Kilic wirft türkischer Justiz Zermürbungstaktik vor

dpa Istanbul. Der Grünen-Politiker Memet Kilic hat der Justiz in der Türkei eine Zermürbungstaktik in einem gegen ihn laufenden Gerichtsverfahren vorgeworfen. Die Justiz verweigere seine Vernehmung in Deutschland und halte weiterhin den Fahndungsbefehl gegen ihn aufrecht, teilte Kilic am Mittwoch anlässlich der Fortsetzung der Verhandlung gegen ihn vor einem Gericht in Ankara mit. „Dies dient lediglich dazu, das Verfahren zu verlängern und mich zu zermürben.“

Memet Kilic, Jurist und Politiker (Bündnis 90/Die Grünen). Foto: Christoph Schmidt/dpa/Archivbild

Memet Kilic, Jurist und Politiker (Bündnis 90/Die Grünen). Foto: Christoph Schmidt/dpa/Archivbild

Die Staatsanwaltschaft in Ankara stuft in ihrer Anklageschrift, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, mehrere Aussagen von Kilic in einem Interview mit einer türkischen Internetzeitung aus dem Jahr 2017 als beleidigend ein. Darin hatte er unter anderem den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan als „Vaterlandsverräter“ bezeichnet.

Der in Deutschland wohnhafte Kilic hat bisher an keiner der Verhandlungen teilgenommen. Wegen des Fahndungsbefehls droht Kilic eine Verhaftung bei einer Einreise in die Türkei. Sein Anwalt Veysel Ok sagte der dpa, er habe bereits mehrmals versucht, den Fahndungsbefehl aufheben und Kilic in Deutschland vernehmen zu lassen. Das sei jedoch immer abgewiesen worden.

Kilic, der die deutsche und die türkische Staatsbürgerschaft hat, gehörte von 2009 bis 2013 dem Bundestag an. Er arbeitet heute als Anwalt in Heidelberg. Er ist aber weiter politisch aktiv.

Die nächste mündliche Verhandlung soll Kilic zufolge am 2. Dezember stattfinden. Die Zahl der Klagen wegen Präsidentenbeleidigung hat Anwälten zufolge stark zugenommen, seit Recep Tayyip Erdogan Präsident ist.

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Erstellt:
23. September 2020, 17:56 Uhr

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