Kitagebühren kommen auf den Prüfstand

Nur mit ganz knapper Mehrheit stimmt der Backnanger Gemeinderat einer Erhöhung der Elternbeiträge zum 1. Januar zu. SPD und Grüne fordern ein neues Gebührenmodell. Die Verwaltung will dazu im kommenden Jahr Vorschläge machen.

im Backnanger Gemeinderat wurde über die Gebühren der Kindertageseinrichtungen beraten. Foto : A. Becher

© Pressefotografie Alexander Beche

im Backnanger Gemeinderat wurde über die Gebühren der Kindertageseinrichtungen beraten. Foto : A. Becher

Von Kornelius Fritz

Backnang. Kinderbetreuung ist für Städte und Gemeinden ein Verlustgeschäft. Auch wenn die monatlichen Gebühren manchen Eltern teuer vorkommen mögen: Sie decken nur einen Bruchteil der tatsächlichen Kosten. In Backnang sind es laut Finanzbürgermeister Siegfried Janocha knapp elf Prozent und damit weit weniger als die von Städte- und Gemeindetag empfohlenen 20 Prozent. Trotzdem gibt es im Gemeinderat Stimmen, die sich für eine Senkung der Gebühren starkmachen, insbesondere für Eltern mit geringerem Einkommen.

Als die Verwaltung dem Gremium nun stattdessen eine weitere Erhöhung der Beiträge um knapp drei Prozent ab 1. Januar empfahl, wie es die kommunalen Spitzenverbände vorschlagen, verweigerten ihr deshalb die Fraktionen von Bündnis 90/Die Grünen und SPD sowie die Stadträte Volker Dyken (Backnanger Demokraten) und Lutz-Dietrich Schweizer (Christliche Initiative) die Gefolgschaft. Beschlossen wurde die Erhöhung trotzdem, allerdings nur mit einer hauchdünnen Mehrheit von zwölf zu elf Stimmen bei einer Enthaltung.

Den opponierenden Stadträten ging es weniger um die drei bis zwölf Euro mehr, die die Gebührenerhöhung für die Eltern pro Monat bedeutet. Vielmehr wolle man ein Zeichen setzen, erklärte Grünen-Fraktionschef Willy Härtner. Er machte sich dafür stark, Familien mit mehr als zwei Kindern künftig ganz von den Elternbeiträgen zu befreien: „Sie leisten einen Beitrag für unsere Gesellschaft, das muss honoriert werden.“ Die SPD wünscht sich, dass die Beitragshöhe künftig am Einkommen der Eltern bemessen wird. Das habe man schon vor zwei Jahren beantragt, ohne dass seitdem irgendetwas passiert sei, beklagte Fraktionschef Heinz Franke. Jetzt wolle man endlich Vorschläge der Verwaltung sehen, denn das aktuelle Gebührenmodell habe sich „sehr deutlich überholt“.

Bisher bemisst sich der Elternbeitrag in Backnang vor allem an der Betreuungszeit und dem Alter der Kinder (unter oder über drei). Es gibt aber auch eine soziale Komponente: So reduziert sich die Gebühr für Familien mit mehr als einem Kind. Außerdem müssen Inhaber des Backnanger Familien- und Kulturpasses nur den halben Beitrag bezahlen. Voraussetzung dafür ist ein Einkommen unterhalb der Pfändungsfreigrenze.

„Eine soziale Staffelung ist also durchaus vorhanden“, sagte Siegfried Janocha. Lediglich 20 Prozent der Familien in Backnang würden überhaupt den vollen Beitrag bezahlen. Der Erste Bürgermeister warnte davor, die Stadtkasse noch stärker zu belasten: „Das können wir uns auf Dauer nicht mehr leisten.“ Schließlich habe die Stadt in ihren Betreuungseinrichtungen hohe Qualitätsstandards und setze mehr Personal ein, als sie vom Gesetz her müsste. Wenn es im Land Bestrebungen für eine günstigere oder sogar kostenlose Kinderbetreuung gebe, habe er damit kein Problem: „Dann soll das Land aber bitte auch einen Vorschlag zur Finanzierung machen“, forderte Janocha.

Dem Wunsch nach einem neuen, einkommensabhängigen Gebührenmodell will sich die Verwaltung aber nicht verschließen. Oberbürgermeister Maximilian Friedrich versprach, man werde bis Mitte nächsten Jahres mögliche Alternativen prüfen und im Gemeinderat vorstellen. Das neue System könnte dann zum 1. Januar 2023 eingeführt werden. In Summe müsste der Umstieg aus Sicht der Verwaltung allerdings kostenneutral sein. Sprich: Wenn die Kita für Geringverdiener günstiger werden soll, müssten Familien mit höherem Einkommen entsprechend mehr bezahlen. Außerdem sollte der Verwaltungsaufwand für die Einkommensprüfung überschaubar sein.

Bereits im kommenden Jahr will die Stadt ihr Angebot bei der Ganztagsbetreuung flexibler machen. Voraussichtlich ab
1. April sollen Eltern, die eine Betreuung mit verlängerten Öffnungszeiten gewählt haben, an einzelnen Tagen dann auch eine Nachmittagsbetreuung dazubuchen können. Ein Sharingmodell, bei dem sich zwei Kinder einen Kitaplatz teilen, soll es in Backnang hingegen nicht geben. Zum einen sei es in der Praxis schwierig, ein jeweils passendes Tandem zu finden, erklärte die Leiterin des Amts für Familie, Jugend und Bildung, Regine Wüllenweber. Zum anderen sei es auch für die Kinder nicht gut, wenn sie nur an einzelnen Tagen in die Einrichtung kämen: „Sie werden dann von den anderen als Gäste wahrgenommen.“

Kitagebühren kommen auf den Prüfstand

© Pressefotografie Alexander Beche

Wie machen es andere Städte und Gemeinden?

Im Rems-Murr-Kreis gibt es bereits einige Kommunen, die von den Eltern einkommensabhängige Beiträge erheben. Hier einige Beispiele:

In Waiblingen berechnen sich die Kitagebühren als fester Prozentsatz vom Jahreseinkommen der Eltern. Für einen Ganztagsplatz mit Mittagessen beträgt dieser zum Beispiel monatlich 0,42 Prozent für Ü-3-Kinder und 0,52 Prozent für unter Dreijährige. Es wird ein maximales Einkommen von 120000 Euro zugrunde gelegt. Für Familien mit mehr als einem Kind reduziert sich der Beitrag.

In Fellbach gibt es zwar feste Gebührensätze, Familien mit einem monatlichen Bruttoeinkommen von unter 5075 Euro können jedoch bei der Stadt eine Ermäßigung beantragen. Der Beitrag reduziert sich dann um den gleichen Prozentsatz, um den das Einkommen 5075 Euro unterschreitet. Auch hier gibt es zusätzlich eine Ermäßigung für Mehrkindfamilien.

Auch einige kleinere Gemeinden haben einkommensabhängige Gebühren, zum Beispiel Burgstetten. Dort gibt es sieben Einkommensstufen mit unterschiedlichen Beitragshöhen. Das Modell gilt aber nur für die Ganztagsbetreuung. Wer mehr als ein Kind hat, bezahlt weniger.

Zum Artikel

Erstellt:
13. Dezember 2021, 06:00 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen