Katastrophenschutzübung: 400 Einsatzkräfte proben den Ernstfall

Was passiert bei einem Starkregen mit Überflutungen? Was in diesem Fall zu tun wäre, proben die Blaulichtfamilie und der Rems-Murr-Kreis im Oberen Murrtal. Die Katastrophenschutzübung läuft reibungslos, lautet am Ende das Fazit.

Eine von 13 Stationen bei der Übung: Im Fischbachtal steht eine Wasserrettung an. Zum Überbrücken des Bachs verwenden die DLRG-Helfer eine Korbtrage. Fotos: Tobias Sellmaier

© Tobias Sellmaier

Eine von 13 Stationen bei der Übung: Im Fischbachtal steht eine Wasserrettung an. Zum Überbrücken des Bachs verwenden die DLRG-Helfer eine Korbtrage. Fotos: Tobias Sellmaier

Von Andreas Ziegele

Rems-Murr. Wohl jeder hat noch die schrecklichen Bilder der Flutkatastrophe vom Juli des vergangenen Jahres im Kopf. Und nicht zufällig ist das Szenario der Katastrophenübung des Rems-Murr-Kreises stark an dieses Jahrhundertereignis angelehnt.

Massiver Starkregen geht die vergangenen Tage über das Obere Murrtal nieder. Die Lage hat sich dabei immer mehr zugespitzt und es drohen weitflächig Überflutungen, die punktuell schon stattgefunden haben. Das ist das Übungsszenario von einer der größten Katastrophenübungen der letzten zehn Jahre im Rems-Murr-Kreis.

In der Einsatzzentrale im Feuerwehrhaus in Oppenweiler hat sich der Führungsstab der Feuerwehren des Rems-Murr-Kreises zur Koordinierung der Lage eingerichtet. Sie besteht aus insgesamt sechs Stabsfunktionen mit 42 Mitgliedern und wird noch von Vertretern der Bundeswehr, der Polizei und des Technischen Hilfswerks ergänzt. Die Leitung hat an diesem Tag Jochen Wolf, stellvertretender Kreisbrandmeister des Rems-Murr-Kreises und Waiblinger Feuerwehrkommandant. Die gesamte Übung wird koordiniert vom Bereich Brand- und Katastrophenschutz des Landratsamts und in engem Austausch mit den Blaulicht- und Rettungsorganisationen aus dem Rems-Murr-Kreis durchgeführt.

„Die Ereignisse im Ahrtal zeigen, dass es wichtig ist, sich vorzubereiten“

„Wir wappnen uns in der Hoffnung, dass wir die Erkenntnisse nie brauchen werden“, sagt Landrat Richard Sigel. „Das Murrhochwasser 2011 und die Ereignisse im Ahrtal zeigen, dass es wichtig ist, vorauszuschauen und sich vorzubereiten.“ Sigel verwies in diesem Zusammenhang auch auf die Starkregenwarnung von Ende August dieses Jahres für das Murrtal. Obwohl es damals eine Entwarnung gab, betont der Landrat: „Umso wichtiger ist, dass wir uns im Bereich Katastrophenschutz immer besser aufstellen: Von einem kreisweiten Pegelmessnetz zur Hochwasservorhersage über ein flächendeckendes Sirenennetz bis hin zu regelmäßigen Übungen mit allen Beteiligten im Landkreis.“

400 Teilnehmer mit 100 Einsatzfahrzeugen waren beteiligt

Großes Interesse weckte die Übung auch bei der Kommunal- und Landespolitik. Alle Bürgermeister der beteiligten Kommunen und die Staatssekretäre Wilfried Klenk vom Innenministerium sowie Siegfried Lorek vom Justizministerium verfolgten die Übung von Anfang bis Ende.

An 13 Stationen in Oppenweiler, Sulzbach an der Murr, Spiegelberg und Murrhardt waren die Einsatzkräfte unter Hochdruck tätig. An der Übung waren rund 400 Teilnehmer mit 100 Einsatzfahrzeugen der Feuerwehren, des Deutschen Roten Kreuzes, des Malteser Hilfsdiensts, des Technischen Hilfswerks, der DLRG, der Gemeinde Sulzbach und der Polizei beteiligt. Die Einsatzkräfte wurden aus dem gesamten Kreisgebiet zusammengezogen.

Feuerwehrkräfte und Taucher der DLRG suchen in einem Teich nach Ertrunkenen.

© Tobias Sellmaier

Feuerwehrkräfte und Taucher der DLRG suchen in einem Teich nach Ertrunkenen.

Eine Station der Übung war das Fischbachtal bei Sulzbach an der Murr. Dort wurde ein Zeltlager weggespült und es wurden Personen vermisst. Mit zwei mit Infrarotkameras bestückten Drohnen, die von einem Piloten und einem Luftraumbeobachter von DRK und THW gesteuert wurden, wurde das Gelände aus der Luft abgesucht. Am Boden waren acht Flächensuchhunde und Mantrailer-Hunde damit beschäftigt, in den angrenzenden Waldgebieten nach den Vermissten zu suchen.

Etwas weiter im Fischbachtal wurde eine Wasserrettung vom DLRG durchgeführt. Zum Überbrücken des Bachs kam dabei eine Korbtrage zum Einsatz. Zwei Taucher der DLRG suchten einen nahe liegenden Teich nach möglicherweise Ertrunkenen ab. Zwei Boote mit Besatzung der Freiwilligen Feuerwehr Backnang unterstützten diesen Übungseinsatz. „Bei größeren Gewässern wie beispielsweise dem Aichstrutsee kommt Sonar zum Einsatz“, erklärte der Einsatzleiter. „Mit Tauchern alleine würde das viel zu lange dauern.“ Zur Flachwasserbergung stand noch ein 36000 Euro teures Hochwasserboot der DLRG Ortsgruppe Schorndorf bereit.

Eines der wichtigsten Dinge bei Hochwasser sind nach wie vor Sandsäcke. In Murrhardt hatte die Feuerwehr Korb einen Stützpunkt zur Befüllung dieser Sandsäcke eingerichtet. Da das händische Befüllen der Säcke sehr mühsam ist, hat der Landkreis im Jahr 2011 automatische Sandbefüllungsanlagen angeschafft. Eine dieser Anlagen, die normalerweise in Korb stationiert ist, kam bei dieser Übung zum Einsatz. „Mit dieser Anlage schaffen wir es, rund 1000 Säcke zu je 20 Kilogramm pro Stunde, abhängig von der Feuchtigkeit des Sands, zu befüllen“, erläuterte der Kommandant der Feuerwehr Korb. Dazu waren 15 Personen und ein Zugführer im Einsatz.

„Lediglich bei einigen Details hat sich Optimierungsbedarf ergeben“

Die befüllten Säcke wurden dann in Gitterboxen verladen, die eine Aufnahmekapazität von einer Tonne haben, und anschließend zu den jeweiligen Einsatzorten transportiert. „Es bedarf trotz der Anlage ein gewisses Gefühl für die Befüllung, denn die Maschine stoppt nicht automatisch“, so Schiek. Auf die Frage, wie lange ein befüllter Sack gelagert werden kann, antwortete der Korber Kommandant: „Ohne Lichteinfluss können die Sandsäcke fünf bis sechs Jahre gelagert werden, ohne dass sich die Umhüllung auflöst.“

In der Ortsmitte von Sulzbach an der Murr fanden Pumpenarbeiten statt.

© Tobias Sellmaier

In der Ortsmitte von Sulzbach an der Murr fanden Pumpenarbeiten statt.

Weitere Stationen dieser Mammutübung waren die Evakuierung eines Seniorenpflegeheims und Pumparbeiten in der Ortsmitte von Sulzbach. Dort kamen auch die Großpumpen des THW zum Einsatz. Der Hochwasserzug der Feuerwehr Sulzbach beschäftige sich an derselben Stelle mit dem Sandsackverbau zur Verhinderung von Überflutungen der Ortsmitte.

Stellvertretend für die vier beteiligten Kommunen sagte der Sulzbacher Bürgermeister Dieter Zahn: „Unsere Gemeinde hat sich gemeinsam mit der freiwilligen Feuerwehr gerne als zentraler Übungspunkt in diese Übung eingebracht.“ Wichtig sei aber auch die Vorsorge: „Im Bereich der öffentlichen Hochwasservorsorge wurde bereits Beachtliches erreicht. Dieses Jahr konnte im Hauptort Sulzbach der örtliche Hochwasserschutz abgeschlossen werden.“ Ähnlich sieht es in den anderen drei Mitgliedskommunen des Wasserverbands Murrtal – den Städten Backnang, Murrhardt und der Gemeinde Oppenweiler – aus. Alle Kommunen arbeiten darüber hinaus an Starkregen-Ereigniskarten. Für den Schultes ist es aber auch wichtig, dass private Grundstückseigentümer ihr Risiko kennen und eigene Vorsorge treffen.

Fazit: die Katastrophenschutzübung lief reibungslos

Landrat Sigel und Bürgermeister Zahn dankten beim Abschluss in der Sulzbacher Festhalle den Einsatzkräften für ihr zupackendes Engagement. „Mein herzlicher Dank geht an die rund 400 Einsatzkräfte, die heute alles gegeben haben für unsere Sicherheit – und das größtenteils im Ehrenamt“, so der Landrat.

Ein positives Fazit am Ende der rund sechsstündigen Übung zog Kreisbrandmeister René Wauro: „Die Katastrophenschutzübung lief reibungslos. Lediglich bei einigen Details hat sich Optimierungsbedarf ergeben.“

Zahlen und Fakten

Im Einsatz An der Übung waren beteiligt:

– 232 Kräfte aus 26 Landkreisfeuerwehren mit 51 Fahrzeugen

– 112 Kräfte aus den Hilfsorganisationen DRK und Malteser mit 35 Fahrzeugen

– 20 Kräfte des DLRG mit 5 Fahrzeugen

– 22 Kräfte des THW mit 4 Fahrzeugen

– 4 Kräfte des Bundesverbands für das Rettungshundewesen mit einem Fahrzeug

– 8 Kräfte der Polizei mit 4 Fahrzeugen

– 8 Rettungshunde des DRK, THW und des Bundesverbands für das Rettungshundewesen.

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Erstellt:
24. Oktober 2022, 06:00 Uhr

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