Wahrzeichen von Berchtesgaden
Juwel der Alpen: Eiskapelle am Watzmann ist eingestürzt
In den Alpen werden die Folgen des Klimawandels besonders sichtbar – ganz akut auch in den Berchtesgadener Alpen. Das bedeutet für Bergsteiger zusätzliche Gefahren.

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So majestätisch war die Eiskapelle am Watzmann einst anzusehen.
Von Markus Brauer/dpa
Die Eiskapelle am Fuß der Watzmann-Ostwand in den Berchtesgadener Alpen ist eingestürzt. Dies sei eine Folge des fortschreitenden Klimawandels, hat der Nationalpark Berchtesgaden mitgeteilt.
Bei der Eiskapelle handelte es sich um einen Hohlraum im Inneren des Firneisfelds auf rund 900 Metern Höhe. Seit Ende 2019 habe die Formation mehr als 575.000 Kubikmeter Firneis verloren, heißt es in der Mitteilung. Forscher hatten deshalb laut Nationalparkverwaltung das Verschwinden der Eiskapelle vorhergesagt, über den frühen Zeitpunkt des Einsturzes seien aber auch die Experten überrascht.
Auswirkungen für Wanderer
Akut bedeutet der Einsturz der Eiskapelle zusätzliche Gefahren für Bergsteiger. „Wir warnen Wanderer eindringlich vor dem Betreten der Reste der Eiskapelle. Es herrscht im gesamten Bereich der Eiskapelle akute Steinschlaggefahr.
Auch der letzte, noch stehende Eisbogen und die Eiswände am Rand können jederzeit zusammenbrechen“ sagt Nationalparkleiter Roland Baier. Vom Einsturz der Eiskapelle seien auch die Zustiege in die Watzmann-Ostwand betroffen.
Konkrete Folge des Klimawandels
„Es ist bedrückend und schockierend zugleich, dass die Eiskapelle, die bereits Alexander von Humboldt im November 1797 besuchte, nun einfach weg ist“, erklärt Baier. „Damit verlieren wir nicht nur eine wichtige regionale Sehenswürdigkeit, sondern auch ein überregional wertvolles Geotop.“ Der Einsturz der Eiskapelle sei ein für alle deutlich sichtbarer Beleg dafür, welche Veränderungen der Klimawandel vor Ort mit sich bringe.
Ob sich die Eiskapelle irgendwann neu bilden könnte, ist offen. Am Ende des Eisgrabens am Fuße der Watzmann-Ostwand würden sich auch in Zukunft winterliche Niederschlagsmassen in Form von Lawinenschnee sammeln und ein Firneisfeld mit einem Höhlensystem bilden, erklärte Andreas Wolf, der Vorsitzende des Verbandes der Deutschen Höhlen- und Karstforscher. „In welcher Größe und in welchem Ausmaß, wird die Zukunft zeigen.“
Klimawandel zeigt sich in den Bergen besonders deutlich
Der Klimawandel zeigt sich gerade in den Bergen ganz besonders deutlich. Das Abschmelzen der Gletscher gilt als Indikator für die globale Erwärmung. Für Bergsteiger bedeutet das: Der Steinschlag nimmt zu, die Randspalten zwischen Eis und Fels werden größer – so etwa am Höllentalferner als einer der beliebten Aufstiege zur Zugspitze.
Der Nördliche Schneeferner an der Zugspitze etwa sei „in einem bedauerlichen Zustand“, mahnt der Glaziologe und Geograf der Hochschule München, Wilfried Hagg. „Die Oberfläche ist weiter stark eingesunken und ein Felsriegel in der Mitte ist stark angewachsen, er droht, den Gletscher in den nächsten Jahren von oben her in zwei Eisflecken zu zerteilen.“ Bis Ende des Jahrzehnts, so die Einschätzung der Forscher, wird der Nördliche Schneeferner kein Gletscher mehr sein.
Früher wird es demnach den Watzmann- und Blaueisgletscher bei Berchtesgaden in Bayern treffen. Die Prognose hier sind noch zwei oder drei Jahre. Nur der Höllentalferner dürfte etwas länger überleben – ungefähr bis zum Jahr 2035.
Vor zwei Jahren hatten Wissenschaftler dem Südlichen Schneeferner den Status als bis dahin fünftem deutschem Gletscher aberkannt. Unter anderem floss er nicht mehr – ein Kriterium für die Einordnung als Gletscher.