Knöllchen auf Backnanger Supermarktparkplätzen

Wer auf Parkplätzen von Discountern, Ärzten oder Fitnessstudios widerrechtlich parkt, erhält immer öfter eine Zahlungsaufforderung. Private Unternehmen dürfen die Parkplätze überwachen und Falschparker zur Kasse bitten. Die Parkregeln müssen aber deutlich ausgeschildert sein.

Lidl setzt beim Markt in der Gartenstraße seit vier Monaten auf ein kamerabasiertes System zum Erfassen der Parkzeit. Fotos: Alexander Becher

© Alexander Becher

Lidl setzt beim Markt in der Gartenstraße seit vier Monaten auf ein kamerabasiertes System zum Erfassen der Parkzeit. Fotos: Alexander Becher

Von Florian Muhl

Backnang. Immer wieder melden sich Autofahrerinnen und Autofahrer verärgert in der Redaktion. Nur mal kurz zum Einkaufen... und schon müssen sie blechen. Entweder klemmt ein Strafzettel hinter dem Scheibenwischer oder es flattert Wochen später ein Strafzettel ins Haus. „Wir wollten an einem Wochenende im Februar mit unserem Enkele zum Spielplatz bei der Feuerwehr. Da lag der Lidl-Parkplatz geschickt zum Parken“, berichtet etwa ein BKZ-Leser. Wochen später wird er von einer Zahlungsaufforderung überrascht. 35 Euro sollte er überweisen.

Auch Oxana Steinfeld kennt die Beschwerden verärgerter Autofahrer. Sie ist seit drei Monaten Marktleiterin des Drogeriemarkts Rossmann in der Sulzbacher Straße 10 in Backnang, arbeitet dort aber schon seit zehn Jahren. Vor der Filiale darf man maximal 30 Minuten mit Parkscheibe parken, aber „nur für Kunden während des Einkaufs“, so steht es auf mehreren Schildern. Bei Überschreiten der Parkzeit um mehr als 15 Minuten oder wenn man die Parkscheibe vergessen hat, droht ein Nutzungsentgelt in Höhe von 30 Euro.

Und was meinen die Leute dazu? „Diejenigen, die bei uns einkaufen, finden das gut, aber diejenigen, die in die Stadt laufen und einen Strafzettel bekommen, sind verärgert, kommen zu uns herein und beschweren sich“, sagt Oxana Steinfeld. Aber sie als Marktleiterin könne nichts machen, denn Rossmann hat mit der Parkfläche nichts zu tun. Der Vermieter der Räumlichkeiten habe die Verwaltung des Parkplatzes vergeben. An wen, auch das steht auf den Schildern mit den Nutzungsbedingungen. Es ist die Parkinnovation GmbH in Würzburg, die über den Parkplatz wacht. Und das schon seit vier oder fünf Jahren, wie sich Oxana Steinfeld erinnert. „Ganz am Anfang kamen die Leute mehrmals täglich und beschwerten sich, inzwischen aber hat sich das ein wenig gelegt.“

Auf Schildern wird darauf hingewiesen, wie lange das Parken kostenlos ist

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Auch Lidl arbeitet an verschiedenen Standorten mit unterschiedlichen externen Dienstleistern zusammen. Der Grund: „Uns ist es wichtig, unseren Kunden während der gesamten Öffnungszeit einen schnellen und bequemen Einkauf sowie ausreichend Parkmöglichkeiten zu bieten“, sagt Valerie Heck von der Lidl-Pressestelle. Und weiter: „Leider werden unsere Parkplätze immer wieder durch Fremdparker blockiert und sind dadurch nicht ausreichend für unsere Kunden verfügbar. Zu diesem Zweck halten wir entsprechend gekennzeichnete Parkplätze für eben diese frei.“ Jeweils auf gut sichtbar angebrachten Schildern werde stets darauf hingewiesen, wie lange das Parken für Kunden kostenlos ist.

Lidl arbeit dabei mit verschiedenen Systemen. An wenigen Standorten müssen Kunden noch eine Parkscheibe auslegen. Teilweise sind auch Sensoren im Boden angebracht, wie in der Backnanger Filiale in der Gartenstraße 62 bis zum vergangenen Jahr. Doch seit November setzt Lidl dort auf die neue Kameratechnik. „Das kamerabasierte System erfasst die Kennzeichen der auf den Filialparkplatz einfahrenden Fahrzeuge und versieht diese mit einem Zeitstempel“, sagt Valerie Heck. Beim Verlassen des Parkplatzes werde erneut das Kennzeichen gescannt und die Uhrzeit dokumentiert. Aus der Differenz der beiden Zeiten ergebe sich die genaue Parkdauer. „Der Rest des Fahrzeugs, die Insassen oder die Umgebung mit öffentlichem Straßenverkehr und Fußwegen werden dabei soweit technisch möglich von der Kamera nicht erfasst“, verspricht die Lidl-Sprecherin. Und: „Lidl erhält im Rahmen der Parkraumbewirtschaftung keinerlei personenbezogene Daten, die von den Kameras erfasst werden.“ Sollten Kunden, die länger einkaufen, eine Vertragsstrafe erhalten, könne diese mit Vorlage des Kassenzettels beim Parkraumbewirtschafter oder beim Lidl-Kundenservice überprüft werden. Die Bearbeitungspauschale des externen Dienstleisters könne bis zu 35 Euro betragen und sei dem öffentlichen Verkehr angepasst. Lidl profitiere nicht vom Verwarnungsgeld.

Die Kamera erfasst die Kennzeichen der einfahrenden und ausfahrenden Autos und versieht diese mit einem Zeitstempel.

© Alexander Becher

Die Kamera erfasst die Kennzeichen der einfahrenden und ausfahrenden Autos und versieht diese mit einem Zeitstempel.

Regina Groß, PR-Managerin bei Mobility Hub Parkservice, zählt die Vorteile der kamerabasierten Erfassung der Kennzeichen auf: „Die Kunden fahren, ohne vor einer Schranke anzuhalten, auf und von der Parkfläche am Lidl in Backnang. Sie benötigen kein Parkticket und keine Parkscheibe. Die Parkdauer wird stattdessen mit einem zur Europäischen Datenschutz-Grundverordnung konformen Kennzeichenscan an Ein- und Ausfahrt ermittelt.“ Nur im Fall eines Parkverstoßes, etwa dem Parken über die Höchstparkdauer hinaus, erfolge eine Nachverfolgung. Durch die digitale Lösung entfalle zudem der Personalaufwand und es gebe keine Papierknöllchen auf der Fläche. Es müssten auch keine Parkscheiben kontrolliert, keine Zettel verteilt und nachts keine Schranken geschlossen werden.

Wichtig für Kunden zu wissen: „Die Parkfläche ist rund um die Uhr geöffnet. Auf der Parkfläche gilt 24/7 eine Höchstparkdauer von 90 Minuten, also auch außerhalb der Geschäftszeiten des Lidl-Marktes“, sagt Regina Groß. Hintergrund dafür sei, dass auch vor den Geschäftszeiten des Marktes die Parkplätze frei gehalten werden, insbesondere für die Anlieferung der Waren und gegebenenfalls das Rangieren der Lkw.

Das sagt die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg zum Thema

Privatbesitz Das Grundstück des Parkplatzes ist im Privatbesitz. Insofern können Supermärkte oder Eigentümer ihre Parkplätze im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben kostenpflichtig oder kostenfrei anbieten. Die Nutzungsbedingungen für den Supermarktparkplatz können sie dabei selbst aufstellen.

Abschreckung Da es sich um private und nicht öffentliche Parkplätze handelt, werden Parkverstöße von privaten Parkraumbewirtschaftern durchgesetzt. Dies soll Fremdparker abschrecken und Parkplätze für eigene Kunden frei halten.

Regeln Entscheidend für die Vertragsstrafe ist, dass die Nutzungsbedingungen den Parkenden bekannt sind und damit auch wissentlich akzeptiert werden konnten. Was nicht ausreicht:

besonders kleine Schrift auf Hinweisschildern bei der Einfahrt

versteckte Schilder am Rand der Supermarktparkplätze

Hinweise zum Parken erst im Supermarkt

besonders lange und komplizierte Klauseln

Bußgeld Auf privaten Parkplätzen kann es teurer werden als im öffentlichen Parkraum. Jedoch muss die Strafe laut Verbraucherzentrale angemessen bleiben.

Abschleppen Wenn es auf den Hinweisschildern ausdrücklich angekündigt wird, sind auch Parkkrallen und das Abschleppen auf Supermarktparkplätzen erlaubt.

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Erstellt:
21. März 2024, 06:00 Uhr

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