Migrationspolitik

Kabinett beschließt Umsetzungsgesetz für Europäisches Asylsystem Geas

Das Bundeskabinett hat am Mittwoch den Gesetzentwurf zur Umsetzung des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (Geas) in nationales Recht beschlossen.

Die Bundesregierung arbeitet weiter an einer Verschärfung der Migrationspolitik. (Archivbild)

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Die Bundesregierung arbeitet weiter an einer Verschärfung der Migrationspolitik. (Archivbild)

Von red/afp

Die Bundesregierung arbeitet weiter an einer Verschärfung der Migrationspolitik und hat nun einen weiteren Baustein auf den Weg gebracht: Das Bundeskabinett verabschiedete am Mittwoch den Gesetzentwurf zur Umsetzung des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (Geas) in nationales Recht.

„Jetzt setzen wir Geas konsequent um - für starke EU-Außengrenzen, für mehr Sicherheit und Ordnung in Europa. Wir übernehmen Verantwortung für unsere Bürger und die Menschen, die bei uns Schutz suchen“, schrieb Kanzler Friedrich Merz (CDU) auf X.

Wir haben die Migrationswende eingeleitet: Die Asylantragszahlen sinken. Jetzt setzen wir GEAS konsequent um - für starke EU-Außengrenzen, für mehr Sicherheit und Ordnung in Europa. Wir übernehmen Verantwortung für unsere Bürger und die Menschen, die bei uns Schutz suchen. — Bundeskanzler Friedrich Merz (@bundeskanzler) September 3, 2025

Das Bundesinnenministerium sieht darin laut dem Entwurf eine „Grundlage, um EU-weit die Gewährung internationalen Schutzes insgesamt zu steuern und zu ordnen“. Mit der Gesetzesnovelle „geht Deutschland in der Migrationspolitik weiter voran“, betonte Innenminister Alexander Dobrindt (CSU). „Wir brauchen ein funktionierendes System auf europäischer Ebene, um die illegale Migration nach Deutschland dauerhaft zu begrenzen und die Überforderung unserer Systeme zu beenden.“

Asylverfahren sollen verstärkt an EU-Außengrenzen stattfinden

„Das Gemeinsame Europäische Asylsystem ist der Schlüssel, um Migration besser Steuern und ordnen zu können“, sagte Regierungssprecher Stefan Kornelius. „Gleichzeitig werden humanitäre Standards für die Geflüchteten geschützt.“ Kornelius verwies auf die Absprache im Koalitionsvertrag, „die neuen europäischen Regeln noch in diesem Jahr ins Parlament einzubringen“.

Die Reform sieht eine deutliche Verschärfung der Asylregeln in der EU vor. Nach Möglichkeit sollen Verfahren bereits an den Außengrenzen der Europäischen Union abgewickelt werden. Dort sollen neue Asylzentren eingerichtet werden. „An den EU-Außengrenzen wird künftig entschieden, wer ein Asylverfahren durchläuft und wer zurückgeführt wird“, sagte Kornelius. „Gleichzeitig werden Mitgliedstaaten, die besonders belastet sind, mehr Unterstützung von anderen Staaten bekommen.“

Laut Bundesinnenministerium ist zudem ein „Screening“ vorgesehen: „Alle Personen, die irregulär in die EU eingereist sind, werden künftig innerhalb weniger Tage überprüft“, teilte das Ministerium mit. Geas enthält aber auch einen Mechanismus zur Verteilung von Geflüchteten in der EU. Ein Sprecher des Innenministeriums betonte zudem, dass „für Menschen, die von den Regelungen betroffen sein werden, der Rechtsstaat oder rechtsstaatliche Standards in Deutschland gelten“. Das werde durch die Geas-Umsetzung „nicht angefasst“.

Unterschiedliche Reaktionen auf den Kabinettsbeschluss

Nach dem Kabinettsbeschluss zeigte sich die Flüchtlingsbeauftragte Natalie Pawlik überzeugt, dass Deutschland einen Beitrag leiste, „damit die Aufnahme von Schutzsuchenden in ganz Europa solidarischer gesteuert und gerechter geordnet wird“. Das sei „längst überfällig“. Weiter erklärte Pawlik: „Humanität und Ordnung schließen sich nicht aus.“

Die SPD-Fraktionsvize Sonja Eichwede sprach von einem „wichtigen Schritt für mehr Steuerung und mehr Humanität im europäischen und nationalen Asyl- und Aufenthaltsrecht“. Migration lasse sich nur gemeinsam auf europäischer Ebene mit allen Mitgliedstaaten lösen und ordnen.

Die Linke forderte einen Stopp der Geas-Reform. Es drohe „eine weitere dramatische Verschlechterung der Lage von Asylsuchenden in Deutschland“, warnte die flucht- und innenpolitische Sprecherin der Linken im Bundestag, Clara Bünger. „Die von der Bundesregierung vorgeschlagenen Regelungen werden zur massenhaften rechtswidrigen Inhaftierung  von schutzsuchenden Menschen führen.“

Scharfe Kritik von Menschenrechts- und Kinderrechtsorganisationen

Pro Asyl forderte den Bundestag auf, die Reform nicht einfach durchzuwinken. Die Organisation kritisierte wie die Linkspartei besonders, dass die Möglichkeiten zur Freiheitsbeschränkung und Freiheitsentziehung ausgebaut würden. Selbst Kinder könnten in Haft genommen werden, wenn beispielsweise einem ihrer Elternteile diese Freiheitsbeschränkung auferlegt würde, sagte die rechtspolitische Sprecherin Wiebke Judith der „Rheinischen Post“. 

„Die Möglichkeiten zur Inhaftierung Schutzsuchender werden immer weiter ausgedehnt“, kritisierte auch die Menschenrechtsorganisation Amnesty International. Haft dürfe jedoch „nie zum Normalfall werden – auch nicht für abgelehnte Asylsuchende“. Ai-Expertin Sophie Scheytt kritisierte die Verschärfungen als „menschenrechtswidrig“ und als „Rückschritt für die Rechte Schutzsuchender in Europa“.

Das Deutsche Kinderhilfswerk forderte die Bundesregierung auf, die Geas-Reform in Deutschland konsequent an der UN-Kinderrechtskonvention auszurichten. „Geflüchtete Kinder stellen eine besonders vulnerable Gruppe dar. Es ist die Aufgabe des Gesetzgebers, diese Kinder adäquat zu schützen“, betonte Vizepräsidentin Anne Lütkes.

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Erstellt:
3. September 2025, 14:30 Uhr

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