Keime im Wasser und (k)ein Ende in Sicht?

Die Ursache für die Verunreinigung des Trinkwassers im unteren Bereich von Burgstall ist noch nicht gefunden worden. Im September hatte man Enterokokken im Wassernetz festgestellt. Jetzt soll ein Hochbehälter überprüft werden. Die Untersuchungen sind sehr aufwendig und zeitintensiv.

Bürgermeisterin Irmtraud Wiedersatz und Ingenieur Ulrich Zwink bei der routinemäßigen Besprechung des Verkeimungsproblems. Foto: A. Becher

© Alexander Becher

Bürgermeisterin Irmtraud Wiedersatz und Ingenieur Ulrich Zwink bei der routinemäßigen Besprechung des Verkeimungsproblems. Foto: A. Becher

Von Florian Muhl

Burgstetten. Rund 550 Haushalte in der sogenannten Unteren Zone von Burgstall sind betroffen. Grob gesagt alle Bewohner, die unterhalb des Rathauses wohnen. Wenn sie den Wasserhahn in ihrer Küche oder im Bad aufdrehen, erhalten sie zwar frisches Trinkwasser, aber es ist gechlort. Es riecht danach. Und es schmeckt danach. Für die meisten ungenießbar. Sie versorgen sich mit Trinkwasser im Supermarkt.

„Ich bin auch betroffen“, sagt Irmtraud Wiedersatz. „Ich wasche damit meinen Salat und habe keine Bedenken.“ Die Bürgermeisterin hat Verständnis für die Anwohner, betont aber auch, dass das Wasser, das die Gemeinde abgibt, der Trinkwasserverordnung entspricht und verwendet werden kann. Die Zugabe von Chlor sei ausdrücklich zugelassen. „Wir tun alles, um die Ursache der Verkeimung so schnell wie möglich zu finden“, versichert die Verwaltungschefin. „Aber das dauert leider seine Zeit.“

„Die Untersuchungen sind sehr aufwendig, da vergehen Wochen“, untermauert Ulrich Zwink die Aussagen der Bürgermeisterin und beteuert: „In keinster Weise herrscht Stillstand. Die Gemeinde ist Tag und Nacht dahinter her.“ Der Geschäftsführer des Backnanger Ingenieurbüros Frank erklärt die Hintergründe: „Wir müssen im Ausschlussverfahren vorgehen.“ Seit mittlerweile fünf Monaten sind die Mitarbeiter der Gemeindeverwaltung und des Ingenieurbüros in Abstimmung mit dem Gesundheitsamt den Erregern auf der Spur. Diese können dann das Trinkwasser von außen verunreinigen, wenn es im Netz eine undichte Stelle gibt. Das kann beispielsweise bei einem Rohrbruch oder einem defekten Hausanschluss der Fall sein. Beides hatte man in Burgstall gefunden und damit gehofft, die Ursache gänzlich erkannt zu haben. Doch nach einer weiteren Beprobung wurde noch immer eine – wenn auch geringe – Verunreinigung gemessen.

Das Zeitraubende an dem ganzen Verfahren ist die notwendige Vorgehensweise beim Ziehen von Proben. Bevor ein Mitarbeiter des Labors aus Ludwigsburg eine nehmen kann, muss das Trinkwasser frei von Chlorrückständen sein. Dazu muss aber zuvor das Wassernetz gespült werden. Und das dauert ein bis zwei Wochen.

Das Warten aufs Ergebnis dauert wie beim Corona-PCR-Test weitere drei bis vier Tage. Wird erneut eine Verunreinigung gemessen, muss wieder gechlort werden. Und so weiter. Zwischendurch begeben sich die Fachleute auf die Suche nach Wasserverlusten. Dazu hängen sie Sensoren in Schächte, die Wasserbewegungen feststellen können. Fließt beispielsweise nachts viel Wasser in einer Leitung, kann das ein Hinweis auf einen Rohrbruch sein. So ist man einer Leckage in der Hauptzuleitung zwischen der Betriebszentrale Erbstetten und dem Hochbehälter Burgstall auf die Spur gekommen. Dieses größere Leck wurde im November behoben. Laut Zwink gibt es noch ein weiteres Leck in dieser Hauptleitung. Jedoch sei der Wasserverlust so gering, dass es sich nicht orten lasse. Jetzt will man mit einem dauerhaften Überdruck in der Leitung verhindern, dass Keime eindringen können.

Zudem hatte man im Schacht beim Hochbehälter Burgstall eine Verunreinigung festgestellt. Der Schacht wurde jetzt neu gebaut. „Die Bauarbeiten sind fast abgeschlossen“, sagt Zwink. Ein Problem seien wie derzeit in vielen Branchen die teilweise langen Lieferzeiten von Teilen. „Auf ein Sieb für ein Druckminderventil haben wir sechs Wochen gewartet.“ Auch der Hochbehälter selbst muss untersucht werden. „Dazu brauchen wir aber noch ein Teil, auf das wir gerade wegen der langen Lieferzeiten auch noch warten“, sagt Zwink. „Bis wir den untersuchen können, dauert es wohl noch ein bis zwei Wochen.“

Um den Hochbehälter untersuchen zu können, muss er leer sein. „Aber wenn der leer ist, habe ich keine Versorgung mehr“, so Zwink. „Deshalb muss ich den umgehen und die Zuleitung außen herum führen.“ Das Wasser läuft dann direkt weiter in den Gegenbehälter „Auf den Rüdern“, von dem aus die Haushalte in der Unteren Zone versorgt werden. „Die Arbeiten sind umfangreich, die kann man nicht so geschwind machen“, sagt der Geschäftsführer. Wiedersatz verspricht: „Die Leute werden immer ihr Wasser bekommen.“ Und Zwink betont zum Schluss: „Wir haben einen Schlachtplan, wie wir vorgehen. Aber alles kostet Zeit.“

Fünf Monate verunreinigtes Wasser in der nordwestlich gelegenen Ortshälfte von Burgstall

Beginn Die Erreger (Enterokokken) im Trinkwasser der Unteren Zone Burgstall waren im Rahmen der gesetzlich vorgeschriebenen Beprobungen am 8. September festgestellt worden. Seitdem wird das Wasser dort im Netz gechlort. Betroffene Anwohner wurden aufgefordert, das Wasser abzukochen.

Beprobungen Die mikrobiologische Untersuchung ist einmal in jedem Quartal vorgeschrieben. „Wir beproben derzeit einmal im Monat, in der Unteren Zone noch öfters“, sagt Bürgermeisterin Irmtraud Wiedersatz. Zusätzlich finden noch zwei periodische chemische Untersuchungen im Jahr statt.

Chronologie Nach dem Fund wahrscheinlicher Ursachen (Rohrbruch, defekter Hausanschluss) wird der Chlorgehalt nochmals deutlich erhöht. Am 2. November wird das Abkochgebot aufgehoben. Seitdem wird das Wasser auf niedrigem Niveau gechlort, die Trinkwasserverordnung wird eingehalten.

Aktueller Stand Nachdem das Ortsnetz untersucht und kein Defekt mehr feststellbar war, galt der Hauptzuleitung und dem Hochbehälter Burgstall das Augenmerk. Dort wurde ein neuer Schacht gebaut sowie ein Leck in der Hauptleitung behoben. Der Hochbehälter wird nun in ein, zwei Wochen untersucht.

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Erstellt:
2. Februar 2022, 06:00 Uhr

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