/BOZEN. „Mir geht es gut“, ließ Hannes Rieckhoff den einstigen Ersten Bürgermeister Schmitt am Telefon wissen. Dass er dies so ausdrücklich betonte, hat einen guten Grund: Rieckhoff hatte nämlich – auch das verbindet ihn mit Walter Schmitt – eine Herzgeschichte zu bewältigen. Sein Gesundheitszustand beschäftigte prompt die Regenbogenpresse, was freilich nicht verwundern muss, schließlich ist er ja der Mann an der Seite einer populären Schauspielerin.

Acht Jahre lang stand der in Ulm geborene Jurist an der Spitze der Großen Kreisstadt an der Murr. Die Backnanger hatten das CDU-Mitglied im ersten Wahlgang zum OB gewählt. Er setzte sich dabei mit 54,3 Prozent der Stimmen gegen einen SPD-Konkurrenten durch. Sein Amt trat er am 1. April 1986 an.

Schon davor hatte er eine makellose Laufbahn hingelegt: Nach dem Abi in Ulm, dem Jura-Studium mit dem ersten Staatsexamen in Freiburg und dem zweiten juristischen Staatsexamen in Stuttgart – zwischendurch leistete er auch noch zwei Jahre Wehrdienst – war er ab 1974 in verschiedenen Stellen der Landesverwaltung tätig, zuletzt im Range eines Ministerialrats im Innenministerium.

In Rieckhoffs Amtszeit erlebte die Stadt einen spürbaren Aufschwung, wie später bilanziert wurde. Glückliche Umstände trugen dazu bei: In diesen Jahren sprudelten die Gewerbesteuerquellen – insbesondere durch die ANT, den größten Arbeitgeber in der Stadt – ganz enorm.

Dank seiner zupackenden, weltläufigen und eloquenten Art, auch durch seinen Charme und Esprit schaffte Rieckhoff es rasch, sich auch bei vielen jener Bürger beliebt zu machen, die ihn nicht gewählt hatten. Seine große Beliebtheit lässt sich an einer beispiellosen Aktion des Backnanger Jugendzentrums ablesen: Die jungen Leute verliehen ihm zum Dank für die langjährige Unterstützung und gute Zusammenarbeit die lebenslange Juze-Ehrenmitgliedschaft.

Als OB brachte Rieckhoff mächtig Schwung in Backnangs kommunalpolitisches Leben. Die Wörter zügig und effektiv gehörten damals zu den Begriffen, mit denen er die Verwaltung ebenso wie die Stadträterunde auf Trab hielt. Gemäß diesen seinen Lieblingsvokabeln wickelte er die Ratssitzungen ab, schob Schwafeleien einen Riegel vor und gab einen neuen Takt vor. Das trug ihm freilich auch Kritik seitens der Stadträte ein; da war dann von einem gesunden Spannungsverhältnis die Rede. Bei gelegentlichen Wortgefechten konnte er allerdings auf seinen geschliffenen Redestil vertrauen und etwaige Opponenten argumentativ und rhetorisch in Schach halten.

Ein ums andere Mal brillierte er auch im Kreistag. Wenn er da eines seiner rhetorischen Feuerwerke zündete – immer mit einer Portion Ironie gespickt, die Raum für Deutungen offen ließ –, sorgte er auch bei Andersdenkenden für schieres Vergnügen. Als ihn der damalige Landrat Horst Lässing schließlich im Jahr 1994 aus dem Gremium verabschiedete, entgegnete Rieckhoff wohldosiert und gepflegt, er wisse noch nicht, ob er unter Entzugserscheinungen leiden werde, wenn der Kreistag ohne ihn zusammentritt und er „nicht mehr gläubig zu Füßen unseres Landrats sitzen darf“. Und er fügte trocken an: „Sie werden mir in angemessener Weise fehlen.“

Ein Jahr vor Ende seiner achtjährigen Amtszeit kündigte Rieckhoff an, dass er nicht mehr zur Wahl antreten werde. Viele waren überrascht, andere hatten ohnedies nicht geglaubt, dass er seine berufliche Karriere in Backnang beenden würde. Die Würfel waren jedenfalls gefallen: Rieckhoff ging in die Wirtschaft zum RWE-Konzern. 1996 wurde er Chef der Mainkraftwerke in Frankfurt und war dann Vorstandsvorsitzender der NCO Energie AG. Am 1. Oktober 2002 trat er, 58 Jahre alt, in den Ruhestand.

Doch weder seine Verwaltungstätigkeit in Backnang noch sein Engagement in der Wirtschaft trugen ihm so viel Aufmerksamkeit ein wie seine Heirat mit der Schauspielerin Thekla Carola Wied im Juni 1992. Die geschätzte Mimin spielt für ihn seitdem die Hauptrolle.

Öffentlich verkündet wurde die Eheschließung, über geraume Zeit das bestgehütete Geheimnis in der Stadt, per Anzeige in der Backnanger Kreiszeitung. „Wir haben geheiratet“, hieß es dort schlicht, darunter die Namen der Vermählten mit ihren jeweiligen Adressen. Wied war damals einem breiten Publikum vor allem durch die ZDF-Serie „Ich heirate eine Familie“ bekannt. Getraut wurden die beiden in Meersburg.

Die große Liebe nahm bei einer Soiree ihren Anfang

Ein Jahr davor hatten sie sich kennengelernt, anlässlich einer literarischen Lesung, zu der die Schauspielerin ins Backnanger Bürgerhaus gekommen war. Am Rande der Soiree, zu der die Landesgirokasse eingeladen hatte, konnten sie sich nur kurz unterhalten, was Rieckhoff schnell bedauerte. Bereits einen Tag darauf verfasste er die Zeilen, die zusammen mit Wieds Antwort Jahre später in einem Buch veröffentlich wurden: „Sehr verehrte, liebe Frau Wied, an jenem Abend in der schwäbischen Provinz, wo die durchaus wohlmeinenden Menschen auch zwischen den Sätzen der Sonate klatschen, hätte ich mich gerne länger mit Ihnen unterhalten (...) Ich fände es schön, Sie wiederzusehen. Ihr Hannes Rieckhoff.“ Aus Berlin kam zurück: „Sehr geehrter Herr Rieckhoff! Ihr liebenswerter Gruß aus Backnang hat Freude und Überraschung ausgelöst (...) Sie fänden es schön, mich wiederzusehen – nicht als Frage formuliert, sondern als emotionale Äußerung, die ich ebenso emotional mit einer Frage beantworte: Warum denn nicht? Es grüßt Sie sehr herzlich – mit der gebotenen Zurückhaltung – Ihre Thekla C. Wied.“ Bald darauf wurden Wied und Rieckhoff des öfteren zusammen gesehen, es wurde auch gemunkelt, aber dass sich da eine Heirat anbahnte, überraschte dann doch.

Und was für eine Überraschung das dann war, was für ein Glanz da auf Backnang fiel! Nein, so eine First Lady hatte die einstmalige süddeutsche Gerberstadt noch nicht gesehen. Wenn es eines Gradmessers bedurfte, um abzulesen, wie die Leute reagierten, könnte man den ersten Neujahrsempfang nach der Heirat heranziehen. Zum traditionellen Defilee kamen um die 1300 Besucher – sonst waren es 700, höchstens 800 gewesen.

Heute lebt Rieckhoff zusammen mit Thekla Carola Wied, die vor Kurzem ebenfalls 75 geworden ist, in München.

Neujahrsempfang 1993: Eine Stunde lang nehmen Hannes Rieckhoff und Thekla Carola Wied das Defilee der 1300 Gäste ab und schütteln geduldig Hände. Archivfoto

Neujahrsempfang 1993: Eine Stunde lang nehmen Hannes Rieckhoff und Thekla Carola Wied das Defilee der 1300 Gäste ab und schütteln geduldig Hände. Archivfoto

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Erstellt:
21. September 2019, 06:00 Uhr

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