Kliniken sollen Intensivkapazitäten mehr als verdoppeln

dpa Berlin. Die Alltags-Einschränkungen der Bundesbürger in der Coronakrise haben ein Ziel: Zeit zu schaffen, damit sich die Krankenhäuser wappnen können. Der Bund setzt darauf, Kapazitäten zusätzlich aufzustocken.

Ein Intensivbett in der Universitätsmedizin Rostock. Foto: Bernd Wüstneck/dpa-Zentralbild/dpa

Ein Intensivbett in der Universitätsmedizin Rostock. Foto: Bernd Wüstneck/dpa-Zentralbild/dpa

Die Kliniken in Deutschland sollen noch stärker für die Behandlung vieler schwer erkrankter Patienten mit dem Coronavirus gerüstet werden. Die nun mit den Ländern vereinbarte Verdopplung der Intensivkapazitäten sei ein erster Schritt, sagte ein Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums.

Es sei nicht so, dass man sage, dann reiche es. Bisher gibt es 28.000 Intensivbetten, davon haben 25.000 Möglichkeiten zur künstlichen Beatmung. Der Bund stellte zudem baldigen Nachschub an dringend nötiger Schutzausrüstung für medizinisches Personal wie Atemmasken und Anzüge in Aussicht.

Man sei mit Hochdruck dabei, Abhilfe bei knapper Schutzausrüstung zu schaffen, erklärte das Gesundheitsministerium. Dies sei keine Frage von Wochen, sondern von Tagen. Laut Verteidigungsministerium hat das damit beauftragte Beschaffungsamt der Bundeswehr mit Unterstützung der Generalzolldirektion inzwischen 33 Verträge im Volumen von rund 224 Millionen Euro geschlossen. Erste Dinge seien „schon zugelaufen“.

Ein von Bund und Ländern am Dienstag beschlossener Notfallplan für die Kliniken solle so schnell wie möglich umgesetzt werden, sagte der Sprecher des Gesundheitsministeriums. Demnach sollen die Länder Pläne erarbeiten, um zunächst eine Verdopplung der Intensivbetten über den Aufbau provisorischer Kapazitäten zu erreichen. Zur Entlastung können zugleich in Reha-Einrichtungen, Hotels oder größeren Hallen Kapazitäten für leichtere Behandlungsverläufe aufgebaut werden.

Die gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) sicherten erneut eine Finanzierung aller erforderlichen Maßnahmen zu. „Wir achten darauf, dass Kliniken und Ärzte mit der erforderlichen Liquidität versorgt werden, damit sie leisten können, was medizinisch notwendig ist“, sagte die Chefin des GKV-Spitzenverbands, Doris Pfeiffer, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Mittwoch). Dazu zählten etwa auch Kosten, wenn Ärzte oder Pflegekräfte aus dem Ruhestand zurückkommen. „Spätestens im Herbst werden wir einen Kassensturz machen, um zu sehen, wo wir finanziell stehen und ob wir zum Beispiel über eine Erhöhung des Bundeszuschusses sprechen müssen.“ Ziel aller sei es, „eine Priorisierung zu vermeiden, bei der es um Leben und Tod geht“.

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz forderte neben den Maßnahmen in Kliniken auch einen Notfallplan für die Pflege. „Das Virus bedroht insbesondere alte und pflegebedürftige Menschen“, sagte Vorstand Eugen Brysch der dpa. Gebraucht würden Notfallpläne für pflegende Angehörige, Heime und Pflegedienste. „Es geht um 3,4 Millionen Hilfsbedürftige.“ Zu klären sei etwa Ersatz, wenn Hilfskräfte aus Osteuropa das Land verlassen sollten. Oder was zu tun sei, wenn Pflegedienste wegen einer Quarantänebestimmung nicht mehr kommen.

Unterdessen wächst auch die Sorge, dass Menschen mit Behinderung, psychisch Kranke, Obdachlose, Suchtkranke und andere besonders betroffen sein könnten. Im sozialen Sektor drohe eine Welle der Insolvenzen, warnte der Paritätische Wohlfahrtsverband. Gemeinnützige Träger dürften kaum Risikorücklagen bilden. „Alles, was hereinkommt, muss auch wieder für den guten Zweck ausgegeben werden“, sagte Hauptgeschäftsführer Ulrich Schneider. Betroffen sei das gesamte Spektrum: Werkstätten, geschlossene Kindergärten, Beratungsstellen, Jugendzentren, Altenclubs, Reha- und Pflegeeinrichtungen.

Die Fachverbände für Menschen mit Behinderung forderten, Betreuung durch Dienste und Einrichtungen der Eingliederungshilfe müssten unterstützt werden. Menschen mit Behinderung oder psychischer Erkrankung seien auf tägliche Unterstützung angewiesen - und hätten oft ein besonderes Risiko, schwer zu erkranken. Der Katholische Krankenhausverband forderte einen unbürokratischen und umfassenden Schutzschirm für Krankenhäuser, der auch Reha-Kliniken sowie psychiatrischen Krankenhäusern und Fachabteilungen Sicherheit bietet.

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Erstellt:
18. März 2020, 16:03 Uhr

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