Kinder als Botschafter für Umweltschutz

Bürgerpreis 2021: Der Verein Mädchenschule Khadigram mit Sitz in Althütte macht Schülerinnen und Schüler in Indien mit den Themen Umweltschutz und Nachhaltigkeit vertraut. Die Kleinen arbeiten aktiv mit und tragen ihr Wissen weiter.

Für den Umwelttanz haben die Schülerinnen Plakate mit Aufschriften gebastelt, die vermitteln, was sie im Unterricht gelernt haben. Foto: privat

Für den Umwelttanz haben die Schülerinnen Plakate mit Aufschriften gebastelt, die vermitteln, was sie im Unterricht gelernt haben. Foto: privat

Von Ingrid Knack

BACKNANG. Der Verein Mädchenschule Khadigram aus Althütte engagiert sich insbesondere für Mädchen und Frauen in Indien. Mädchen aus Familien der „Kastenlosen“ und Stammesangehörigen erhalten durch die Schulen des Vereins eine Bildungschance.

Bei der Bewerbung um den Bürgerpreis der Kreissparkasse Waiblingen unter dem Motto „Umwelt und Natur schützen – nachhaltig für morgen sorgen“ stehen nun die Shubham Primary School in Anand im Bundesstaat Gujarat und die Mädchenschule in Bhawaniyapur im Bundesstaat Utter Pradesh im Mittelpunkt. Vereinsgründerin Marianne Frank-Mast erklärt in diesem Zusammenhang: „Vor drei Jahren haben wir gezielt Umweltthemen in das Unterrichtsprogramm aufgenommen, da gerade die arme Bevölkerung der Umweltverschmutzung und -zerstörung und deren Auswirkungen besonders ausgeliefert ist.“

Alles begann 2003 mit der Eröffnung der Internatsschule in Khadigram im Bundesstaat Bihar im Nordosten Indiens. Die Projekte zielen darauf ab, dass sie eines Tages von den indischen Partnern selbstständig weitergeführt werden. So auch die Mädchenschule Khadigram, die wie einige andere Projekte für den Verein mittlerweile als abgeschlossen gilt. Derzeit unterhält der Verein die beiden Ganztagsschulen in Anand und Bhawaniyapur mit insgesamt 260 Kindern. Seit 2016 haben auch Jungen aus der gleichen Kaste eine Chance, aufgenommen zu werden. Allerdings macht der Anteil der Mädchen mindestens 75 Prozent aus.

In zwei Unterrichtsstunden pro Woche gehen die Lehrkräfte ausschließlich auf Umweltproblematiken ein. Hauptthema ist die Umweltverschmutzung. Wir kennen alle die Bilder aus Indien von riesigen Müllhalden, Smog in den großen Städten und durch hochgiftige Stoffe und Abfall aus Plastik und allem möglichen Unrat belastete Flüsse. Dies alles ist nicht zuletzt mit verheerenden Auswirkungen auf die Gesundheit der dort lebenden Menschen und global gesehen auf den Klimawandel verbunden.

Wie aber sieht nun die Auseinandersetzung mit dem Thema Umwelt in den Schulen des Vereins Khadigram aus? Hier ein paar Beispiele: Im Kunstunterricht werden nach den Worten von Marianne Frank-Mast ausschließlich Materialien aus Wegwerfartikeln verwendet, die die Kinder selbst sammeln. So lernen sie, dass man aus Abfall oft noch Sinnvolles herzustellen vermag. Gemeinsam wird zudem nach Lösungen gesucht, um Müll vermeiden zu können. Um die Bevölkerung in der Umgebung der Schulen miteinzubeziehen, gehen die Schüler in öffentlichen Straßentheateraufführungen und mit selbst gebastelten Plakaten auf die Thematik ein. Sie lernen überdies, die Botschaft rund um die Vorteile ökologischen Handelns in ihrer unmittelbaren Lebenswelt in ihre Familien zu tragen. Sie lernen, mit ihren Eltern und anderen Personen über die Problemstellungen in diesem Bereich zu sprechen.

Die Kinder sind in Waste Watcher Groups unterwegs.

Die Kinder haben sogar Waste Watcher Groups gebildet. „Diese sind täglich zirka eine Stunde in ihren Wohngegenden aktiv und weisen Menschen auf die Problematiken hin, wenn sie sehen, dass zum Beispiel Abfall in die unmittelbare Gegend geworfen oder Trinkwasser vergeudet wird“, so Marianne Frank-Mast.

Zum praktischen Handeln gehört auch gärtnerisches Arbeiten. Die Kinder ziehen aus Samen Gurken und Kürbisse. „Diese Kletterpflanzen, die sehr große Blätter haben, werden an den Hütten in die Erde gesetzt und beschatten nach einiger Zeit die Dächer der Behausungen, was für ein etwas angenehmeres Klima in den Hütten sorgt und außerdem für frische Nahrungsmittel. Die Sonneneinstrahlung wird durch die Blattmasse minimiert, es kommt nicht mehr zu einem extrem starken Hitzestau“, erläutert Marianne Frank-Mast. Auch so werden Bewusstseinsprozesse in Gang gesetzt, die obendrein ein Umdenken bei denjenigen erzielen können, die mit den Schülern zusammenleben oder zusammenkommen.

Wenn der Verein nun mit einem Preisgeld bedacht wird, sollen die Unterrichtsprogramme, die sich mit der Umweltzerstörung und dem Klimawandel befassen, fortgesetzt und, wenn möglich, mithilfe einer zusätzlichen Lehrkraft ausgeweitet werden. Intensivieren möchte der Verein das Programm „Safe Drinking Water“ (sauberes Trinkwasser), um mehr Menschen zu erreichen, auf dass schädliche Verhaltensmuster zurückgedrängt werden, was zuallererst der Gesundheit der Bevölkerung zugutekommt. Marianne Frank-Mast: „Durch unser Engagement für sauberes Trinkwasser werden schwere Magen-Darm-Erkrankungen und Hepatitis mit schwersten Krankheitsverläufen und einer damit einhergehenden hohen Zahl an Todesfällen bis hin zu Seuchen verhindert.“

Das Engagement des Vereins Mädchenschule Khadigram, zu dem auch medizinische Einsätze sowie die Ausstattung der Kinder mit Kleidung und Nahrung und noch viel mehr zählen, ist auf lange Dauer angelegt. Es handelt sich um ein Generationenprojekt.

Die Vereinsmitglieder haben dabei im Blick, dass sich gerade durch die Förderung von Mädchen langfristig Verbesserungen erzielen lassen. Denn wenn die Schülerinnen später einmal selbst Kinder haben, geben sie an diese ihre eigenen Werte weiter. Deshalb wird der Verein nicht müde, immer wieder neue Projekte an anderen Standorten ins Auge zu fassen, an denen dieselben Programme realisiert werden sollen.

Marianne Frank-Mast führt noch einen weiteren Aspekt der Arbeit ihres Vereins an: „Wenn die Umwelt in den Ländern des Südens ebenfalls immer mehr zerstört wird, wird den Menschen dort die Perspektive zum Überleben genommen. Das wiederum verursacht Flucht in andere Regionen der Welt. Flüchtlingsprobleme verursachen neue Probleme, die unweigerlich im Zusammenhang mit Umweltzerstörung stehen.“ Sie hebt einmal mehr hervor, wie wichtig es ist, Umwelt und Natur auch in anderen Regionen der Erde zu schützen und bei den Verursachern von Umweltproblemen, den Menschen, Lern- und Umdenkungsprozesse anzustoßen.

Kinder als Botschafter für Umweltschutz
Zwei Chancen, zu gewinnen

Der Bürgerpreis, der mit insgesamt 10000 Euro dotiert ist, wird in diesem Jahr bereits zum 18. Mal vergeben. Die Sparkasse wird über jedes der ausgezeichneten Projekte einen kurzen Film produzieren lassen.

Zusätzlich haben die Leserinnen und Leser der Backnanger Kreiszeitung und der Murrhardter Zeitung die Möglichkeit, ihren persönlichen Favoriten zu wählen, der dann den mit 1000 Euro dotierten Leserpreis erhält. Drei ehrenamtliche Initiativen aus dem Verbreitungsgebiet unserer Zeitungen stehen zur Wahl. Die weiteren Bewerber um den Bürgerpreis werden wir Ihnen ebenfalls ausführlicher vorstellen. Anschließend haben Sie eine Woche Zeit, um online oder schriftlich abzustimmen.

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Erstellt:
24. Juni 2021, 11:30 Uhr

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