Klassentreffen dahoam

Zwei Spieler von Inter Mailand mit Bundesliga-Vergangenheit: Yann Sommer (li.) spielte einst in Mönchengladbach und München, Benjamin Pavard in Stuttgart und München.

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Zwei Spieler von Inter Mailand mit Bundesliga-Vergangenheit: Yann Sommer (li.) spielte einst in Mönchengladbach und München, Benjamin Pavard in Stuttgart und München.

Von Maik Rosner

München - Beim FC Bayern München werden sie an diesem Samstag ab 21 Uhr neidisch auf Inter Mailand und Paris Saint-Germain blicken. Die Mannschaften der Trainer Simone Inzaghi und Luis Enrique werden sich ja in jenem Endspiel der Champions League gegenüberstehen, das die Münchner zum Finale oder gar Titel dahoam ausgerufen hatten. Doch dann musste sich der FC Bayern durch das Aus gegen Inter im Viertelfinale (1:2/2:2) von seinem größten Saisonziel verabschieden. Nun müssen die Münchner zuschauen, wie sich Europas Elite des Vereinsfußballs in ihrer Arena misst.

Dennoch hat das Finale nicht nur durch den Spielort München einen starken deutschen Anstrich. Gleich elf ehemalige Bundesliga-Spieler kommen bei der wichtigsten Begegnung im Clubfußball dieser Saison zusammen. Allein Inter stellt sieben frühere Kicker aus der höchsten deutschen Spielklasse, deren vier sind es bei PSG. Alle zusammen bringen es auf die Erfahrung von 973 Einsätzen in der Bundesliga, von denen die Mailänder durch Yann Sommer (291 Spiele), Benjamin Pavard (174), Hakan Calhanoglu (111), Marcus Thuram (111), Henrikh Mkhitaryan (90), Marko Arnautovic (72) und den aktuellen deutschen Nationalspieler Yann Bisseck (3) 780 Partien auf sich vereinigen. Bei den Parisern, die Ende Januar zum Abschluss der Champions-League-Ligaphase ihr Weiterkommen mit einem 4:1 beim VfB Stuttgart klar machten, kommen durch Lucas Hernandez (74), Achraf Hakimi (54), Willian Pacho (33) und Ousmane Dembélé (32) immerhin 193 Bundesliga-Einsätze zusammen. Wenn man so will, wird dieses Finale also auch ohne Beteiligung des FC Bayern zumindest ein Klassentreffen dahoam.

Vor allem bei Inter haben Spielerimporte aus der Bundesliga Tradition. Wie Karl-Heinz Rummenigge, der 1984 für eine Ablöse von rund elf Millionen D-Mark vom damaligen Manager Uli Hoeneß in die Hauptstadt der Lombardei verkauft worden war, um den verschuldeten FC Bayern weitgehend zu sanieren. Damals war das die zweithöchste Ablösesumme im Weltfußball. Später spielten beispielsweise auch Lothar Matthäus, Andreas Brehme und Jürgen Klinsmann für Inter.

Jetzt sind es vor allem Spieler mit Bezügen nach Deutschland in diesem Finale der Champions League. Die meisten dieser früheren Bundesliga-Profis nehmen mit Ausnahme von Arnautovic (Inter) sowie Hernandez (PSG) in ihren Teams oft eine wichtige Rolle ein. Das gilt ganz besonders für Inter-Torwart Sommer. Im Halbfinale gegen den FC Barcelona verhinderte er auch die Rückkehr von Barça-Trainer Hansi Flick an seine alte Wirkungsstätte in München.

Sommer habe gegen den FC Barcelona „wirklich überragend gehalten – die Glanztaten gegen Lamine Yamal waren außergewöhnlich“, befand Rummenigge. Der Ex-Vorstandsvorsitzende des FC Bayern erinnerte an die unglückliche Zeit des Schweizers in München, wohin dieser im Januar 2023 als Ersatz für den verletzten Manuel Neuer von Borussia Mönchengladbach gewechselt war. Nach einem halben Jahr sei Sommer „ein Stück weit vor unserem damaligen Trainer geflüchtet“, sagte Rummenigge in Anspielung auf Thomas Tuchel, der im März 2023 auf Julian Nagelsmann gefolgt war. Sommer sprach von einer „extrem wilden Situation“ beim FC Bayern mit „viel Unruhe und diversen Themen neben dem Sport“. In dieser Gemengelage litt seine Leistung. Jetzt aber sehen ihn viele in der besten Form, die er jemals hatte. „Vielleicht bin ich wirklich auf dem Zenit meiner Karriere“, sagte der 36-Jährige.

Noch deutlich mehr nach Finale dahoam dürfte es sich für seinen Teamkollegen Benjamin Pavard anfühlen. Der Franzose hatte nach seinen drei Jahren beim VfB Stuttgart von 2019 bis 2023 beim FC Bayern gespielt, zusammen mit Hernandez, der nun bei PSG meist nur noch eine Nebenrolle einnimmt. Pavard hat in dieser Saison auch maßgeblich dazu beigetragen, dass die Münchner beim Endspiel in ihrer Arena nur Zuschauer sind. Im Viertelfinal-Rückspiel gegen die Bayern erzielte der Verteidiger Inters zwischenzeitliche 2:1-Führung mit seinem ersten Tor überhaupt für die Mailänder. Die Vorlage hatte Calhanoglu gegeben, der seinerseits in Mannheim geboren wurde und in der Bundesliga für den Hamburger SV und Bayer Leverkusen auflief.

Für viele der ehemaligen Bundesliga-Spieler bei beiden Finalisten spricht auch, dass sie das Publikum mit den spektakulären Halbfinals zwischen Inter und dem FC Barcelona (3:3/4:3 nach Verlängerung) sowie PSG und dem FC Arsenal (1:0/2:1) verzückt hatten. „Das war möglicherweise das Beste, was ich je auf diesem Niveau in der Champions League gesehen habe“, sagte Rummenigge. Im Finale von München soll sich das idealerweise wiederholen, beim Bundesliga-Klassentreffen dahoam – zwar ohne den FC Bayern, aber immerhin in seiner Arena.

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Erstellt:
30. Mai 2025, 22:06 Uhr
Aktualisiert:
31. Mai 2025, 21:54 Uhr

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