Koalition nennt Details zum neuen CO2-Preis

dpa Berlin. Nach langen Beratungen soll es beim Klimaschutz jetzt schnell gehen: Noch in diesem Jahr will die große Koalition viele Gesetze unter Dach und Fach bringen. Dazu gehört auch der CO2-Preis. Neue Details sorgen bei Kritikern für Kopfschütteln.

Mehr als 4000 Unternehmen sollen künftig ermitteln, wie viele Treibhausgase durch die von ihnen in einem Jahr in Verkehr gebrachten Brennstoffe entstanden sind. Foto: Horst Ossinger/dpa

Mehr als 4000 Unternehmen sollen künftig ermitteln, wie viele Treibhausgase durch die von ihnen in einem Jahr in Verkehr gebrachten Brennstoffe entstanden sind. Foto: Horst Ossinger/dpa

Die Bundesregierung macht Tempo bei der Umsetzung ihrer Klimaschutz-Pläne. Bereits an diesem Mittwoch könnte ein Gesetzentwurf zum neuen CO2-Preis vom Bundeskabinett verabschiedet werden.

Der Vorlage aus dem Umweltministerium zufolge sollen künftig mehr als 4000 Unternehmen, die Sprit, Heizöl oder Erdgas in Deutschland in den Verkehr bringen, Verschmutzungsrechte kaufen müssen. Ziel ist, klimaschädliche Heiz- und Kraftstoffe teurer zu machen. Andere Regelungen könnten noch Ende dieser Woche erstmals im Bundestag besprochen werden, wie aus einem Zeitplan der Koalition hervorgeht. Die Opposition kritisierte die Pläne.

Voraussichtlich 4045 Unternehmen sollen dem Entwurf zufolge künftig ermitteln, wie viele Treibhausgase durch die von ihnen in einem Jahr in Verkehr gebrachten Brennstoffe entstanden sind, und dies bis 31. Juli des folgenden Jahres mitteilen. Bis 31. August müssten die Unternehmen demnach dann entsprechende Zertifikate vorlegen.

2021 kostet sie das 10 Euro pro Tonne, der Preis steigt bis 2025 auf 35 Euro. Ab 2026 sollen ein Stück weit Angebot und Nachfrage den Preis bestimmen, aber zunächst mit einer Obergrenze bei 60 Euro. 25 Euro pro Tonne würde zum Beispiel bedeuten, dass Diesel und Heizöl um etwa 11 Cent pro Liter teurer würden, Benzin um nicht ganz zehn Cent.

Auf den Emissionshandel hatten sich die Koalitionspartner Union und SPD nach langem Streit in ihrem Klimapaket geeinigt. Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) wollte den Ausstoß von Treibhausgasen lieber über eine Erhöhung der Energiesteuern verteuern, da sie das für schneller umsetzbar und weniger bürokratisch hielt. Die Bundesregierung rechnet dem Entwurf zufolge mit Kosten für die Wirtschaft von 31 Millionen Euro pro Jahr vor allem für Bürokratie.

Viele Details bleiben offen. Einzelheiten zum Verkauf der Zertifikate etwa soll die Bundesregierung laut Entwurf per Verordnung regeln dürfen. Sollte eine „unzumutbare Härte“ für ein Unternehmen entstehen, sieht der Entwurf eine finanzielle Kompensation vor - Einzelheiten dazu lässt er noch offen.

Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer sagte der Deutschen Presse-Agentur, es werde ein „neues Bürokratiemonster“ geschaffen, das rechtlich auf wackeligen Füßen stehe. Details würden durch die noch nicht vorliegenden geplanten Rechtsverordnungen in die Zukunft verlagert.

Auf EU-Ebene gibt es bereits einen Emissionshandel für den Energiesektor und Teile der Industrie, der aber etwas anders funktioniert. Dort gibt es keine Fest- oder Höchstpreise, sondern Angebot und Nachfrage bestimmen den Preis der Zertifikate. Da ihre Zahl begrenzt ist, deckelt dieser Handel den CO2-Ausstoß in diesen Bereichen. Im neuen nationalen Handel muss Deutschland dagegen zusätzliche Verschmutzungsrechte bei anderen Ländern einkaufen, wenn zu viele Unternehmen den Fest- oder Höchstpreis bieten.

Der klimapolitische Sprecher der FDP im Bundestag, Lukas Köhler, sagte der dpa: „Ohne striktes CO2-Limit ist der angebliche Emissionshandel ein dreister Etikettenschwindel.“ Durch den Fixpreis sei es „in Wahrheit eine CO2-Steuer“. Union und SPD müssten stattdessen den EU-Emissionshandel auf Verkehr und Heizen ausweiten.

Schulze warb dafür, nach der heftigen Kritik an den Klima-Beschlüssen nun an einer wirksamen Ausgestaltung zu arbeiten. „Dieses ganze Klimaschutzprogramm ist nur so gut wie die Umsetzung“, sagte sie bei einer Sondersitzung des Aktionsbündnisses Klimaschutz. In dem Bündnis sind unter anderem Wirtschaft, Länder, Kommunen, Wissenschaft, Landwirtschaft und der Finanzsektor vertreten. Sie habe die Kritik wahrgenommen, sagte Schulze. Nun wolle sie darüber sprechen, was man tun könne, damit die Maßnahmen „möglichst gut funktionieren“.

Um das Klimapaket umzusetzen, sind zahlreiche Gesetze notwendig. Die Koalitionsspitzen hatten am Sonntag beschlossen, dass Klimagesetze, die bereits im Kabinett beraten wurden oder an diesem Mittwoch dort beschlossen werden, bis Ende des Jahres in Kraft treten sollen. Neben dem CO2-Preis gehören dazu etwa die Erhöhung der Steuer auf Flugtickets und die Absenkung der Steuer auf Bahn-Fahrkarten. Den Gesetzentwurf zum Kohleausstieg will Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) im November vorlegen, wie eine Sprecherin bekräftigte.

Eine Tonne CO2 soll ab 2021 10 Euro kosten; der Preis soll dann bis 2025 auf 35 Euro steigen. Foto: Uwe Anspach/dpa

Eine Tonne CO2 soll ab 2021 10 Euro kosten; der Preis soll dann bis 2025 auf 35 Euro steigen. Foto: Uwe Anspach/dpa

Umweltministerin Svenja Schulze hätte den Ausstoß von Treibhausgasen lieber über eine Erhöhung der Energiesteuern verteuert. Foto: Wolfgang Kumm/dpa

Umweltministerin Svenja Schulze hätte den Ausstoß von Treibhausgasen lieber über eine Erhöhung der Energiesteuern verteuert. Foto: Wolfgang Kumm/dpa

Die Mehrwertsteuer auf Zugfahrkarten soll vermindert werden, um Bahnfahren attraktiver zu machen. Foto: Sven Hoppe/dpa

Die Mehrwertsteuer auf Zugfahrkarten soll vermindert werden, um Bahnfahren attraktiver zu machen. Foto: Sven Hoppe/dpa

Voraussichtlich noch bis Ende des Jahres soll die Steuer auf Flugtickets erhöht werden. Foto: Frank Rumpenhorst/dpa

Voraussichtlich noch bis Ende des Jahres soll die Steuer auf Flugtickets erhöht werden. Foto: Frank Rumpenhorst/dpa

Die FDP verlangt, dass die große Koalition den EU-Emissionshandel auf Verkehr und Heizen ausweitet. Foto: Federico Gambarini/dpa

Die FDP verlangt, dass die große Koalition den EU-Emissionshandel auf Verkehr und Heizen ausweitet. Foto: Federico Gambarini/dpa

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Erstellt:
21. Oktober 2019, 16:55 Uhr

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