Baden-württembergischer Gesundheitsminister

Kinderkliniken dürfen Personal reduzieren

Wegen der angespannten Lage in den Kinderkrankenhäusern müssen dort die Personaluntergrenzen „bis auf Weiteres“ nicht eingehalten werden, sagt Landesgesundheitsminister Lucha und folgt einer Idee von Karl Lauterbach. Auch mit dessen Reformvorschlägen ist der Grüne einverstanden.

Zu wenig Klinikpersonal für die Kleinen: Wegen der deutlichen Zunahme schwerer Atemwegserkrankungen ist die Lage angespannt.

© imago/photothek/Thomas Imo

Zu wenig Klinikpersonal für die Kleinen: Wegen der deutlichen Zunahme schwerer Atemwegserkrankungen ist die Lage angespannt.

Von Christoph Link

Vorige Woche hatte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) angekündigt, dass wegen der angespannten Lage in den Kinderkliniken dort die Verordnung über die Personaluntergrenzen nicht mehr kontrolliert werden müsse. Wie Baden-Württembergs Gesundheitsminister Manfred Lucha (Grüne) am Mittwoch erklärte, hat nun auch der Landeskrankenhausausschuss vereinbart, dass die Personaluntergrenzen an Kinderkrankenhäusern im Südwesten „bis auf Weiteres“ nicht eingehalten werden müssen. Man greife auf den Ausnahmetatbestand der Verordnung zurück.

97 Betten sind frei – noch

„Wir halten den Schritt für angebracht, um die Versorgung der kleinen Patienten und Patientinnen weiter zu gewährleisten“, so Lucha. Wegen der deutlichen Zunahme schwerer Atemwegserkrankungen in den vergangenen Wochen durch das RS-Virus (Respiratorisches Synzytial-Virus) sei die Lage angespannt. Die Kapazität der Intensivstationen reiche zwar noch aus, derzeit stünden 97 freie Betten zur Verfügung. Aber Experten rechneten mit einem weiteren Anstieg der Infektionszahlen in diesem Monat: „Wir hoffen, dass wir dann den RSV-Höhepunkt erreicht haben.“ Seit 2019 gelten Personaluntergrenzen in der Pflege, werden Vergütungsabschläge fällig.

Nicht nur bei der Kindermedizin übt Lucha den Schulterschluss mit Lauterbach. Auch seine Reformideen für die Krankenhäuser lobt er: „Wir fühlen uns in unserem Kurs voll bestätigt. Wir brauchen bei den Kliniken das richtige Angebot am richtigen Ort.“ Man benötige eine flächendeckende Grundversorgung, aber auch eine ausreichende Notfallversorgung sowie Spezialbehandlungsangebote in leistungsstarken Krankenhäusern. Lauterbach hatte vorgeschlagen, das System der Fallpauschalen zu reformieren und drei „Level“ von Kliniken zu schaffen: die Grundversorger, die Regel- und Schwerpunktversorger und die Maximalversorger wie Uni-Kliniken. Lucha ist der Ansicht, Baden-Württemberg habe seine Hausaufgaben bei der „Zentralisierung von Leistungen im stationären Bereich“ längst gemacht: „Mutige Länder wie wir sollten Geld dafür erhalten, dass wir den Reformprozess vorantreiben.“ Nachdem Lauterbach am 5. Januar den Ländern seine Pläne vorgestellt habe, wolle er sich als Vorsitzender der Gesundheitskonferenz für „zukunftsfähige Lösungen“ einsetzen.

Krankenhausgesellschaft übt Kritik

Skeptisch über Lauterbach äußerte sich Heiner Scheffold, Vorstandschef der baden-württembergischen Krankenhausgesellschaft: Die Bundesregierung habe erst vorige Woche beschlossen, die Vorgaben zur Berechnung des Grundpreises der Krankenhäuser – der Landesfallbasiswerte – zu ändern. „Dadurch fehlen den Kliniken im Land ab 2023 jährlich 100 Millionen Euro. Für ein 500-Betten-Krankenhaus erhöht sich das Defizit um eine Million Euro.“ Scheffold: „Krankenhäuser brauchen stabile Rahmenbedingungen und nicht immer mehr Druck.“ Lauterbach hatte gesagt, er wolle die Kliniken „aus dem Hamsterrad“ befreien. Die Krankenhausgesellschaft meint, er habe gerade das Tempo erhöht.

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Erstellt:
7. Dezember 2022, 17:18 Uhr

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