Kleine Museen zeigen, was in ihnen steckt

Museen gehörten zu den Einrichtungen, die in der Coronazeit als Erste wieder öffnen durften. Viele kleine Ausstellungen im Raum Backnang sind aber noch geschlossen. Doch der Wunsch, Besuchern wieder etwas bieten zu können, setzt sich durch.

Obst und Gemüse, Kräuter und Pilze, Fleisch und Wurst wurden früher über die Ernte oder Schlachtung hinaus durch Einkochen oder Räuchern haltbar gemacht. Die Sonderausstellung im Spiegelberger Glasmuseum beschäftigt sich mit diesen Techniken der Vorratshaltung. Foto: A. Becher

© Alexander Becher

Obst und Gemüse, Kräuter und Pilze, Fleisch und Wurst wurden früher über die Ernte oder Schlachtung hinaus durch Einkochen oder Räuchern haltbar gemacht. Die Sonderausstellung im Spiegelberger Glasmuseum beschäftigt sich mit diesen Techniken der Vorratshaltung. Foto: A. Becher

Von Nicola Scharpf

SPIEGELBERG/WEISSACH IM TAL. Nach mehreren Wochen Zwangspause hat die Landesregierung Anfang Mai die Wiedereröffnung von Museen und Kunstsammlungen unter bestimmten Hygienevorschriften gestattet. Die meisten, oft größeren Häuser und Galerien, in Backnang und Umgebung haben Konzepte erarbeitet und ihre Türen für Besucher wieder geöffnet. Manch kleine Museen hingegen warten weiterhin darauf, zu zeigen, was in ihnen steckt. Doch der Wunsch der Betreiber, museumsinteressierten Menschen wieder etwas anbieten zu können, setzt sich zunehmend durch.

Das Spiegelberger Glasmuseum im örtlichen Rathaus ist so ein Beispiel, oder auch der Wetzsteinstollen im Spiegelberger Wald nahe Jux. Aber: „Ein bisschen etwas muss man wieder anbieten“, findet Bürgermeister Uwe Bossert. Zumal die Wanderwege rund um die Gemeinde, vor allem bei schönem Wetter an den Wochenenden, stark nachgefragt sind. „Es sind Leute unterwegs wie noch nie“, sagt Bossert, der seit 20 Jahren in der Gemeinde Bürgermeister ist. Also sollen sie auch die Möglichkeit bekommen, ihren Ausflug um einen Museumsbesuch zu erweitern. Glasmuseum und Wetzsteinstollen öffnen am Sonntag, 14. Juni, wieder. „Es ist wichtig, sich in den normalen Ablauf hineinzuversetzen und dann zu überlegen, was im Hinblick auf eine Übertragung des Coronavirus passieren kann“, schildert Bossert die Herangehensweise, wie er und die Verantwortlichen für das Glasmuseum, Marianne Hasenmayer, sowie für den Stollen, Manfred Schaible, die Konzepte zur Wiedereröffnung erarbeitet haben. So gibt es beim Wetzsteinstollen beispielsweise Führungen lediglich im Außenbereich, das Stolleninnere dürfen maximal drei Personen gleichzeitig besichtigen, das Tragen von Helm sowie Mund-Nase-Schutz sind verpflichtend. Masken müssen auch die Besucher im Glasmuseum tragen. Maximal acht Personen können gleichzeitig in die Ausstellung. Zu sehen ist die Sonderausstellung „Sommer im Glas“, deren Vernissage auf Ende März terminiert war und coronabedingt entfiel. Nun können die Besucher Spannendes über die Geschichte und Techniken der Vorratshaltung erfahren – ein Rückblick auf die letzten Jahrhunderte, in denen nur die wenigsten Lebensmittel ständig frisch zur Verfügung standen.

Auch das Bauernhausmuseum Weissacher Tal begibt sich schrittweise in die Öffnungsphase. Nach der Zwangspause will man in der Restsaison zunächst coronageplagten Familien ein besonderes Angebot machen. Jürgen Hestler vom Heimatverein Weissacher Tal sagt, darüber hinaus wolle man einen Impuls setzen für die ehrenamtlichen Mitarbeiter, die mit Enthusiasmus bei der Sache sind und von der Zwangspause mit den damit einhergehenden abgesagten Veranstaltungen ausgebremst wurden. Die zurückliegenden Wochen haben Vereinsmitglieder genutzt, das komplette Haus auf den Kopf zu stellen und konzeptionell umzubauen. „Das hat viel Spaß gemacht“, sagt Hestler. Das erste Familienwochenende am 20. und 21. Juni, an dem Familien das Bauernhausmuseum für eine Stunde buchen können, soll ein Test, ein Versuch sein, der fortgesetzt werden kann. Bei dem Coronaangebot kann eine Familie oder können zwei befreundete Familien das 250 Jahre alte Bauernhaus auf eigene Faust ungestört erkunden und dabei erspüren, wie Oma und Opa früher lebten. „Lesen Sie in alten Kinderbüchern. Machen Sie Spiele wie früher. Erproben Sie im Schulzimmer die alte Sütterlinschrift. Machen Sie Selbstporträts mit alten Bilderrahmen. Gewinnen Sie Preise bei der rätselhaften Grübelestour. Oder testen Sie auf einer alten Dezimalwaage, wie gewichtig Ihre Familie ist“, heißt es im Einladungstext. Der erste allgemeine Öffnungstag ist für den 5. Juli vorgesehen. Dadurch, dass das Bauernhaus einen Eingang und drei Ausgänge hat, ist eine Coronatour – ohne Führung – mit Einbahnstraßenregelung möglich.

Einen coronagerechten Weg mit Pfeilen durch die Ausstellung zu weisen, ist mitunter aufwendig und kompliziert, sagt Klaus Loderer. Das ungarndeutsche Heimatmuseum in Backnang war darum bis zur ersten Öffnung am 7. Juni vorsichtshalber geschlossen – obwohl man in Absprache mit dem Kulturamt der Stadt schon längst ein Konzept für die Wiederöffnung erarbeitet hatte. „Das Abstandsgebot kann man einhalten“, sagt Loderer. „Aber einen richtigen Einbahnverkehr bekommt man auf den Treppen nicht hin.“ Und sehr unangenehm sei es darüber hinaus, als Besucher mit Maske im Museum herumzulaufen. Nicht zuletzt, um dem Schutz der ehrenamtlichen Mitarbeitern Rechnung zu tragen, von denen altersbedingt viele zur Risikogruppe gehören, sei man in Sachen Wiederöffnung zurückhaltend gewesen. Nun hat der erste Öffnungstag stattgefunden. Die Besucher blieben aber gänzlich aus.

Unkomplizierter haben es jene, die ihr Museum privat und/oder ausschließlich nach Vereinbarung öffnen – wie das Museum Scheuerle in Waldrems. „Es war oft so, dass Spaziergänger vorbeigekommen sind. Ich gehe gern ganz spontan mit den Besuchern durchs Scheuerle. Dort ist genug Platz“, erzählt Jürgen Hammer von den zurückliegenden, coronageprägten Wochen. Das Museum mit Ausstellungsstücken aus dem eigenen Familienbesitz betreibt er rein privat und muss daher keinen behördlichen Anweisungen Rechnung tragen.

Masken aus hundert Jahre altem Stoff, der aus der Stoffsammlung des Bauernhausmuseums stammt, hat eine Ehrenamtliche für alle Mitarbeiter genäht – auch für die Puppe im Museum. Foto: Heimatverein Weissacher Tal

Masken aus hundert Jahre altem Stoff, der aus der Stoffsammlung des Bauernhausmuseums stammt, hat eine Ehrenamtliche für alle Mitarbeiter genäht – auch für die Puppe im Museum. Foto: Heimatverein Weissacher Tal

Geöffnet an Wochenenden

Bauernhausmuseum Weissacher Tal: Das erste Familienwochenende mit besonderem Coronaangebot gibt es am Samstag, 20., und Sonntag, 21. Juni, jeweils um 14, 15 und 16 Uhr in der Brüdener Straße in Unterweissach . Interessierte Familien müssen sich anmelden unter Telefon 07191/53982 oder per E-Mail an info@heimatverein-weissacher-tal.de.

Glasmuseum Spiegelberg: Geöffnet ist jeweils am zweiten und vierten Sonntag im Monat jeweils von 14 bis 17 Uhr. Im Rathaus, Sulzbacher Straße 7.

Wetzsteinstollen Spiegelberg: Geöffnet ist jeweils am zweiten und vierten Sonntag im Monat jeweils von 14 bis 17 Uhr. Führungen nach Vereinbarung mit Manfred Schaible unter Telefon 07194/8422 sind auch unter der Woche möglich.

Ungarndeutsches Heimatmuseum Backnang: Geöffnet ist jeweils am ersten und dritten Sonntag im Monat von 14 bis 16 Uhr. Talstraße 1.

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Erstellt:
13. Juni 2020, 11:30 Uhr

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