Doppel-Interview mit Özdemir

Kevin Kühnert schließt Comeback nicht aus

Arminia-Bielefeld-Fan Kevin Kühnert war vor dem Pokalfinale mit VfB-Fan Cem Özdemir zum Doppelgespräch beim Tagesspiegel. Wie geht es bei ihm weiter?

Bis 2024 war Kevin Kühnert ein schlagfertiger Gast in sämtlichen TV-Talkshows, doch der Ruhm hatte seine Kehrseite.

© IMAGO/Stefan Schmidbauer

Bis 2024 war Kevin Kühnert ein schlagfertiger Gast in sämtlichen TV-Talkshows, doch der Ruhm hatte seine Kehrseite.

Von Michael Maier

Der ehemalige SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert hat sich zu seiner politischen Zukunft geäußert. Nach seinem überraschenden Rücktritt im Oktober 2024 will er zunächst neue Wege einschlagen. „Im Sommer wird erstmal ein neues Kapitel aufgeschlagen“, erklärte Kühnert in einem Gespräch mit dem Tagesspiegel.

Arminia-Fan Kevin Kühnert stand anlässlich des Pokalfinales in Berlin gemeinsam mit VfB-Fan Cem Özdemir (Grüne) Rede und Antwort. „Fußball ist einer der letzten Bereiche, wo alle zusammenkommen“, sind sich die beiden einig. Trotz Anfeindungen durch Rechte, die es unter anderem auf der Schwäbischen Alb gab, ist Kühnert ein häufig gesehener Gast auf der „Alm“ im Ultra-Fanblock von Arminia Bielefeld, der offenbar keine einschlägigen Tendenzen aufzuweisen hat. Der Verein diene als „Mutmacher für andere“, schrieb Kühnert vor dem 2:4 gegen den VfB Stuttgart zudem in einem Gastbeitrag für den „Kicker“.

Kühnert: „Sag niemals nie“

Eine Rückkehr in die aktive Politik schließt der SPD-Mann nicht kategorisch aus. „In der Politik habe ich eines fürs Leben gelernt: Sage keine Niemals-Nie-Sätze. Daran halte ich mich“, so Kühnert gegenüber dem Tagesspiegel. Er betont, dass er weiterhin ein politischer Mensch bleibe, auch wenn dies aktuell nicht in der Öffentlichkeit stattfinde. „Das bleibt Teil meiner Persönlichkeit. Es findet nur im Moment nicht in Talkshows, im Deutschen Bundestag oder auf Parteitagen statt.“

Kevin Kühnert im Porträt

  • Geburtsdatum: 1. Juli 1989
  • Geburtsort: Berlin
  • Familie: Einzelkind aus Beamtenhaushalt (Mutter Arbeitsamt, Vater Bezirksamt)
  • Ausbildung: Studium in Publizistik und Kommunikationswissenschaft (ohne Abschluss)
  • Beruf: Bundestagsabgeordneter (2021-2025), Callcenter-Mitarbeiter
  • Übergangsgeld bis Ende Juli 2025: monatlich 11.227,20 Euro (wie MdB-Diäten)
  • Pensionsanspruch: monatlich 1122 Euro ab dem Jahr 2056
  • Eintritt in die SPD: 2005 (mit 16 Jahren)
  • Juso-Bundesvorsitzender: 2017-2021
  • SPD-Generalsekretär: Dezember 2021 bis Oktober 2024
  • Persönliches: Offen homosexuell, Partner mit FDP-Parteibuch
  • Hobbys: Bergwandern, Alpinismus

Özdemir ermuntert Kühnert

In einem früheren Interview hatte Kühnert einige Gründe für seinen Rückzug genannt – kein klassischer Burnout, sondern gefühlte Bedrohungen von Neonazis und Corona-Leugnern. „Meine rote Linie ist da, wo Gewalt in der Luft liegt. Ich bin nur 1,70 Meter groß“, erklärte er. Von Oktober bis März war Kühnert im Bundestag krank gemeldet.

Der Grünen-Politiker Cem Özdemir äußerte Unterstützung für Kühnert und ermunterte ihn zu einer späteren Rückkehr in die Politik. „Man kann es sich nicht leisten, gute Persönlichkeiten wie Kühnert zu verlieren. Die binden die Leute an die Demokratie“, sagte Özdemir.

Kevin Kühnert, der nie erklärt hat, warum er sich als aktiver Politiker eigentlich gegen Leibwächter und Eskorte sperrte, weiß übrigens in alle Richtungen auszuteilen. Er nehme links der politischen Mitte eine Unerbittlichkeit wahr, die er für ähnlich kritisch halte wie die Polemik auf der rechten Seite, sagte er kürzlich der „Zeit“.

Mehr als einmal war der selbst weit links stehende frühere Juso-Chef mit dem linken SPD-Flügel aneinandergeraten, etwa kurz vor seinem Rücktritt mit Aussagen zu Übergriffen auf schwule Männer durch fundamentalistische Moslems in Berlin.

Kevin Kühnert bald wieder in Talkshows?

Viele Beobachter würden Kevin Kühnert zumindest eine Rolle als Staatssekretär zutrauen, doch aktuell sind alle Jobs vergeben. Vielleicht zieht es ihn stattdessen in die Berliner Landespolitik, wo im September 2026 Wahlen zum Abgeordnetenhaus anstehen.

Oder er taucht bald wieder in den Talkshows von Markus Lanz & Co. auf, um politische Fehlleistungen zu analysieren oder die SPD gegenüber der Merz-CDU zu profilieren. Seine Fans würde es sicher freuen, nicht jedoch unbedingt eine widersprüchlich agierende Bundesregierung unter einem schwachen Kanzler Merz – Stichwort „Taurus“ & Co.

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Erstellt:
27. Mai 2025, 16:28 Uhr
Aktualisiert:
27. Mai 2025, 16:30 Uhr

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