Kommentar: Eine Frage der Rechtsstaatlichkeit
Kommentar: Eine Frage der Rechtsstaatlichkeit
Von Rebekka Wiese
Berlin - Er will weitermachen. Das hat Bundesinnenminister Alexander Dobrindt nach der brisanten Entscheidung des Berliner Verwaltungsgerichts erklärt. Im Eilverfahren stellten die Richter fest, dass die Zurückweisung von drei Asylsuchenden an der deutschen Grenze rechtswidrig war. Deren Anträge hätten zuvor geprüft werden müssen, wie es die europäische Dublin-Verordnung vorsieht.
Obwohl das Gericht in seiner Entscheidung sehr klar ist, will Dobrindt an seinem Vorgehen festhalten und die Sache in einem späteren Verfahren klären lassen. Dass eine Regierung sich auf diese Art über eine Gerichtsentscheidung hinwegsetzt, ist besorgniserregend. Dobrindt setzt womöglich mehr aufs Spiel, als ihm bewusst ist.
Dobrindt rechtfertigt sein Vorgehen zum einen damit, dass es sich nur um einen Einzelfall handele. Doch was das Gericht festgestellt hat, ist grundsätzlicherer Natur. Zum anderen behauptet der Minister, dass das Gericht sein Vorgehen nur für nicht ausreichend begründet gehalten habe, nicht aber für falsch. Das ist Augenwischerei. Dobrindt dürfte sich nur dann mithilfe einer Ausnahmeklausel über das europäische Recht hinwegsetzen, wenn er zuvor begründet hätte, wieso Sicherheit und Ordnung in Deutschland gefährdet sind. Er hätte erst prüfen, dann handeln müssen, nicht umgekehrt. So aber bricht Deutschland europäisches Recht – und nun geht es um das Vertrauen in die Rechtstreue der deutschen Regierung.