US-Umweltbehörde
Kehrtwende im Klimaschutz
Die US-Umweltbehörde EPA will allen bisher geltenden Klimaschutzmaßnahmen der US-Regierung die Grundlage entziehen.

© dpa/Sue Dorfman
Die Verbrenner-Lobby ist von den Plänen erfreut.
Von Thilo Kößler
Der Leiter der US-Umweltschutzbehörde EPA, Lee Zeldin, kündigte in Indianapolis an, die sogenannte „Gefährdungsfeststellung“ aus dem Jahr 2009 aufzuheben. Damit hatte Präsident Obama die wissenschaftliche Grundlage für die strengen Grenzwerte bei den CO₂-Emissionen von Autos, Kraftwerken und Industrieanlagen festgelegt und sich dem internationalen Konsens der Wissenschaft zum Klimawandel angeschlossen. Zeldin will dem rechtlichen Rahmen des Clean Air Act, der auf dieser wissenschaftlich fundierten Einschätzung beruht, jetzt die Grundlage entziehen und es künftigen Regierungen unmöglich machen, die Emission von Treibhausgasen zu regulieren. Das läuft auf eine komplette Beendigung der bisherigen Klimapolitik des Landes hinaus und bedeutet eine dramatische Absage an alle internationalen Bemühungen, das Klimaziel einer maximalen Erderwärmung von 1,5 Grad über dem vorindustriellen Niveau einzuhalten.
Umweltschützer gehen von gerichtlicher Niederlage der EPA aus
Zeldin erhofft sich „die größte Deregulierungsmaßnahme in der Geschichte der Vereinigten Staaten“. Er erklärte ausgerechnet im Showroom eines Lkw-Händlers, dass mit seinem Vorstoß auch sämtliche Grenzwerte für die CO₂‑Emissionen von Autos und Lastwagen in den USA aufgehoben würden. Der Verkehr gilt als der größte Verursacher von Treibhausgasen in den USA.
Die EPA räumte nun eine Frist von 45 Tagen ein, um Stellungnahmen einzuholen. Die geplante Aufhebung der wissenschaftlichen Grundlagen für die Umsetzung klimapolitischer Ziele wird jedoch mit Sicherheit auf erheblichen rechtlichen Widerstand stoßen. David Doniger, Anwalt der Umweltorganisation Natural Resources Defense Council, sagte der New York Times, er gehe davon aus, dass die Gerichte das Vorhaben letztlich zu Fall bringen würden. Zeldin will seinen Vorstoß jedoch durch die Instanzen peitschen und kündigte an, seine Initiative spätestens im nächsten Jahr zu finalisieren.
Der Minister streitet den Klimawandel energisch ab
Erst im Juni hatte die Trump-Regierung beschlossen, die Grenzwerte für Treibhausemissionen von Kraftwerken aufzuheben und die Beschränkungen für deren CO₂-Emissionen, namentlich Quecksilber, Arsen und Blei zu lockern. Die Regierung verfügte, wichtige Messungen der CO₂-Belastung in der Atmosphäre einzustellen und die Genehmigung von Wind- und Solaranlagen hinauszuzögern.
Der Minister, der den Klimawandel energisch abstreitet und das Umweltministerium am liebsten auflösen würde, weiß mit seinem Plan mächtige Lobbygruppen hinter sich. John Bozella von der „Alliance for Automotive Innovation“ erklärte die Emissionsvorschriften der demokratisch geführten Regierungen unter Obama und Biden „für nicht umsetzbar“ und unterstützte Zeldin bei seinen Bemühungen, „die Wettbewerbsfähigkeit der amerikanischen Autoindustrie zu erhalten“. Das American Petroleum Institute, eine Lobbygruppe der Ölindustrie, erklärte, die Abgasvorschriften hätten benzinbetriebene Fahrzeuge faktisch verboten. Die Initiative Zeldins dürfte nach Einschätzung von Marktbeobachtern dazu führen, dass die Zahl der Zulassungen von E-Autos deutlich zurückgeht.
Umweltverbände und Klimaaktivisten laufen jetzt bereits Sturm
Zeldin stützt seinen Vorstoß auf einen Bericht des Energieministeriums, das erst unlängst fünf klimapolitische Kritiker in sein wissenschaftliches Gremium berufen hatte. Sie lehnen den wissenschaftlichen Konsens zum Klimawandel vehement ab und vertreten die These, dass Treibhausgase in der Atmosphäre positive Auswirkungen hätten, weil sie Pflanzenwachstum förderten und die landwirtschaftliche Produktion steigerten. Staatliche Klimavorschriften hätten ohnehin nur einen begrenzten Einfluss auf den globalen Temperaturanstieg, behaupten sie.
Umweltverbände und Klimaaktivisten laufen jetzt bereits Sturm gegen die Pläne der Trump-Regierung. Die Ankündigung der EPA ignoriere die offensichtliche Realität der Klimakrise, erklärte der ehemalige US-Vizepräsident Al Gore. „Das ist eine Generalabsage an wissenschaftliche Erkenntnis zugunsten der Interessen und Gewinne der fossilen Brennstoffindustrie“, sagte Al Gore. Robert J. Brulle, US-amerikanischer Umweltsoziologe an der Drexel University kommentierte Zeldins Initiative mit den knappen Worten: „Dieser Umweltminister ist ein ausgewachsener Klimaleugner.“